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Verstummt. Das populäre Lollapalooza-Festival sucht eine neue Bleibe. Verkauft werden die Tickets immer noch für den Flughafen Tempelhof.
© Davids/Huebner

Flüchtlinge im Berliner Flughafen Tempelhof: Notunterkunft bedeutet das Aus für Event-Ort

Bis 2019 ziehen wohl Flüchtlinge aufs Tempelhofer Feld. Deshalb müssen sich Eventveranstalter Alternativen suchen. Die ersten sind fündig geworden.

Nichts ist mehr, wie es war auf dem früheren Airport Tempelhof. Und weil sich Hangars und Flugfeld in eine einzige große Notunterkunft für Flüchtlinge verwandeln, geht auch nichts mehr für die Veranstalter von Autorennen, Musikfestivals, Mode- und Marathon-Messen. Die landeseigene „Tempelhof Projekt“ und die Veranstalter suchen nach alternativen Spielstätten. Schadensersatzforderungen stehen jetzt im Raum, die man aber gerne abwenden möchte, obwohl das Vertragsrecht sie durchaus hergeben würde.

Denn Berlin muss sich auf Jahre hinaus von einem seiner wichtigsten Schauplätz von Großveranstaltungen verabschieden. Denn an diesem Donnerstag wird das Parlament mit den Stimmen der SPD- und CDU-Abgeordneten aller Wahrscheinlichkeit nach das Tempelhof-Gesetz aufweichen und den Bau mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge auf dem Vorfeld beschließen. Bis zum Jahr 2019 dürfen diese dort stehen bleiben. So lange müssen die Veranstalter ausweichen – mindestens.

Veranstalter finden Alternativen

Immerhin hat nun der erste der „Großkunden“ in Tempelhof einen neuen Veranstaltungsort gefunden: Die Marathon-Messen „Berlin Vital“, die im Frühjahr und Herbst starten, finden in diesem Jahr in den Hallen der „Station Berlin“ statt. Die Industriehallen liegen am Rande des Parks am Gleisdreieck, nahe dem Potsdamer Platz. Etwas beengter als im Hangar von Tempelhof wird es dort zugehen für die bis zu 100 000 Läufer und Käufer, die auf der Messe ab dem 31. März auch ihre Startnummern abholen für den Halbmarathon am 3. April.

Die neue Veranstaltungshalle hat die SCC-Event GmbH selbst aufgetan und muss dafür natürlich auch Miete bezahlen. Ob die Firma Schadensersatz fordern wird für die unvermittelte „Aussetzung des Mietvertrags“, darauf will sich Sprecher Thomas Steffens nicht festlegen. Vieles dürfte davon abhängen, was die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erklärt, die derzeit im Auftrag des Senats die Frage eines „Finanzausgleichs“ für die ausgesetzten Verträge prüft.

Formel-E sucht neuen Austragungsort

Gut möglich, dass es zu Einbußen kommt. Die Vermarktung der Vital-Messe konnte die SCC-Event nämlich erst vor wenigen Tage richtig starten. Möglicherweise werden deshalb auch einige Aussteller der Schau fernbleiben, was das Budget belasten würde. Auch darüber spricht die Firma mit der vertragsbrüchigen Tempelhof Projekt.

Verloren gehen könnte Berlin wegen der Umnutzung des Airport-Areals ein anderes Großereignis: das Deutschland-Rennen der Formel-E. Gut möglich, dass die Elektrofahrzeuge in diesem Jahr anderswo im Land herumsirren. Die Veranstalter der Formel E verhandeln gerade mit den Städten Nürnberg (Norisring) und auch mit München über eine Austragung des Deutschland-Preises. Noch ist das Rennen in Berlin allerdings nicht ganz abgesagt. Wo es stattdessen stattfinden könnte in der Stadt, ist unklar.

Das Ziel: Veranstaltungen in Berlin halten

Die Männer der Tempelhof Projekt helfen bei der Suche nach Alternativen, nicht zuletzt um Schadensersatzforderungen zu vermeiden: „Je besser der Standortersatz ist, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass Schaden entsteht, der ausgeglichen werden muss“, sagt Sprecher Pascal Thirion. Ziel sei es außerdem, die Veranstaltungen in Berlin zu halten. Bisher seien keine Schadensersatzforderungen angemeldet worden. Die Modemesse Bread & Butter konnte in der Arena in Treptow untergebracht werden.

Die angebotene Hilfe kommt beim Veranstalter des Musikfestivals Lollapalooza gut an, der sich „hervorragend unterstützt vom Land Berlin“ fühlt bei der Suche nach Ausweichquartieren. Allerdings werden noch immer auf der Internetseite Tickets für 120 Euro für das Festival am Flughafen Tempelhof verkauft.

Wo die Bands stattdessen auftreten, will Geschäftsführer Marko Hegner noch nicht verraten. Aber er bestätigt, dass das Flugfeld eines anderen berühmten Airports auch zur Wahl steht: das Messegelände am BER. Ein BER-Sprecher bestätigt, dass es eine Anfrage gegeben habe, mehr aber bisher nicht. „Wir kriegen die Leute da nur mit viel Aufwand wieder weg“, sagt Hegner. 50 000 Musikfans müssten über Landstraßen zum S-Bahnhof bei Selchow wandern – zumal ab Juni in den BER-Messehallen bis zu 5000 Flüchtlinge untergebracht werden sollen.

Lollapalooza noch ohne Alternative

Geprüft wurden viele Orte für das Festival, das international einen großen Namen hat: Vor dem Problem der eher schlechten Verkehrsanbindung steht auch der Zentrale Festplatz nahe dem Flughafen Tegel. Mit Bussen könne man die vielen Leute nicht wegkarren, so Hegner. Dagegen hätte sich das Maifeld am Olympiastadion hervorragend geeignet, wo schon in der Vergangenheit Festivals geplant waren.

Doch das ist am Lollapalooza-Wochenende bereits belegt – mit dem Feuerwerksfestival „Pyronale“. Und die Brache nördlich vom Hauptbahnhof, wo öfter mal Schausteller und Zirkus gastieren? Die sei für den Aufbau der vier Bühnen zu klein. 180 000 bis 200 000 Quadratmeter Platz braucht es ungefähr. In der Not schließt Hegner „Einschnitte bei der Veranstaltung nicht aus“. An Schadensersatzforderungen denkt er nicht.

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