„Kalayci gießt Öl ins Feuer“: Pflegeverbände empört über Kritik von Berlins Gesundheitssenatorin nach Corona-Todesfällen
Dilek Kalayci macht Heimbetreiber für die Verbreitung des Virus in ihren Einrichtungen verantwortlich. Die fühlen sich unter Generalverdacht gestellt.
Aufruhr und Empörung bei Berlins Pflegeeinrichtungen und -verbänden: Nach Corona-Ausbrüchen in Pflegeheimen – unter anderem mit 15 Toten in Lichtenberg und 16 Todesfällen in Lankwitz – hatte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Dienstag scheinbar Schuldige ausgemacht. Die Einrichtungen seien in der Verantwortung, sie sprach von „menschlichem Versagen“. Außerdem würden Heimbetreuer das Thema Hygiene „nicht wirklich ernst nehmen“.
Dagmar Kupsch, Einrichtungsleiterin im Haus Havelbeck, zeigte sich fassungslos ob der Äußerungen Kalaycis. Sie wisse nicht, woher der Eindruck der Senatorin stamme. Es gäbe nur vereinzelt Heime, in denen nicht alle Maßnahmen eingehalten würden. Die meisten Einrichtungen würden sich jedoch penibel an die Vorgaben halten und für gute Pflege zahlreiche Einschränkungen in Kauf nehmen.
Gabriele Schlimper, Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin, sieht in Kalaycis Worten eine pauschale Schuldzuweisung an Pflegeeinrichtungen und das dort seit Monaten hochengagierte Personal. „Statt pauschaler Vorwürfe brauchen wir eine differenzierte Aufklärung und vor allem funktionierende und gut ausgestattete Gesundheitsämter in den Bezirken“, sagt sie.
Natalie Sharifzadeh, Geschäftsführende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe Nordost (Dbfk), reagiert ebenfalls empört: „Das ist eine Dreistigkeit, zumal der Senat sich in der letzten Zeit nicht hervorgetan hat.“
Weder hätte das Personal an vorderster Front Ausgleichszahlungen für seine erschwerte Arbeit bekommen, noch seien Schutzmaterialien immer zugänglich gewesen. „In der Vergangenheit gab es häufiger Materialengpässe etwa bei Masken, Handschuhen und Hauben.“
Pflegeverbände fordern PCR-Tests und Corona-Hotline
Oliver Bürgel steht der Liga Berlin vor, dem Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege in Berlin. Er findet es falsch, dass die Senatorin persönliches Versagen in den Mittelpunkt stelle und so „Öl ins Feuer“ gieße: „Die Situation in Pflegeheimen ist hoch angespannt. Die Menschen vor Ort haben Angst, Pflegebedürftige können ihre Angehörigen weniger sehen, Pflegende arbeiten am Limit.“
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Angesichts dessen wünsche sich Bürgel mehr Unterstützung von der Politik, die vor Ort mit Verantwortlichen nach Lösungen suchen solle. Dies könnten regelmäßige PCR-Tests bei Personal, Bewohnern und Besuchern sein – gestellt und finanziert von der Politik, sagt Schlimper vom Paritätischen.
Die Fehlerquote bei Schnelltests sieht auch Sharifzadeh vom Dbfk als einen der Gründe für Ausbrüche. Der Paritätische fordert zudem seit langem die Einrichtung einer Hotline für Pflegeeinrichtungen mit direktem Kontakt zu Teststellen. „Dieses hat die Politik bisher nicht ermöglicht.“
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