Deutsch-Amerikanische Volksfest: Nichts dreht sich mehr
Mal wieder ohne Standort: Das Deutsch-Amerikanische Volksfest findet nicht statt. Nach 55 Jahren ist nun wohl endgültig Schluss.
Vielleicht zum letzten Mal – diese Drohung begleitete das Deutsch-Amerikanische Volksfest seit Jahren, als wäre es die immer wieder letzte Abschiedstournee eines alternden Rockstars. Doch diesmal sieht die Sache anders aus: Es wird in diesem Jahr endgültig kein 56. Volksfest geben. Ob damit der Jahrgang 2015 der letzte war, ist aber offen, denn Chef-Schausteller Thilo-Harry Wollenschläger hat das Konzept selbst noch nicht aufgegeben.
Alles steht und fällt seit Jahren mit dem richtigen Platz. Bis 2010 gab es noch einmal eine Gnadenfrist, weil das angestammte Gelände am Hüttenweg in Dahlem nicht so schnell bebaut wurde, wie es eigentlich geplant war. Dann wurde das in jeder Hinsicht ideale Gelände zwar gefunden, nämlich das Tempelhofer Feld, doch der Senat ließ eine derart profane Nutzung nicht zu; zu groß war zudem die Sorge, hier einen Präzedenzfall zu schaffen und dem offiziellen – und extrem ungeliebten – Platz am Kurt-Schumacher-Damm das Wasser abzugraben. Am Rande des Messegeländes war ebenfalls kein Platz mehr.
Richard Simmons, der langjährige Veranstalter, entdeckte dann das aufgelassene Bahnhofsgelände an der Heidestraße am Hauptbahnhof und schaffte sein Fest zum Überleben dorthin – er musste damit zwar widerwillig den ehemaligen amerikanischen Sektor Berlins verlassen, doch es war wenigstens nicht Ost-Berlin. Denn selbst ein Standort in Marzahn war schon erwogen worden.
Doch nun wird auch an der Heidestraße gebaut. Die Berliner Schausteller haben seit dem vergangenen Sommer noch einmal intensiv gesucht, haben auch noch einmal Tempelhof ins Gespräch gebracht. Wollenschläger startete sogar eine Online-Petition für das alte Flughafengelände und wurde dabei auch von einflussreichen CDU-Leuten unterstützt, konnte aber die Stadtentwicklungsverwaltung ebenso wenig überzeugen wie den Petitionsausschuss, der die Auffassung der Behörde teilte – eine große Enttäuschung vor allem für viele ältere Berliner, sie sich noch an legendäre Feste der Amerikaner auf dem Flugfeld erinnerten und deshalb dort auch die Zukunft des Volksfestes sahen. Selbst für den Rückzug auf den offiziellen Festplatz in Tegel ist es nun zu spät, denn dort ist der Termin nicht mehr frei.
Kaum Unterstützung aus Verwaltung
Der Gegenwind für das Volksfest hat von Jahr zu Jahr zugenommen. Aus dem einstigen Symbol der Freundschaft zwischen West-Berlin und der amerikanischen Schutzmacht wurde nach der Wende langsam ein ganz normales Volksfest wie das Frühlingsfest oder das ebenfalls entpolitisierte Deutsch-Französische Volksfest, die beide weitgehend geräuschlos nach Tegel umzogen und dort etabliert sind. Doch diesen Weg wollte das deutsch-amerikanische Fest nicht gehen: Wollschläger musste sich indessen von Klaus Wowereit 2009 sagen lassen, die alliierten Volksfeste seien ein Relikt des Kalten Krieges und nicht mehr zeitgemäß. Ein diplomatisches Fettnäpfchen, denn auch die US-Botschaft hat das Fest immer unterstützt – aber bezeichnend für die Haltung zumindest der SPD.
Für Wollschläger war das am Mittwoch Anlass zur Generalkritik: Die Absage zeige, dass es in Berlin immer schwieriger werde, Platz für derartige privat organisierte Familienfeste zu finden: „Aus der Verwaltung hören wir vor allem, was alles nicht geht. Da vermisse ich den Gestaltungswillen und die Bereitschaft, gemeinsam mit uns Schaustellern etwas konstruktiv zu bewegen.“
2015 hatten die Schausteller noch einmal alles aufgeboten, was die US-Populärkultur zu bieten hat: New York, Kalifornien und den wilden Westen plus Sandstrand und Biker-Treff. Wer darauf nicht verzichten mag, der findet es auch in diesem Sommer – allerdings beim noch ein paar Jahre älteren Deutsch-Amerikanischen Volksfest in Grafenwöhr.
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