Sören Benn von der Linkspartei: Pankower Bürgermeister kritisiert Kohl-Berichterstattung
Sören Benn von der Linkspartei nennt die Berichte nach Kohls Tod "infantiles Heldengedenken". Er wünscht sich einen breiteren Blick auf die Geschichte.
Der Pankower Bezirksbürgermeister Sören Benn hat eine klare Meinung – zumindest zur Berichterstattung zum Tod Helmut Kohls. Die Medienbeiträge seien „unterirdisch“ und „Fakehistory“, schrieb der Linken-Politiker des größten Berliner Bezirks (400.000 Einwohner). Er finde das „infantile Heldengedenken“ einfach nur „peinlich“. Tweet-Ende.
Nutzer kommentierten diese Aussage mit Worten wie „kleingeistig“ oder unterstellten, Benn sei wohl „mausgerutscht“. Der stellvertretende Vorsitzende der Berliner CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus Tim Zeelen schrieb, Benn sei ein „linker Bürgermeister ohne Profil und Agenda“ und: „Der stand schon 1989/90 auf der falschen Seite der Geschichte“.
Der Tweet habe, auch außerhalb der sozialen Netzwerke deutliche Kritik verursacht, sagte Benn. Der 48-Jährige selbst sei überrascht von dem Ausmaß der Rückmeldungen und dem Medieninteresse. Benn machte gegenüber dem Tagesspiegel deutlich, dass es nicht in erster Linie um die Person Helmut Kohl ging, sondern um den Kontext der Nachrufe und Reaktionen auf seinen Tod.
Kohl werde als Hauptfigur der europäischen und deutschen Einigung dargestellt, beinahe so, als hätte er es ganz allein geschafft. Es sei allerdings nicht nur die Geschichte der „großen alten Männer“, sagte Benn. Das Wirken vieler anderer wichtiger Akteure rücke in den Hintergrund. „Die Berichterstattung wird den Leistungen der osteuropäischen Völker und Regierungen, der Dissidenten, der Opposition nicht gerecht.“ Es sei eine sehr deutsche und damit auch einseitige Sicht auf die Ereignisse während der 16-jährigen Kanzlerschaft des CDU-Politikers, sagte Benn weiter.
Kohl sei herausgehoben worden aus der Geschichte rund um die Wende und die Währungsunion und nicht eingebettet in die Ereignisse. Das entwerte das Wirken vieler anderer Reformer in dieser Zeit. Auch die Probleme, die bei der Umstellung der der DDR in die Marktwirtschaft auftraten, sei nicht ernst genug thematisiert worden.
Die Reaktionen auf seine Äußerung findet der Linken-Politiker besorgniserregend. „Wenn Kritik an der Berichterstattung über eine Person gleich zu Majestätsbeleidigung an dieser Person wird, dann haben wir ein Problem in der politischen Diskussionskultur.“
Zuletzt arbeitete Sören Benn als Referent für Wirtschaft und Verkehr der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin. Als Bezirksbürgermeister ist er seit 2016 für Kultur, Finanzen und Personal zuständig. Er folgte auf Matthias Köhne (SPD)