Proteste gegen Rechts: Polizei wagt mehr Demonstrationsfreiheit
Die Berliner Polizei-Behörde beugt sich einem Gerichtsurteil: Bei Protesten gegen Rechtsextreme soll es künftig weniger strenge Auflagen geben.
Die amtierende Polizeipräsidentin will Demonstrationen gegen Rechtsextremisten künftig erleichtern. Dies kündigte Margarete Koppers am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses an. „Jede Demonstration mit Links-Rechts-Bezug läuft künftig über meinen Schreibtisch“, sagte die Polizeivizepräsidentin. Hintergrund ist der Streit um eine linke Demo in Schöneweide am Freitag. Erst eine Stunde vor Beginn dieser Protestveranstaltung hatte das Verwaltungsgericht die Auflagen der polizeilichen Versammlungsbehörde gekippt. Die Richter erlaubten, dass die Demonstranten durch die Brückenstraße laufen dürfen, in der die umstrittene Neonazikneipe „Henker“ und ein Militarialaden liegen. Die zum Landeskriminalamt gehörende Versammlungsbehörde hatte den Zug durch die Brückenstraße aus Rücksicht auf den dort wohnenden NPD-Landesvorsitzenden Sebastian Schmidtke untersagt. In der linken Szene ist Schmidtkes Privatadresse gut bekannt. Gegen das Verbot hatten die Veranstalter der Demo geklagt.
Diese Auflage hätte sie nicht erteilt, sagte Koppers am Montag, deswegen werde sie sich künftig die Entscheidungen über wichtige Demonstrationen vorlegen lassen. Udo Wolf von der Linkspartei lobte diese Ankündigung. Wolf hatte im Innenausschuss die Frage gestellt, ob die Polizei ihre bisherige Haltung nicht ändern wolle. Koppers hatte schlicht mit „Ja“ geantwortet. Wolf sagte, dass die strengen Auflagen für linke Proteste das bürgerliche Publikum abschrecken würden. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Streit um die Genehmigung linker Demos vor allem in Treptow-Köpenick und Lichtenberg gegeben, wo Rechtsextremisten besonders aktiv sind. Gegen jeden rechten Aufmarsch hatten linke Gruppen, aber auch SPD und Linkspartei Demonstrationen angemeldet. Diese mussten aber teilweise in größerer Entfernung stattfinden, da die Polizei Auseinandersetzungen beider Lager vermeiden wollte. So hatte die Linkspartei 2008 massiv die Polizei kritisiert, nachdem diese eine Versammlung gegen einen Neonaziaufmarsch verboten hatte. Aus Protest gegen diese Behinderung hatte sich die damalige Bürgermeisterin von Lichtenberg den Neonazis entgegengestellt und war daraufhin von der Polizei abgeführt worden.
Auch die Grünen hatten die Auflage der Polizei seinerzeit scharf kritisiert. „Es kann nicht sein, dass das Persönlichkeitsrecht eines stadtbekannten Neonazis mehr wiegt als das Demonstrationsrecht von Tausenden“, sagte der grüne Rechtsexperte Dirk Behrendt am Montag. Dem Vernehmen nach hatte sich Schmidtke an die Polizei gewandt und ein Verbot der linken Demo gefordert. Schmidtke, dem auch der Militarialaden Hexogen gehört, hatte schon in der Vergangenheit mehrmals Schutz seiner Veranstaltungen gefordert.
Ihre restriktive Auskunftspolitik im Vorfeld rechter Demos will die Polizei allerdings nicht verändern. Wenn es Hinweise auf Störungen gebe, werde auch künftig der Kundgebungsort geheim gehalten, hieß es gestern. Der frühere Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte zwar angekündigt, dass die Polizei 24 Stunden vorher immer Auskunft geben müsse. Später hatte er eingeschränkt, dass dies in Einzelfällen, zum Beispiel bei Blockadeaufrufen nicht gilt. Sein Amtsnachfolger Frank Henkel (CDU) sagte gestern, er wolle diese Linie beibehalten.
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