Berliner Polizeipräsident: Casting für eine heikle Personalie
Die beiden Bewerber für das Amt des Polizeipräsidenten traten am Dienstag vor die Auswahlkommission. Kritiker sagen, das Gremium sei zugunsten des vom Innensenator favorisierten Udo Hansen besetzt.
Die umstrittene Personalie könnte zu einem neuerlichen Stolperstein für SPD und Grüne werden: Am Dienstagnachmittag stellten sich die beiden Kandidaten für das Amt des Polizeipräsidenten den Fragen einer „Auswahlkommission“. Der von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) eindeutig favorisierte frühere Bundesgrenzschützer Udo Hansen trat um 15 Uhr zum Termin an, der Berliner Polizeidirektor Klaus Keese war für 17 Uhr einbestellt. Mit den jeweils 90-minütigen Gesprächen soll nun der Nachfolger des Ende Mai ausgeschiedenen Polizeipräsidenten Dieter Glietsch bestimmt werden. Wann der Innensenator das Ergebnis bekannt geben wird und damit ein seit Monaten andauerndes Hin-und Her beenden wird, ist offen.
Die Besetzung der Auswahlkommission stößt bei hochrangigen Beamten im Präsidium und bei der Opposition auf deutliche Kritik: „Diese Kommission ist so zusammengesetzt, um Hansen durchzusetzen“, hieß es. Obwohl Körting vor Monaten zugesichert hatte, dass die Kommission möglichst „neutral“ besetzt werden solle, ist unter den vier Personen nun ausgerechnet Körtings Staatssekretär Ulrich Freise, kritisierte der Polizeiexperte der CDU, Peter Trapp. Zudem sitzt dort ein ehemaliger Grenzschützer, der spätere BKA-Präsident Ulrich Kersten. Dem Vernehmen nach sollen sich Kersten und Hansen gut kennen. Geleitet wird die Kommission von Heidrun Thorke von der Deutschen Gesellschaft für Personalwesen (DGP). Die DGP arbeitet seit längerem für die Innenverwaltung. Kritiker geben zu bedenken, dass diese Gesellschaft auch weiterhin Aufträge von der Innenbehörde erhalten möchte und deshalb kaum gegen Körtings Wunschkandidaten stimmen dürfte. Zweite Frau in der eigens für diese Personalentscheidung zusammengestellten Kommission ist die Bremer Innenstaatssekretärin Karen Buse (ebenfalls SPD). Buse war bis zu ihrem Wechsel nach Bremen in Berlin Präsidentin des Amtsgerichts Charlottenburg.
Die Stelle des Polizeipräsidenten ist seit dem Ausscheiden von Dieter Glietsch in den Ruhestand Ende Mai unbesetzt. Seit Anfang Juni leitet Vizepräsidentin Margarete Koppers kommissarisch Deutschlands größte Polizeibehörde. Bekanntlich hatte Körting im Juni die Personalie nach Aktenlage zugunsten Hansens entschieden. Auf ein Gespräch mit den beiden verbliebenen Kandidaten hatte Körting verzichtet. Dagegen war Klaus Keese, Leiter der für Reinickendorf und Pankow zuständigen Polizeidirektion, vor Gericht gezogen. Nach zwei Niederlagen vor Gericht hatte Körting Ende Juli die Notbremse gezogen und das Bewerbungsverfahren einer „Auswahlkommission“ übertragen. Denn das Gericht hatte Verstöße gegen das gesetzlich vorgeschriebene Auswahlverfahren mit „Interviews“ der Bewerber gerügt. Keese hatte schon Ende April angekündigt, auf jeden Fall klagen zu wollen. Eine Neuausschreibung der Stelle, wie sie von den damaligen Oppositionsparteien CDU, Grüne und FDP gefordert worden war, hatte Körting kategorisch abgelehnt. Die Ausschreibung war im Dezember 2010 gestartet worden.
Das SPD-Mitglied Hansen war früher Präsident des Bundesgrenzschutzpräsidiums Ost gewesen. 2008 hatte Hansen sich nach Differenzen mit dem CDU-geführten Bundesinnenministerium krankschreiben lassen. Anschließend war er als Sicherheitsberater für den EADS-Konzern in Saudi-Arabien tätig. Grüne und Linkspartei hatten Hansen wegen dieser Aufgabe kritisiert. In der Berliner CDU hält man Hansen wegen seiner langen Abwesenheit vom Polizeidienst als Präsident für „nicht vermittelbar“ unter Berlins Polizisten. Wie berichtet, ist Hansen nur für Verwaltungstätigkeiten in diesem Jahr wieder gesundgeschrieben worden.
Experten verwiesen gestern darauf, dass ein eventuell von den Grünen gestellter Innensenator die Möglichkeit nutzen könnte, Hansen schnell wieder in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen – es könnte also der nächste Konfliktpunkt innerhalb einer rot-grünen Koalition drohen.
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