Berlin-Mitte: Blockade: Identitäre lösen Demo auf
Mehrere hundert Mitglieder der "Identitären Bewegung" zogen am Samstag durch Mitte - begleitet von 1400 Gegendemonstranten. Eine Blockade hinderte die Identitären am Weiterziehen.
Der Ort, er war nicht zufällig gewählt. Gesundbrunnen, einer der Berliner Ortsteile mit dem größten Migrantenanteil. Als die nationalistische "Identitäre Bewegung" hier am frühen Samstagnachmittag aufmarschierte, mit gelb-schwarzen Fahnen ausgerüstet, bekamen auch zahlreiche Berliner mit ausländischen Wurzeln die fremdenfeindlichen Parolen zu hören. Aus ihren Wohnung brüllten sie zurück: "Berlin ist auch unsere Stadt!"
Mehrere hundert Demonstranten der Identitären hatten sich um 14 Uhr am Berliner S-Bahnhof Gesundbrunnen versammelt - der größte Aufmarsch der Identitären in Deutschland bislang. Männer mit Undercuts, Sonnenbrillen und Poloshirts waren zu sehen, auch Frauen in Identitären-Shirts. Schon bevor sich der Zug in Bewegung setzte, skandierten sie lautstark für "Heimat, Freiheit, Tradition" und gegen "Multikulti". "Grenzen dicht" - das war ihre Botschaft. Gefragt, warum er hier sei, sagt ein 31-Jähriger aus Hessen: "Wir müssen unser Land verteidigen. Man darf in Deutschland nicht mehr frei sprechen."
Schon in der Brunnenstraße wurden die Identitären jedoch mit einer Sitzblockade am Weiterkommen gehindert, so dass sie nach gut drei Stunden die Demonstration für beendet erklärten. Sie liefen zum Ausgangspunkt am Bahnhof Gesundbrunnen zurück, wo sich die Menschenmenge dann auflöste, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Im Verlauf der Demo und Gegendemonstrationen gab es mehrere Festnahmen.
Maas: "Die Identitären sind keine Bewegung"
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte den Aufmarsch am 64. Jahrestag des Arbeiteraufstands in der DDR scharf verurteilt. "Die Identitären sind keine ,Bewegung‘, sie sind eine extrem radikale und rassistische Minderheit", sagte der SPD-Politiker. Von einem solchen Aufmarsch sollten sich die Bürger das Gedenken an die mutigen Freiheitskämpfer nicht nehmen lassen. Am 17. Juni 1953 seien die Menschen in der DDR gegen echte gesellschaftliche Missstände auf die Straße gegangen. "Den Mut zur Freiheit der Menschen von damals können wir gar nicht genug ehren." Heute gelte es, die gesellschaftliche Vielfalt und Offenheit friedlich zu verteidigen.
Auch Aaron Bruckmeier, der Sprecher des "Berliner Bündnis gegen Rechts", sagte: "Berlin ist eine bunte Stadt, man muss sich den Rechten in den Weg stellen." Die geplante Route der Identitären führte vom Bahnhof Gesundbrunnen über die Brunnen- und Invalidenstraßen bis zum Hauptbahnhof. Entlang der Strecke gab es mehrere Gegenproteste von bürgerlichen und linken Gruppen. 1400 Gegner der IB waren auf den Straßen unterwegs. Die größte Gegendemo mit 1000 Teilnehmern startete bereits vormittags am Leopoldplatz.
1000 Polizisten im Einsatz
Als sich die Identitären dann um 14 Uhr am S-Bahnhof Gesundbrunnen versammelt hatten, schallten aus dem Humboldthain bereits "Nazis raus"-Rufe. Auch in der City West, am Alexanderplatz und am Brandenburger Tor sollte gegen die Rechten demonstriert werden. Etwa 1000 Polizeibeamte waren in der Stadt im Einsatz.
Entgegen der Befürchtungen verlief der Aufmarsch weitgehend friedlich. Vom Demo-Wagen herab verbreiteten bekannte Figuren der Identitären ihre Botschaften - darunter der Architekturstudent Robert Timm, der die Demo angemeldet hatte, und der Wiener Student Martin Sellner, der Popstar der Identitären, der in der rechten Szene in Deutschland gut vernetzt ist. Auch Pegida-Gründer Lutz Bachmann beteiligt sich an dem Aufmarsch.
Zuletzt hatten die Identitären mit der Besetzung des Brandenburger Tors und der versuchten Stürmung des Justizministeriums Aufsehen verursacht. Eine weitere Provokation durch die Identitären gab es am Freitag in Alt-Mariendorf. Am gleichnamigen U-Bahnhof, wo eine Moschee gebaut werden soll, brachten sie ein Banner mit dem Schriftzug „Islamisierung? Nicht mit uns!“ an.
Lesen Sie hier eine ausführliche Analyse über die Methoden der Identitären.