Nach türkischer Haft zurück in Berlin: Peter Steudtner kommt langsam an
Der Menschenrechtler aus Pankow könnte bald öffentlich über die Haft in der Türkei sprechen. Bis dahin ist er vor allem dankbar.
Peter Steudtner lebt sich langsam wieder in Berlin ein. Der Menschenrechtler war am 25. Oktober nach mehr als 100-tägiger Haft in der Türkei überraschend freigelassen worden. Bereits einen Tag später war der 45-Jährige wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Seitdem hat Steudtner keine Interviews gegeben, seine Familie hatte darum gebeten, seine Privatsphäre nach der anstrengenden Zeit zu respektieren.
Zumindest seiner Gemeinde hat sich Steudtner aber schon gezeigt. Bereits am Sonntag nach seiner Rückkehr habe er am Gottesdienst in der Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg teilgenommen, so die Pfarrerin der Gemeinde, Almut Bellmann.
„Peter hat die Gemeinde begrüßt und sich für die Unterstützung bedankt.“ Es sei ihm wichtig gewesen, das persönlich zu tun. Steudtner habe gesagt, er könne sich vorstellen, die Erfahrungen, die er während der Haft gemacht hat, in Gesprächsgruppen weiterzugeben, beispielsweise an Konfirmanden. Die Planungen dazu seien jedoch noch nicht angelaufen. „Im Moment freut er sich sehr, zu Hause zu sein. Er stabilisiert sich“, sagte Bellmann. Gleichzeitig habe er aber auch betont, dass er noch Zeit brauche.
„Frei – endlich wieder!“
Fest mit seiner Freilassung gerechnet hat wohl die „Kurve Wustrow“. Die niedersächsische Bildungs- und Begegnungsstätte bietet als gemeinnütziger Verein Kurse zu gewaltfreier Konfliktbearbeitung an. Steudtner leitete den Verein vor Jahren kommissarisch. Auf ihrer Webseite hatte die „Kurve“ Steudtners offene Briefe veröffentlicht und am 26. Oktober unter der Überschrift „Frei – endlich wieder!“ seine Freilassung gefeiert.
Bereits mehr als eine Woche vorher hatte der Verein sein Seminarprogramm für die kommenden beiden Jahre veröffentlicht. Peter Steudtner ist darin als Dozent für zwei Kurse mit den Themen „Introduction to Security“ sowie „Digital Security“ aufgeführt. Die Kurse finden jeweils im Frühjahr 2018 und 2019 statt. Wenige Tage nach Veröffentlichung des Programms wurde Steudtner freigelassen.
Freilassung ist kein Freispruch
Zwar bedeutet die Freilassung noch keinen Freispruch – der Prozess gegen ihn und seine ehemaligen Mithäftlinge der „Istanbul 10“ soll am 22. November fortgeführt werden. Solange sich Steudtner aber in Deutschland aufhält, droht ihm keine Gefahr.
Weiterhin in türkischer Haft befinden sich jedoch die deutsche Übersetzerin und Journalistin Mesale Tolu sowie der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel. Auch der Schweriner Pilger David Britsch wird seit April 2017 nahe der türkisch-syrischen Grenze ohne Anklage und Gerichtsverfahren festgehalten.
In der Gethsemanekirche wird seit Monaten jeden Abend für Steudtner und alle grundlos in der Türkei Inhaftierten gebetet. Nach Steudtners Freilassung wird dieses Ritual nach Angaben von Pfarrerin Bellmann vorerst bis zum 10. November fortgeführt.
Bis dahin öffnet die Kirche jeden Tag um 18 Uhr ihre Türen zum Gebet, montags finden Fürbittandachten statt. Wie es danach weitergeht, wolle man in den kommenden Tagen entscheiden.