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Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden, hatte im November letzten Jahres gegen einen Mann Anzeige wegen Pöbelei gestellt - nun stellte die Staatsanwaltschaft fest, dass der Auseinandersetzung kein semitischer Hintergrund hatte.
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Exklusiv

Staatsanwaltschaft: Pöbelei gegen Zentralrats-Generalsekretär Kramer wohl nicht antisemitisch

Die Pöbelei gegenüber dem Zentralrats-Generalsekretär Kramer im vergangenen Herbst ist laut Staatsanwaltschaft wohl nicht antisemitischer Natur gewesen. Zwei Verfahren wurden nun eingestellt - und Kramer reagiert auf diese Entscheidung mit scharfen Worten.

Die Auseinandersetzung zwischen dem Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, und einem Mann, der ihn angepöbelt haben soll, hatte wohl keine antisemitischen Motive. Wie die Berliner Staatsanwaltschaft jetzt mitteilte, seien die Ermittlungsverfahren gegen die Beteiligten eingestellt worden. Ein antisemitischer Hintergrund des Vorfalls habe sich nicht konkretisieren lassen, sagte Sprecher Martin Steltner.
Kramer war nach eigenen Angaben im vergangenen Herbst in Berlin auf offener Straße angegangen worden, nachdem er mit seinen Kindern aus einer Synagoge gekommen war. Ein Mann habe ihn angepöbelt und beleidigt, sagte Kramer damals, daraufhin habe er ihm seine Waffe gezeigt, die er als „gefährdete Person“ tragen darf. Beide hatten sich daraufhin gegenseitig wegen Bedrohung angezeigt. Kramer sagte zudem, er habe erkennbar ein jüdisches Gebetsbuch bei sich getragen, das möglicherweise der Anlass für die Bedrohung gewesen sei.
Zwei Monate nach dem Geschehen stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Kramer ein. Bei seinem Kontrahenten dauerte es bis Mitte Januar. Es habe keine ausreichenden Hinweise auf eine strafbare Bedrohung gegeben, hieß es. Beleidigungen gegen Kramer würden nicht verfolgt, weil dieser keinen Strafantrag dafür gestellt habe.
Kramer sagte am Mittwoch, die Entscheidung der Staatsanwaltschaft sei „unverständlich“. Der Tathergang sei nicht nur ihm, sondern auch Passanten so bedrohlich erschienen, dass diese die Polizei gerufen hätten. Kramer lässt nun seinen Anwalt eine mögliche Beschwerde gegen die Einstellung prüfen, Er sagte, sein Vertrauen in die Justiz sei „in erheblichem Maße erschüttert“.

Der Vorfall hatte besonderes Aufsehen erregt, da erst vier Wochen zuvor Rabbiner Daniel Alter angegriffen und geschlagen worden war. Die Täter hatten ihn zuvor gefragt, ob er Jude sei. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und andere Politiker deuteten die Übergriffe als Zeichen bestehenden Antisemitismus und verurteilten sie scharf. Bischof Markus Dröge sagte, es sei „erschreckend, dass der Antisemitismus in Berlin nicht nur Geschichte, sondern auch Gegenwart ist“.

Jost Müller-Neuhof

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