Verkehrskonzept in Tempelhof: Park-Posse bleibt Politikum
Weil vor seiner Haustür ein Parkverbot eingerichtet wurde, übt der Regierende weiter Kritik an einer Stadträtin. CDU und Radaktivisten sind empört über Müller.
Am Sonnabend herrscht im Schulenburgring nur einmal Aufregung. Gegen 15 Uhr winkt eine Polizeistreife mit Blaulicht ein Cabrio mit polnischem Nummernschild von der angrenzenden Manfred-von- Richthofen-Straße aus dem Verkehr und überprüft den Wagen im neuen Parkverbot direkt vor der Wohnung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD). Fünf Minuten später bekommt der Fahrer seine Papiere zurück, im Schulenburgring kehrt wieder Ruhe ein.
Wie berichtet hatte die Tempelhofer Bezirksstadträtin Christiane Heiß (Grüne) eine neue Halteverbotszone eingerichtet, um den Radverkehr beidseitig in der Einbahnstraße zu ermöglichen. Insgesamt sind rund zwölf Parkplätze weggefallen. Das hatte zu einer spontanen Beschwerde des Regierenden bei der Stadträtin und einem Anwohnerbrief geführt, obwohl er selbst gar nicht betroffen ist. Müllers Ärger hielt sogar bis Freitag an, wo er abends auf einem Fest der SPD in Tempelhof das Thema in seiner Rede aufgriff.
Anwohnerin: "Das ist vollkommener Quatsch"
Doch nicht nur Müller erregt das Thema. „Das ist vollkommener Quatsch, weil das Parkverbot ausgerechnet an der breitesten Stelle der Straße eingerichtet wurde“, sagt eine Nachbarin Müllers, die am Sonnabend mit ihrem Hund durch den Schulenburgring schlendert. Sie ärgert sich über das Parkverbot, weil es wegen einer Schule und des Polizeipräsidiums generell kaum Parkplätze gebe. Müllers Reaktion und sein Schreiben findet sie gut. Eine Unterschriftensammlung, wie sie der Regierende offenbar plant, würde sie unterzeichnen. „Das muss doch irgendjemand gemacht haben, der offensichtlich keine Ahnung hatte.“
Müller: "Ohne Not wurden 20 Stellplätze vernichtet"
Am Rande einer Senatsklausur am Sonnabend, bei der es eigentlich um die Personalpolitik des Senats ging, thematisierte Müller die Park-Posse erneut. „Ich stehe voll und ganz hinter unserer im Koalitionsvertrag vereinbarten Radpolitik“, sagte Müller zu Journalisten. Ihm gehe es aber um eine kluge Umsetzung, die er im konkreten Fall nicht wahrnehmen könne. „Es wurden ohne Not 20 Stellplätze vernichtet“, sagte Müller, der außerdem fehlende Bürgerinformation und Partizipation der Stadträtin beklagte. Sie habe die Beschlüsse des Senats zur Erleichterung des Radverkehrs benutzt, um „einen Krieg mit den Autofahrern“ anzufangen.
Ärger verursachte diese Posse im Senat aber nicht, da sie gar nicht erst auf die Tagesordnung gebracht wurde. Aus Kreisen der Grünen hieß es jedoch, die Stadträtin habe lediglich ein Verkehrskonzept umgesetzt, das die rot-grüne Zählgemeinschaft im Bezirk beschlossen habe.
Kritik an Müller kommt von CDU und Radaktivisten
Bereits vor Beginn der Senatsklausur hatte CDU-Generalsekretär Stefan Evers Kritik an Müllers Prioritäten geäußert. „Es gibt genug zu tun für einen Senat, der die Herausforderungen der Stadt ernst nimmt. Stattdessen wird man heute über die Stellplatzsorgen im Hause Müller diskutieren.“ Kritik an Müller kam nicht nur vom politischen Kontrahenten, sondern auch vom Volksentscheid Fahrrad. „Wir dachten erst, das Schreiben sei eine Fälschung, so unglaublich erschien es uns“, sagt Norbert Michalke vom Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg. Dass der Regierende Bürgermeister dazu aufruft, die Koalitionspartnerin auf Bezirksebene zu kritisieren, sei für ihn ein einmaliger Vorgang.