Chef der Berliner Werte-Union: „Parteien und Menschen ändern sich“
Bernd Pfeiffer schließt eine Kooperation mit der AfD aus – zurzeit. An der Wahl Thomas Kemmerichs in Thüringen hat er nichts auszusetzen.
Bernd Pfeiffer ist Vorsitzender der Werte-Union in Berlin. Dass manche seiner Parteikollegen für die AfD gespendet oder sie sogar gewählt haben, hält er nicht für bedenklich.
Herr Pfeiffer, Sie sind Chef einer Gruppierung in der CDU, die in Berlin 200 Mitglieder hat, bundesweit etwa 4300. Was glauben Sie, warum, angesichts der wenigen Mitglieder, trotzdem so viel über die Werte-Union gesprochen wird?
Weil es in der CDU ein Bedürfnis gibt, konservative Politik nach außen wieder erkennbar zu machen. Weil das verloren gegangen ist, interessiert es die Leute, dass wir das wieder aufgreifen.
Vertreter der Werte-Union hatten die mit AfD-Stimmen erfolgte Wahl des FDP-Politikers Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten begrüßt. Sie auch?
Wir haben die Wahl eines FDP-Mannes begrüßt. Es spricht nichts dagegen, wenn jemand aus der CDU einen FDP-Mann wählt und der die Wahl gewinnt.
Sie finden also richtig, dass Herr Kemmerich die Wahl angenommen hat, obwohl er mit AfD-Stimmen gewählt wurde?
Natürlich. Weder eine Person noch ein Antrag wird dadurch schlecht, dass er von einer – in Anführungszeichen – falschen Seite Stimmen bekommt.
Sie sehen also nicht, dass die FDP und CDU, der AfD in Thüringen in eine Falle getappt sind?
Höchstens in eine mediale Falle. Wir müssen doch als bürgerliche Parteien darauf achten, dass wir weiter Politik machen können, auch wenn die Ränder stärker werden. Das heißt, wir stellen Personen auf, stellen Anträge und wenn die durchkommen, kommen die durch. Das ist doch völlig in Ordnung. Worauf es ankommt, ist, nicht mit diesen radikalen Parteien, weder mit links noch rechts, zusammenzuarbeiten.
Ihr Bundesvorsitzender Alexander Mitsch hat 2016 120 Euro an die AfD gespendet. Die „Zeit“ hat recherchiert, dass Mitglieder des Bundesvorstands der Werte-Union, bei der AfD waren. Da ist doch eine Nähe.
Nein, es gibt keine Nähe zur AfD. Wir haben uns immer von der AfD abgegrenzt und das wird auch so bleiben. Dass Mitsch 2016 an die AfD gespendet hat, kann ich nachvollziehen. Er hat eine Entwicklung durchgemacht, wie viele andere CDU-Mitglieder auch. Die CDU hat in den letzten 20 Jahren etwa die Hälfte ihrer Mitglieder verloren, einige sind davon leider zur AfD gegangen. Viele haben sich aber auch überlegt: Nein, ich bleibe in der Partei trotz der fehlenden konservativen Ausrichtung. Umso besser ist es doch, dass Mitsch in der CDU geblieben ist und dass andere zur CDU gewechselt sind. Ich kenne viele CDU-Mitglieder, die unter der Hand sagen, sie haben mal AfD aus Protest gewählt.
Haben Sie jemals für die AfD gespendet oder würden Sie es tun?
Nie und nimmer, keine Spende, kein bewusster Kontakt.
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Hans-Georg Maaßen, der wohl berühmteste Vertreter der Werte-Union, sagte: „So wie die AfD jetzt ist, ist eine Koalition nicht möglich.“ Das klingt nicht nach „niemals“.
In den 80ern hat man in der CDU auch immer gesagt: „Mit den Grünen niemals“, jetzt schauen Sie sich an, was passiert. Das „Nie“ wird nicht passen. Die Parteien ändern sich, die Menschen ändern sich. Dinge, die irgendwann mal ausgeschlossen wurden, gelten dann nicht mehr.
Das heißt, Sie schließen es nicht für immer aus, mit der AfD zusammen zu arbeiten oder zu koalieren?
Solange es diesen radikalen Flügel gibt, ist es definitiv ausgeschlossen. Mit dieser AfD, so wie sie jetzt ist, gibt es keine Zusammenarbeit.
Wann wird die Werte-Union überflüssig?
Wenn die CDU wieder so aufgestellt ist, wie sie das in den 90er Jahren war. Wenn die drei Flügel, das Christlich-Soziale, das Wirtschaftsliberale und das Konservative im ausgewogenen Verhältnis stehen.