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Dirk Behrendt (Grüne), Justizsenator, muss die vakante Stelle des Generalstaatsanwalts neu besetzen.
© Mike Wolff

Berliner Senatsverwaltung für Justiz: Noch kein neuer Generalstaatsanwalt

Der Justizsenator sucht seit Herbst 2015 einen neuen Chefermittler. Ob die Polizei-Vizepräsidentin Margarete Koppers den Posten bekommt, ist weiter unsicher.

In Koalitionskreisen reift der dringende Wunsch, dass Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) endlich entscheidet, was aus dem Auswahlverfahren für einen neuen Generalstaatsanwalt wird. In einer Woche beginnt in Berlin die politische Sommerpause, doch ein Personalvorschlag für das wichtige Amt ist nicht in Sicht. Zwar gibt es in der Justizverwaltung längst eine interne Empfehlung zugunsten der Polizei-Vizepräsidentin Margarete Koppers, aber der Senator zögert, diesen Vorschlag dem Senat vorzulegen, der darüber beschließen muss.

Es könnte sogar sein, dass es dazu gar nicht mehr kommt. Dem Vernehmen nach prüft Behrendt auch, ob das seit November 2015 laufende Auswahlverfahren neu aufgerollt werden muss. Auch in den Regierungsfraktionen setzt sich zunehmend die Einschätzung durch, dass das Verfahren nicht rechtssicher abgeschlossen werden kann. Es wird davon ausgegangen, dass die Mitbewerberin Susanne Hoffmann, Abteilungsleiterin im Potsdamer Justizministerium, gegen eine Ernennung Koppers durch den Senat einstweiligen Rechtsschutz beantragen würde – und zwar mit bester Aussicht auf Erfolg.

Ermittlungsverfahren gegen Koppers

Seit der Ernennung zum Justizsenator im Dezember 2016 schleppt Behrendt das Personalproblem mit sich herum, ohne es auch nur im Ansatz zu lösen. Kaum war er im Amt, wurde die justizinterne Auswahlkommission, die noch vom Amtsvorgänger Thomas Heilmann (CDU) benannt worden war, fast komplett ausgewechselt. Außerdem läuft gegen die Bewerberin Koppers ein Ermittlungsverfahren, bei dem es um die Gesundheitsgefährdung von Polizeibeamten geht, die in maroden Schießständen trainieren mussten. Zwar werden die Strafanzeigen von rot-rot-grünen Justizexperten als „politisch gesteuert“ eingeschätzt, aber sie sind nun mal da.

Dies alles trägt dazu bei, das langwierige Auswahlverfahren juristisch angreifbar zu machen. Eine schriftliche Anfrage Behrendts bei der Staatsanwaltschaft, wie denn der weitere Verlauf des Ermittlungsverfahrens gegen Koppers eingeschätzt werde, trägt zur Rechtssicherheit auch nicht bei. Zwar ist eine solche Anfrage formal nicht zu beanstanden, denn deutsche Staatsanwälte sind Beamte, die laut Gerichtsverfahrensgesetz schon seit 1879 gegenüber ihrem Dienstherrn weisungsgebunden sind. Trotzdem hat es ein Geschmäckle.

Kritik von AfD und FDP

Außerdem sind viele Staatsanwälte meist selbstbewusste Leute, die auf ihre Eigenverantwortung pochen und sich ungern ins Handwerk pfuschen lassen. Diese Erfahrung musste bisher fast jeder Berliner Justizsenator machen. So auch Behrendt. Dennoch bezeichnete am Mittwoch nur die AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus die interne Anfrage bei der Staatsanwaltschaft als „ungeheuren Vorgang“, der den Rücktritt Behrendts zur Folge haben müsse.

Die FDP beließ es bei einer sanften Kritik an dem Versuch, die Staatsanwälte zu einer vorauseilenden Einschätzung über den Ausgang der Ermittlungen zu bewegen. Es sei aber höchste Zeit gewesen „zu erfragen, was die Staatsanwaltschaft in den letzten 21 Monaten in dieser Sache arbeitstechnisch geleistet hat“. Schließlich gehe es, so die Liberalen, um Strafanzeigen vom Herbst 2015. Die CDU mischte sich nicht in den aktuellen Streit ein, doch ihr Rechtsexperte Sven Rissmann gilt als hervorragend informiert.

Der Justizsenator kommentierte den Briefwechsel mit der Staatsanwaltschaft am Mittwoch nicht, weil solche Vorgänge Teil des laufenden Auswahlverfahrens seien. Doch wird seine Nachfrage bei den Ermittlern auch in Kreisen der Koalition als Anzeichen gewertet, dass Behrendt inzwischen höchst unsicher ist, ob das Auswahlverfahren für die Nachfolge des Generalstaatsanwalts Ralf Rother erfolgreich abgeschlossen werden kann.

Rother ist seit Januar 2006 im Amt, er wollte im September vergangenen Jahres in den Ruhestand gehen. Weil die Nachfolge aber nicht geklärt war, verlängerte er bis Ende Juli 2017. Der renommierte Jurist äußert sich dazu nicht, aber im Senat wird damit gerechnet, dass er sich zu einer weiteren Ehrenrunde nicht überreden lässt. Deshalb richten sich SPD, Linke und Grüne darauf ein, dass Rothers offizieller Vertreter, der Leitende Oberstaatsanwalt Dirk Feuerberg, die Generalstaatsanwaltschaft demnächst kommissarisch leiten wird. Pikant an der Sache ist: Feuerberg gilt nicht nur als erfahrener und kompetenter Jurist, sondern auch als CDU-nahe.

Angesichts der schwierigen Lage, so hört man, könne Rot-Rot-Grün damit leben. Zumal es noch weitere Baustellen im Innen- und Justizbereich gibt. Der Polizeipräsident Klaus Kandt gilt als schwer angeschlagen, und seit den mutmaßlichen Ermittlungsmanipulationen im Fall des Terroristen Amri auch der Chef des Landeskriminalamts, Christian Steiof. Es stehen also weitere Neubesetzungen an.

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