Tegels letzter Tag: Nun ist endgültig Schluss am Flughafen TXL – für das Gelände gibt es viele Pläne
Die Geschichte des Flughafens Tegel ist am Dienstag zu Ende gegangen. Jetzt beginnt die Nachnutzung als Stadtquartier.
Es war Sonntag, der 8. November als mit einer Maschine der Air France zum letzten Mal ein Flieger vom Flughafen Tegel abhob. Knapp sechs Monate später endete mit dem Auslaufen der Betriebsgenehmigung am Dienstag endgültig die Geschichte des Berliner City-Airports.
Schon seit Monaten starten und landen keine Passagiere mehr von dem markanten Betonbau aus. Dennoch musste die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) das Gelände in den vergangenen Monaten noch „im Schlummerbetrieb“ halten, wie FBB-Chef Engelbert Lütke Daldrup am Dienstag bei einem letzten Rundgang durch das Gebäude erklärte. Nun aber ist wirklich Schluss. „Jetzt werden alle Anlagen zurückgebaut“, sagte Lütke Daldrup.
Was bereits weg konnte, wurde schon im zurückliegenden halben Jahr entfernt. Hinter den Glasscheiben der einstigen Geschäftszeile ist alles leergeräumt, die Imbisse sind verschwunden. Auch die Sitzbänke aus den einstigen Wartebereichen wurden abgeschraubt. Drei Millionen Euro wurden dafür ausgegeben. Die gleiche Summe werde die FBB in den kommenden drei Monaten nochmal aufbringen, ehe die Anlagen nach der Übergangsphase komplett in die Hände der Tegel Projekt GmbH übergehen.
Deren Geschäftsführer Philipp Bouteiller zeigte sich erfreut, nach Jahren der Planung die vielen Ideen für das Gelände bald endlich in die Tat umsetzen zu können. „Für uns alle ist das ein großer Tag. Es ist ein Abschied, aber jetzt ist Zeit für eine neue Phase.“
Die Konzepte für das ehemalige Flughafengelände sind weitreichend: In das Hauptgebäude mit den Terminals A und B soll ein neuer Standort der Beuth-Hochschule sowie ein Start-up-Campus einziehen. Rundherum sind Gewerbestandorte, ein neuer Park und das Wohnviertel Schumacher-Quartier geplant.
Forschungsinstitut statt Parkplatz
Vor besonderen Herausforderungen stehen die Planer bei den Terminalgebäuden. Die ikonografischen Bauten der Architekten Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg stehen unter Denkmalschutz. Vieles in dem Klassiker der modernen Architektur muss also erhalten bleiben, auch wenn statt Gepäckabgabe und Sicherheitskontrolle künftig Studierende lernen und forschen sollen.
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Kein leichter Spagat, doch ein Aufwand, der sich lohne, sagte Gerry Woop, Aufsichtsratschef der Berliner Flughafengesellschaft (BFG) und als Staatssekretär in der Senatskulturverwaltung zugleich für den Denkmalschutz im Land zuständig: „Es ist wichtig, baugeschichtlich wertvolle Anlagen auch für die Zukunft nutzbar zu machen. Das wichtigste ist, dass ein Denkmal weiterlebt.“
Dafür will Bouteiller sorgen. „Wir schauen uns genau an, welche Teile wir erhalten müssen und was wir zurück- und neubauen können.“ Anstelle der Geschäfte und Sicherheitsschleusen sind Seminar- und Vorlesungsräume geplant. Auf den offenen Emporen im ersten Stock sollen teils Lesegalerien entstehen.
Viel Neues ist für die innere Freifläche des Hexagons angedacht. Der dortige Parkplatz steht nicht unter Denkmalschutz. Dort sollen Forschungsanlagen Platz finden. „Hier wird es große Experimentalflächen für Forschungsversuche mit Pflanzen geben“, sagte Bouteiller. Auch ein Café sehen die Pläne vor. „Man kann sich geistig schon vorstellen, wie die Studenten hier wimmeln werden.“
Zwölf Studienfächer sollen im einstigen Flughafen gelehrt werden. „Da wir die verschiedenen Gates haben, gibt es die ideale Möglichkeit, die Fachgebiete entsprechend zu clustern“, sagte Bouteiller. Was dort erforscht werde, solle im Schumacher-Quartier zur Anwendung kommen. „Wir wollen zukunftssichere Technologien entwickeln und das gleich im Anwohnerquartier vormachen.“
Ein Modellviertel aus Holz
Dort sollen mehr als 5000 Wohnungen für bis zu 11.000 Menschen entstehen. Ein Modellviertel, wie es Berlin noch nicht gesehen hat. „Das wird das größte urbane Holzbauquartier der Welt“, sagte Bouteiller. Für die Häuser sollen ausschließlich Bäume aus einem Umkreis von 200 Kilometern genutzt werden.
Die Techniken, auch mit Kiefern oder Laubbäumen Gebäude zu errichten, würden in der geplanten Bauhütte für innovativen Holzbau entwickelt. Zudem ist das Quartier als „Schwammstadt“ geplant. Das komplette Regenwasser werde aufgefangen und vor Ort genutzt, statt in der Kanalisation zu landen.
Bis all diese Pläne sichtbar werden, dauert es allerdings. Zunächst muss der Boden auf Belastungen und Kampfmittel untersucht werden. 2022 sollen dann die Bauarbeiten starten, vorerst jedoch nur für die Erschließungsstraßen. 2023 folgt auch der Hochbau. „Das entscheidende Jahr wird 2027 sein“, so Boutellier. Der Hochschulcampus im Terminal und der erste Bauabschnitt des Schumacher Quartiers sollen dann bezogen werden können. In Tegel kehrt dann endlich wieder Leben ein.