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Was von der Berliner Mauer noch steht. Arbeiter sanieren das Stück; links hinter dem Zaun befindet sich Berlin-Spandau, der Ortsteil Kladow.
© Manfred Thomas

Zwischen Berlin-Spandau und Groß Glienicke: Neuer Gedenkort: Potsdam saniert die Mauer

Der alte Grenzzaun wird saniert, die alte Mauer hergerichtet. In Potsdam entsteht ein neuer Gedenkort am Glienicker See. Nicht nur hier soll der Mauerfall im Herbst gefeiert werden.

Die Überreste der Berliner Mauer sind in Groß Glienicke eine Baustelle. Im Auftrag der Stadtverwaltung wird die unter Denkmalschutz stehende Gedenkstätte seit zwei Wochen hergerichtet. Nachdem im Frühjahr 2014 bereits Azubis des Grünflächenamtes Berlin-Spandau und Mitarbeiter des Potsdamer Grünflächenamtes den Metallzaun, der Bestandteil der Grenzanlagen war, von Unkraut und Ästen befreit hatten, stehen nun die eigentlichen Mauerreste im Zentrum der Arbeiten. Seit dem 8. September ist eine Gartenbaufirma damit beschäftigt, die Freiflächen rund um das Denkmal anzulegen. Außerdem wird eine Gedenktafel aufgestellt. Nach Angaben des Rathauses kostet das insgesamt 43.000 Euro. Parallel werden die denkmalgeschützten erhaltenen Teile des Streckmetallzauns und die Pfosten von der Baudenkmalpflegefirma von Roland Schulze saniert. Weil sich die Grenzanlage an der Grenze zwischen Groß Glienicke und Spandau befindet, teilt sich das Potsdamer Rathaus die Kosten in Höhe von 35.000 Euro mit dem Spandauer Bezirksamt. Die Grenze verlief einst direkt im See zwischen Groß Glienicke und dem Spandauer Ortsteil Kladow.

An den Kosten beteiligt sich auch der Bezirk Berlin-Spandau

Ziel der Sanierungsmaßnahmen ist es laut Stadtverwaltung, einen Gedenkort zu schaffen, „um Opfer zu ehren, um aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen, um wachsam zu bleiben und die Erkenntnisse auch denen zu vermitteln, die diesen Teil der deutschen Geschichte nicht mehr erlebt haben“.

Am 9. November um 15.30 Uhr soll die Groß Glienicker Mauergedenkstätte von Oberbürgermeister Jann Jakobs und dem Spandauer Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (beide SPD) wiedereröffnet werden.

Während die Mauerreste in Groß Glienicke damit in einen würdigen Zustand versetzt werden, bleibt die Zukunft der Mauerreste vom Bertiniweg weiterhin unklar. Um den historischen Wert der Anlage hatte es vor drei Jahren Streit gegeben, als die Stadt sie wegen des Ausbaus des Bertiniwegs abreißen und im städtischen Bauhof einlagern ließ. Ein Teil der Reste – die Pfosten – wird derzeit für die Sanierung der Groß Glienicker Mauer verwendet, der Rest bleibt vorerst im Bauhof.

Sieht aus wie ein hoher Zaun. War aber weit mehr als das. Hier begann der Mauerstreifen. Der Mann steht quasi im alten West-Berlin, auf Spandauer Seite.
Sieht aus wie ein hoher Zaun. War aber weit mehr als das. Hier begann der Mauerstreifen. Der Mann steht quasi im alten West-Berlin, auf Spandauer Seite.
© Manfred Thomas

Ebenfalls offen ist, wann der „Bertini-Turm“, das letzte Bauwerk der früheren Wasser-Grenzübergangsstelle Nedlitz in der Bertinistraße, öffentlich zugänglich gemacht wird, wofür sich die Nachbarschaftsinitiative Neuer Garten seit einem Jahr einsetzt. Die Stadt plane an dieser Stelle einen Uferpark, sagte Jakobs. Allerdings sei die Finanzierung noch unklar. Doch auch in der Bertinistraße wird der Mauerfall gefeiert. Am 9. November um 20 Uhr soll es eine Veranstaltung mit Lagerfeuer und Musik geben.

Lesen Sie mehr. Wo ist die Berliner Mauer noch im Original zu sehen? Eine Übersicht unter diesem Tagesspiegel-Link.

Lesen Sie weiter: Auch an der Glienicker Brücke ist viel geplant

Erinnerungen an die Keimzelle der friedlichen Revolution in Potsdam, eine erneuerte Mauergedenkstätte und eine Feier an der Glienicker Brücke – Potsdam begeht das 25. Jubiläum des Mauerfalls in diesem Jahr mit einer ganzen Reihe von Veranstaltungen. Die Stadt wolle an all jene Orte in der Landeshauptstadt erinnern, an denen sich die friedliche Revolution „Bahn gebrochen“ habe, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Montag bei der Vorstellung des Programms.

