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Im Sitzungsraum des Berliner Amri-Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus.
© Sabine Beikler
Update

Aufklärung des Breitscheidplatz-Anschlags: Oberstaatsanwalt widerspricht Amri-Sonderermittler

Der Leitende Oberstaatsanwalt sagt im Amri-Untersuchungsausschuss aus. Demnach hätte Zusammenführung von laufenden Verfahren gegen ihn keinen Sinn ergeben.

Der Leitende Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft, Dirk Feuerberg, widerspricht Aussagen des früheren Amri-Sonderermittlers Bruno Jost, man hätte den späteren Attentäter durch das Zusammenziehen von mehreren gegen ihn laufenden Verfahren „von der Straße gekriegt“.

Im Fall Amri, der beim Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche 2016 zwölf Menschen tötete, hätte eine Zusammenführung von Verfahren keinen Sinn ergeben, da sich daraus keine „längerfristige Haftsituation generiert hätte“, sagte Feuerberg am Freitag im Amri-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Der Oberstaatsanwalt sprach von einem Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Vorbereitung eines Tötungsdeliktes Anfang 2016. Nach Erkenntnissen aus Nordrhein-Westfalen hatte Amri einen Überfall mit Waffen geplant, die er mit der Beute aus einem geplanten Villeneinbruch hätte finanzieren wollen. Feuerberg lag zwar ein Behördenzeugnis eines Nachrichtendienstes vor, wonach Amri „anschlagsbereit“ gewesen sei, man ihm also durchaus einen Anschlag zugetraut hat. Allerdings habe sich kein Hinweis auf Vorbereitung eines Attentats durch die Telekommunikationsüberwachung ergeben.

Wie berichtet hatte sich Amri im Internet über Anleitungen zum Bombenbau informiert. Dieser Anfangsverdacht habe sich aber nicht bestätigt. Auch bei dem Drogenhandel von Amri habe man keine Erkenntnisse gewinnen können, dass der spätere Attentäter diesen bandenmäßig oder gewerbsmäßig ausgeübt habe, da er offenbar auch selbst von seinen Drogenvorräten konsumiert hatte. Das hätte nicht für eine Haftunterbringung gereicht.

Feuerberg sagte, er habe sich bei der Observation auf den Sachverstand und die Expertise der LKA-Beamten verlassen. Die richterliche Genehmigung habe nur für die Aufklärung eines möglicherweise geplanten Anschlags gegolten.

Lux: Zusammenarbeit der Behörden ließ zu wünschen übrig

Am 18. August 2016 hatten sich Behördenvertreter getroffen und sich darauf verständigt, keine weiteren Überwachungsmaßnahmen gegen Amri zu beantragen. Das sei „ein ganz schwerer Fehler“ gewesen, sagte Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux. Er könne sich immer noch nicht erklären, wieso die Behörden davon ausgegangen seien, Amri sei ins Drogenmilieu gerutscht. Im Jahr 2016 habe die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft „zu wünschen übrig gelassen“, sagte Lux.

„Nicht optimal“ sei der Informationsfluss gewesen, ergänzte SPD-Innenpolitiker Frank Zimmermann. Trotz der Personalengpässe bei der Staatsanwaltschaft wäre es aber „Aufgabe der Staatsanwaltschaft gewesen, auf korrekte Ermittlungen zu drängen. Es macht mir nicht den Eindruck, dass die Behörde dieser Pflicht nachgekommen ist“, sagte Niklas Schrader, Innenpolitiker der Linksfraktion. Die Generalstaatsanwaltschaft habe bei der Polizei „nicht wirklich“ nachgehakt, kritisierte Schrader.

Stephan Lenz (CDU), der Vorsitzende des Ausschusses, sagte, die falsche Einschätzung von Amri basiere „auf einem Kenntnisstand, der keine anderen Schlussfolgerungen zuließ“.

Am 19. Dezember jährt sich zum dritten Mal der Jahrestag des Anschlags auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz, bei dem 2016 zwölf Menschen von Anis Amri ermordet wurden.

Nach dem Attentat vom 19. Dezember 2016 auf dem Breitscheidplatz, bei dem zwölf Menschen ermordet wurden, hat die Staatsanwaltschaft ein Gefährdermanagement eingeführt. Auch nimmt die Generalstaatsanwaltschaft inzwischen an den Infoboard-Treffen im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum teil. Die Informationsflüsse zwischen den Behörden wurden deutlich verbessert.

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