Hauskrankenpflege: Noch ein Pflegedienst wegen Betrugs angezeigt
Der Neuköllner Sozialstadtrat Michael Büge (CDU) hat vor wenigen Stunden einen weiteren Pflegedienst wegen Betruges anzeigen lassen. Die AOK geht davon aus, dass es noch weit mehr Fälle von Abrechnungsbetrug bei der ambulanten Hauskrankenpflege gibt.
Erst am Mittwoch hatte Büge den Senat für „fehlende Kontrollen“ kritisiert und bekannt gegeben, dass er bereits im Juli einen ambulanten Pflegeanbieter habe anzeigen lassen, der neben Neukölln auch in Tempelhof-Schönberg tätig ist. Offenbar haben in Berlin zahlreiche ambulante Dienste in der Hauskrankenpflege systematisch Leistungen abgerechnet, die nicht an den Patienten erbracht worden sind. Bei Berlins größter Krankenkasse wird davon ausgegangen, dass die Fälle in Neukölln „nur die Spitze des Eisberges“ sind: Die AOK Nordost ist in diesem Jahr eigenen Angaben zufolge bereits 266 Hinweisen auf Abrechnungsbetrug nachgegangen. Der AOK seien 110 Dienste bekannt, die falsch abgerechnet hätten. Das Neuköllner Bezirksamt selbst hat zwei weitere ambulante Dienste im Visier.
Heute beschäftigt sich auch ein Runder Tisch des Senats mit dem Thema. Eine Sprecherin von Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) hatte erklärt, das Problem betrügerischer Dienste sei bekannt und der Runde Tisch schon 2010 eingerichtet worden. An dessen Treffen nehmen neben dem nichtstaatlichen Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) auch die Polizei sowie die Bezirksämter teil – inklusive Neukölln.
Der Runde Tisch der Senatorin habe allerdings nur „eingeschränkte Handlungsbefugnis“, erklärte Büge. Der CDU-Stadtrat bekräftigte die Forderung seiner Partei, die von Pflegeexperten verschiedener Verbände unterstützt wird, nach einer zentralen Kontrollstelle. „Es ist nicht sinnvoll, dass ein in Berlin tätiger Pflegedienst von zwölf Bezirken einzeln überprüft wird.“
Derzeit schließt nicht das Land die Verträge mit den Diensten ab, sondern die Krankenkassen der Patienten. Auch sei nicht die Landesregierung für die Kontrolle der Dienste zuständig, sagte eine Sprecherin Bluhms, sondern die Bezirke – und entsprechende Bundesgesetze könne man nicht einfach umgehen.
AOK-Hotline: 0800-265080-43195
Hannes Heine