Daher beginnt der Gedenk-Marathon auch nicht erst am 9. November, dem Tag des Mauerfalls, sondern bereits am 4. Oktober. An jenem Tag vor 25 Jahren hatten sich rund 3000 Potsdamer vor der Babelsberger Friedrichskirche versammelt. Das Gotteshaus und der Weberplatz waren in den Vorwendetagen das Epizentrum des friedlichen Protestes gegen das SED-Regime. Am 4. Oktober 1989 wollten sich die Bürgerrechtler vom Potsdamer Neuen Forum der Öffentlichkeit vorstellen. Die Veranstalter hatten lediglich 200 Teilnehmer erwartet – aufgrund des riesigen Andrangs musste die Veranstaltung in der Friedrichskirche dreimal wiederholt werden. Dieser Abend vor 25 Jahren sei der Auftakt für den demokratischen Aufbruch in Potsdam gewesen, sagte Ulrike Poppe, die die Diktatur aufarbeitet.

Die Glienicker Brücke soll am Gedenktag nicht gesperrt werden

Mit einer Podiumsdiskussion am 4. Oktober um 18 Uhr in der Friedrichskirche wollen die Protagonisten von damals die Erinnerung an diesen Tag und den weiteren Verlauf der friedlichen Revolution in Potsdam wiederaufleben lassen. Mit dabei sind unter anderem der damalige Pfarrer der Friedrichskirche, Stefan Flade, und der Physiker Reinhard Meinel – zwei der Hauptfiguren der Potsdamer Wendezeit. Im Anschluss an die Diskussionsrunde will das Keimzeit Akustik Quintett Songs spielen, die die Potsdamer Band in jener Zeit populär gemacht haben. Er sei damals zwar „kein politischer Mensch“ gewesen und habe auch nicht an den Demonstrationen teilgenommen, sagte Bandchef Norbert Leisegang. Er sei aber glücklich, bei der Gedenkveranstaltung dabei sein zu dürfen.

Auch am 9. November ist die Friedrichskirche Schauplatz des Mauerfall-Jubiläums: Um 10 Uhr feiern die Pfarrerin des Gotteshauses, Sabine Müller, und die Superintendentin der evangelischen Kirche in Potsdam, Heilgard Asmus, einen Gedenkgottesdienst. Im Potsdam Museum gibt es am gleichen Tag um 11 Uhr eine Gesprächsrunde mit den Potsdamer Künstlern Christian Heinze und Peter Rohn, die den Abbau der Mauer in Potsdam grafisch und fotografisch festgehalten hatten. Um 15.30 Uhr an jenem Tag eröffnet Jakobs gemeinsam mit dem Bezirksbürgermeister von Spandau, Helmut Kleebank, die neu gestaltete Mauergedenkstätte in Groß Glienicke.

Die Glienicker Brücke soll feierlich angestrahlt werden

Höhepunkt des Veranstaltungsreigens dürfte am 10. November um 18 Uhr die Gedenkfeier an der Glienicker Brücke sein, die die Stadtverwaltung gemeinsam mit der Fördergemeinschaft Lindenstraße 54 organisiert. Unter dem Motto „Aus dem Dunkel ins Licht: Gedenken, Erinnern, Strahlen“ soll an den 25. Jahrestag der Öffnung des Grenzübergangs an dem symbolträchtigen Bauwerk erinnert werden, das in Potsdam sowohl für die jahrzehntelange Teilung Deutschlands als auch für seine Wiedervereinigung steht. Geplant sind unter anderem Gespräche mit mehreren Zeitzeugen, die den Mauerfall damals entweder auf Potsdamer oder auf Westberliner Seite erlebt haben. Darunter seien sowohl prominente als auch „ganz normale“ Bürger, sagte Potsdams Marketingbeauftragte Sigrid Sommer.

Zudem sollen Filme und Bilder aus der Wendezeit gezeigt werden, eine eigens für diesen Anlass choreografierte Illumination der Glienicker Brücke soll die Veränderungen verdeutlichen, die das Bauwerk und seine Umgebung vom Mauerbau über die Grenzöffnung bis zum heutigen Tag erfahren haben.
Gesperrt wird die Glienicker Brücke für die Veranstaltung übrigens nicht: Die Bühne soll auf der Wiese zwischen dem Ufer des Jungfernsees und der Schwanenallee aufgestellt werden.

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