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Polizisten stehen Mitte Januar vor dem Haus in der Rigaer Straße 94. Heute beschäftigt sich der Innenausschuss mit dem Polizeieinsatz.
© Jörg Carstensen/dpa
Update

Polizeieinsatz in Berlin-Friedrichshain: Frank Henkel: "Rigaer Straße nicht mein Vietnam"

Innensenator Henkel verteidigt den umstrittenen Polizeieinsatz mit 500 Beamten in dem linken Szeneobjekt Rigaer Straße 94 - man habe mit allem rechnen müssen. Die Polizei sagt, sie habe einige Wohnungen nur betreten, um einen Scheinwerfer im Hof auszuschalten.

Bei einem Polizei-Großeinsatz am Abend des 13. Januar hatte die Berliner Polizei mit 550 Beamten die Rigaer Straße 94 durchsucht. Am Mittag des Tages war auf der Kreuzung Liebigstraße / Rigaer Straße ein Streifenpolizist angegriffen worden, der gerade einem falsch geparkten BMW ein Knöllchen schreiben wollte. Die vier Angreifer waren anschließend in das linke Szeneobjekt geflüchtet.

Bei der "Begehung" des Hauses, die ohne Durchsuchungsbeschluss erfolgte, wurden laut Polizei große Mengen "gefährliche Gegenstände" sicher gestellt, darunter Pflastersteine, Stahlstangen, Feuerlöscher, Gasflaschen und sogenannte "Krähenfüße", also krumme Nägel, die geeignet sind, Autoreifen zu beschädigen.

Nun bekommt das ganze ein politisches Nachspiel: Der Innenausschuss befasst sich am Montagvormittag mit dem Einsatz. Die öffentliche Sitzung begann um 10 Uhr im Abgeordnetenhaus.

Das Interesse an der Sitzung war so groß, dass zahlreiche Besucher nicht hereingelassen wurden. Allerdings war das Thema erst Tagesordnungspunkt 4 - zuvor stand unter anderem noch eine Verfassungsänderung zum Wahlrecht auf dem Programm. Auf Twitter lief die Diskussion aber schon munter:

Henkel: Verhindern, dass Rigaer Straße zur No-Go-Area für Polizisten wird

Christopher Lauer, Mitglied der Piratenfraktion, fragte erneut nach der Rechtsgrundlage für den Einsatz. Die Polizei habe einen Vertrauensverlust erlebt. Schon vergangene Woche hatte er in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel geschrieben: "Der Einsatz in der Rigaer Straße war maßlos, seine Rechtsgrundlage zweifelhaft." Wie berichtet, hatte die Polizei den Einsatz als "Gefahrenabwehr" nach dem Berliner Ordnungsgesetz Asog begründet. Nach Lauers Einschätzung war das nicht rechtmäßig, da zwischen Angriff auf den Beamten und der "Begehung" fast neun Stunden lagen. Sämtliche Oppositionsparteien hatten den Einsatz scharf kritisiert.

Innensenator Frank Henkel antwortete, man müsse verhindern, dass die Rigaer Straße zur No-Go-Area für Polizisten wird. Daher sei der Einsatz verhältnismäßig gewesen. Die Rigaer Straße sei auch nicht sein Vietnam, sagte er mit Bezug auf einen Tweet von Lauer.

Zu den gefundenen Gegenständen sagte er: "Auf meinem Dach liegen keine Krähenfüße und Pflastersteine". Polizeipräsident Klaus Kandt kündigte an, auch in Zukunft Häuser begehen zu lassen um Pflastersteine sicher zu stellen.

Dass die Beamten nicht, wie nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (Asog) eigentlich vorgesehen, nur die öffentlich zugänglichen Gebäudeteile, sondern auch Wohnungen betraten, rechtfertigte die Polizei: Es sei darum gegangen, einen Scheinwerfer im Hof auszuschalten, der die Beamten blendete.

Scharfer Wortwechsel bereits im Plenum

Der Einsatz hatte bereits einen heftigen Schlagabtausch im Plenum des Abgeordnetenhauses in der vorvergangenen Woche zur Folge. Innensenator Frank Henkel hatte von einer "feigen Attacke" einen "wehrlosen" Polizisten gesprochen und dass der Einsatz zu "100 Prozent" richtig gewesen sei. Der CDU-Senator sagte weiter: "Solche Eskalationen der linksextremistischen Szene erfordern eine solche Antwort. Ich dulde keine rechtsfreien Räume in unserer Stadt. Ich dulde auch keine Rückzugsräume für linksextremistische Gewalttäter oder für Gewalttäter überhaupt." Als der CDU-Abgeordnete Robbin Juhnke die Oppositionsparteien Grüne und Linke als "Steinewerferversteher" bezeichnete, brach ein Proteststurm los.

Lesen Sie auch: "Die Politik hat keinen Plan für die Rigaer Straße" - ein Besuch.

Jörn Hasselmann, Bodo Straub

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