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Bleibt Innensenator Körting im Amt?
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Koalitionsverhandlungen: Poker um das Innenressort

Stellt die CDU den Innensenator? Bleibt Körting? In der Frage, wer das Ressort bekommt, halten sich die Koalitionspartner in spe bedeckt.

„Polizeieinsätze sind nun mal nichts für Ästheten. Polizisten müssen sich wehren, die können sich doch nicht geduldig mit Steinen bewerfen lassen.“ Das hätte auch der amtierende Innensenator Ehrhart Körting sagen können. Aber der Spruch stammt von seinem SPD-Genossen und legendären Amtsvorgänger Kurt Neubauer. „Kutte“, wie ihn Freunde nannten, war auch zehn Jahre Innensenator. Er diente von 1967 bis 1977 dem Sozialdemokraten und Regierenden Bürgermeister Klaus Schütz. So wie sich Körting seit einem Jahrzehnt unter Klaus Wowereit um die innere Sicherheit kümmert. Beide SPD-Politiker stehen für eine alte, aber wenig bekannte Tradition, nach der das Innenressort im Senat in der Regel einem Sozialdemokraten zusteht.

Das änderte sich erst, als der Christdemokrat Richard von Weizsäcker 1981 Regierungschef wurde. Der liberale Politiker machte damals den Berliner CDU-Freunden ein Zugeständnis, indem er den rechtskonservativen Heinrich Lummer als Innensenator ins Kabinett holte. Als Weizsäcker 1984 nach Bonn ging, blieb es dabei: Die CDU als stärkste Regierungspartei legte großen Wert aufs Innenressort. Unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen wechselten sich Wilhelm Kewenig, Eckart Werthebach, Jörg Schönbohm und Dieter Heckelmann im Amt ab. Jeder pflegte den eigenen Stil als Hüter von Recht und Ordnung, wie es sich für einen Innenminister gehört, unabhängig von der Partei.

Und wer kommt jetzt, im neuen Senat, der spätestens Anfang Dezember gebildet wird? Der CDU-Landes- und Fraktionschef Frank Henkel? Oder bleibt Körting? Oder sucht sich Regierungschef Wowereit ein neues Gesicht? Noch gibt es auf diese Fragen keine brauchbare Antwort. Klar ist nur, dass sich auf alte Traditionen niemand berufen kann. Allerdings hört man von ganz verschiedener Seite, dass die Christdemokraten darauf bestehen werden, sollten oder gar müssten, den nächsten Innensenator zu stellen. Stillschweigend erwartet dies, so hört man, die CDU-Parteibasis. Viele Mitglieder würden es nicht verstehen, wenn die CDU-Führung ein wichtiges Kompetenzfeld der Union, mit dem auch im Wahlkampf gepunktet wurde, den Sozialdemokraten in den Koalitionsverhandlungen freiwillig hergebe.

Andererseits wird kolportiert, dass dem CDU-Chef Henkel das Wirtschaftsressort mehr am Herzen läge als die schwierige, politisch risikobeladene Innenverwaltung. Aber noch gibt es bei den Berliner Christdemokraten, die von der Chance auf eine Regierungsbeteiligung eiskalt erwischt wurden, noch keine festgezurrte Meinung, welche Senatsämter beansprucht und mit welchem Personal bestückt werden sollen.

Bei der SPD halten es aber maßgebliche Genossen für unwahrscheinlich, dass die CDU aufs Innenressort verzichtet. „Am Ende wird es die Union wollen müssen“, prognostiziert ein Parteilinker. „Das ist doch eine Frage christdemokratischer Glaubwürdigkeit“, sagt ein SPD-Rechter. Für die These, dass die CDU den künftigen Innensenator (namens Henkel) stellt, spricht auch das notwendige Gleichgewicht der Kräfte im Senat.

Denn wenn die SPD darauf beharrt, auch in der neuen Regierung für Finanzen und Stadtentwicklung zuständig zu sein, und dafür spricht viel, muss sie ein schwergewichtiges Amt hergeben. Und das könnte, neben Wissenschaft und Schule, das Innenressort sein. Sollten sich SPD und CDU am Schluss der Koalitionsgespräche doch anders besinnen, spräche aus sozialdemokratischer Sicht nichts dagegen, dass Körting noch eine halbe Legislaturperiode weitermacht. Trotz vereinzelter Fehler, so heißt es parteiintern, sei seine Gesamtleistung wirklich gut. „Körting ist Kult“ meint sogar ein Genosse.

Ulrich Zawatka-Gerlach

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