Pannen-Flughafen: Politiker raus aus dem BER-Aufsichtsrat?
Können Spitzenpolitiker den Bau eines Flughafens beaufsichtigen? Eher nicht, meint Brandenburgs Landesrechnungshof - und fordert mehr externe Experten für den BER. Ministerpräsident Dietmar Woidke will den Vorschlag prüfen.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) schließt eine grundlegende Reform des BER-Flughafen-Aufsichtsrates nicht aus, die Brandenburgs Landesrechnungshof fordert. Dem Tagesspiegel sagte Woidke am Mittwoch, "dass wir nach der Regierungsbildung in Potsdam in enger Abstimmung mit den Gesellschaftern in Berlin und im Bund die notwendigen Fragen in Bezug auf den Aufsichtsrat und die Gremien der Gesellschaft insgesamt klären". Dabei werde man "selbstverständlich auch die Hinweise des Landesrechnungshofes einbeziehen".
Es sei das "gute Recht" der Behörde, Position zu wichtigen Fragen der Landespolitik zu entwickeln und auch zu veröffentlichen.
Weiser: Regierungschefs und Ministern fehlt Zeit für Aufsichtsratssitz
Zu Details, zu einzelnen Forderungen äußerte sich Woidke, der am 5. November vom Landtag erneut zum Ministerpräsidenten gewählt werden soll, nicht. Zuvor hatte Rechnungshofpräsident Christoph Weiser im Tagesspiegel-Interview gefordert, den Flughafenaufsichtsrat "neu aufzustellen". Konkret empfiehlt der Hof einen Rückzug von Politikern aus dem Flughafen-Aufsichtsrat, mehr externe Experten und eine angemessene Vergütung der Mitglieder - begründet mit Erkenntnissen aus einer aktuellen BER-Prüfung durch seine Behörde.
In einem Schreiben an Woidke und Finanzminister Görke (Linke) hatte Weiser empfohlen, im Zuge der aktuellen Regierungsbildung vom Rechnungshof festgestellte Defizite und Missstände bei der Steuerung und Kontrolle des BER durch Brandenburgs Regierung abzustellen. Zugleich stützt er Woidkes bisherige Linie, nicht in den Aufsichtsrat zu gehen. Regierungschefs und Minister, so sein Argument, hätten gar nicht die Zeit, diese Aufgabe ordentlich zu erfüllen. Bisher sind Finanzminister Görke und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers Mitglied. Das von Weiser geforderte Profil, wie das Land im Aufsichtsrat vertreten sein soll, nämlich auf Staatssekretärs- und Abteilungsleiterebene, erfüllt Woidkes Stimme im Aufsichtsrat: Es ist Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider, der Vizevorsitzender des Gremiums ist.
Vogel fordert Neuanfang im Aufsichtsrat
Zurückhaltend äußerte sich Finanzminister Christian Görke: "Der neue Finanzminister wird den Bericht des Rechnungshofes ernst nehmen und sich daraus Schlussfolgerungen ableiten", sagte Görke dem Tagesspiegel. Es sei hilfreich, über Verbesserungen nachzudenken.
Im Landtag, der erneut einen BER-Sonderausschuss einsetzen will, belebt Weisers Vorstoß die Debatte um den Umgang mit dem größten Infrastrukturprojekt des Landes. SPD-Fraktionschef Klaus Ness wollte sich nicht äußern, die Opposition dafür umso mehr. Offen unterstützte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel die Forderung nach einer Professionalisierung des Aufsichtsrates. "Der Beginn der neuen Wahlperiode und der Rücktritt des BER-Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Wowereit muss für einen Neuanfang im Aufsichtsrat genutzt werden", sagte Vogel. An die Spitze gehöre ein Experte, der langjährige Erfahrung mit Großprojekten habe.
Angemessenes Gehalt für Aufsichtsratmitglieder "gut angelegtes Geld"
Woidke sei "in der Pflicht, einen Vorschlag zu machen." Auf keinen Fall dürfe der Vorsitz - nach dem Rücktritt Wowereits - wieder von einem Berufspolitiker übernommen werden. Vorsitzender und Stellvertreter müssten angemessen vergütet werden. "Angesichts der Milliarden, die aufgrund der laxen Kontrolle des BER-Aufsichtsrats in der Vergangenheit in den Sand gesetzt worden sind, wäre dies gut angelegtes Geld", betonte Vogel.
CDU-Chef Michael Schierack erinnerte daran, dass die Union sich schon lange für mehr Fachleute im Gremium eingesetzt hat. "Wir begrüßen und unterstützen, dass Herr Weiser sich jetzt mit der gleichen Empfehlung an den Ministerpräsidenten gewandt hat." Es sei wichtig, dass Herr Woidke den BER endlich zur Chefsache macht, geeignete Fachleute in den Aufsichtsrat entsendet und in der Gesellschafterversammlung persönlich die Interessen Brandenburgs vertrete.