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Streit unter Architekten: Die Pläne für die neue Bebauung des Berliner Alexanderplatzes sorgen für reichlich Kritik.
© dpa

Neugestaltung des Alexanderplatzes: Pläne für den Alex spalten Berliner Architektenschaft

Die Kritik des Stararchitekten Kollhoff spaltet die Architektenschaft in Berlin: Die einen bemängeln knappe Budgets, andere wollen nicht die von Kollhoff favorisierte historisierende Bebauung. Für Fußgänger könnten die Pläne aber noch ganz andere Probleme bringen.

Es ist der erste von zehn 150 Meter hohen Türmen, die Berlins neue Stadtkrone bilden sollen. Und der Neubau wird nicht wie sonst üblich als Hotel oder Bürohaus genutzt, sondern zum Wohnen. Freude über die Pläne am Alexanderplatz will bei vielen trotzdem nicht aufkommen. Vielmehr löst das Projekt vom weltweit tätigen US-Entwickler Hines eine Debatte über die mäßige Qualität der Berliner Architektur aus. Hines reloaded: denn der Immobilien-Multi hat bereits das benachbarte „Alexa“ entworfen – und dessen Anblick hatte vor Jahren den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit entsetzt.

Wie berichtet beschimpft Stararchitekt Hans Kollhoff die Neubauten am Alexanderplatz als „Billigheimer“. Vor allem aber die Veränderung der Bebauungspläne auf Betreiben des Entwicklers und die Verwässerung des von Kollhoff entwickelten und vom Senat beschlossenen Masterplans für den Alexanderplatz lässt Kollhoff um die Aufenthaltsqualität am Alexanderplatz fürchten.

Rainer Hascher, Architekt mit Lehrstuhl an der Technischen Universität, kann die Kritik verstehen. Er führt den Verlust an Baukultur auf die Veränderung des Bauherrn-Typus zurück. Hatten in früheren Jahrzehnten Unternehmer oder Konzerne Warenhäuser oder Zentralen noch für den eigenen Bedarf gebaut, strebten Entwickler wie Hines heute eine maximale Rendite durch den Bau und Verkauf eines „Projektes“ an und dazu seien minimale Baukosten die Voraussetzung. „Und weil die Städte Investitionen brauchen, sind sie erpressbar geworden“, sagt Hascher. Änderungen an Baugenehmigungen oder Masterpläne auf Betreiben von Entwicklern seien keine Seltenheit. Ist also Senatsbaudirektorin Regula Lüscher zu schwach und schuld an der Misere? Hascher winkt ab: „Sie macht eine gute Figur, jede Baustelle ist halt ein einziger Machtkampf.“

Allerdings nennt Matthias Sauerbruch, Architekt des GSW-Hochhauses, den Kampf um gute Architektur bei knappen Budgets „unser täglich Brot“. Da sei jeder Architekt gefragt – und keiner sollte sich wie Kollhoff schmollend zurückziehen aus Wettbewerben. Hinzu komme am Alexanderplatz, dass die Entwickler hohe Grundstückspreise bezahlt hätten. Die wirtschaftliche Logik zwinge sie viel und hoch zu bauen. „Das ist ein Dilemma, das Kollhoff durch die Dichte in seinem Masterplan selbst geschaffen hat“, sagt Sauerbruch. Man könne aber nicht Großstadt haben, ohne deren Nachteile in Kauf nehmen zu wollen.

Die Architekten Barkow-Leibinger haben den vor kurzem erst eröffneten Total- Tower entwickelt. Masterpläne, sagt Regine Leibinger, dürften kein allzu enges Korsett bilden – erst recht nicht, wenn der Plan wie am Alexanderplatz rund 20 Jahre alt ist. Während damals Büroflächen nachgefragt wurden, fehle es heute an Wohnungen. Auch sei die Zeit über die Bilder des klassischen Städtebaus aus den USA der 30 Jahre, das seinerzeit dem Masterplan für den Alexanderplatz prägte, hinweggegangen. Dass sich Entwickler Hines daran nicht halten wolle, sei verständlich.  

Wolfgang Schuster, Vorstandsmitglied vom Berliner Architekten- und Ingenieurverein findet die Grundidee Kollhoffs Masterplans gut. Für übertrieben hält er es aber, dass alle Türme am Alexanderplatz immer aus dem Blockinneren herausragen müssten. Diese „historisierende Tradition ist bei uns nicht verankert“, sagt Schuster. Und getrennte Eingänge für die Kaufhaus- und Restaurantbesucher des Blockes und der Bewohner des Turmes hätten durchaus Vorzüge.

Eher noch könnten Fallwinde, Luftverwirbelungen und kräftige Zugluft die Bürgersteige am Fuß der Türme in unwirtliche Orte verwandeln. „Umfangreiche Windstudien sollten für ein Areal wie dieses auf jeden Fall erstellt werden“, sagt Rainer Hascher von der TU. Gemessen an den Bausummen seien die Kosten einer solchen Studie lächerlich. Doch Hascher weiß aus eigenen Bauvorhaben, dass „Bauherren an jedem Cent sparen“.

Architektin Theresa Keilhacker sagt: „Der Investor nutzt seinen Spielraum nur aus.“ In Berlin gebe es seit Anfang der 1990er Jahre eben „sehr investorenfreundliche Bebauungspläne“. „Wirtschaftliche Logik“ nennt das ihr Kollege Sauerbruch auch und fügt hinzu: „Wir müssen in Berlin doch froh sein, wenn überhaupt investiert wird.“

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