Entscheidung im August: Neuer Eröffnungstermin für Flughafen auf der Kippe
Am 17. März 2013 soll der neue Hauptstadt-Flughafen in Betrieb gehen. Berlin Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit will an dem Termin zwar festhalten. Eine endgültige Entscheidung wird aber erst in zwei Monaten gefällt.
Der künftige Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg wird wegen der verspäteten Eröffnung wohl mehr als vier Milliarden Euro kosten - und damit gut eine Milliarde Euro teurer werden als bisher. Der angestrebte Starttermin 17. März 2013 steht ab sofort unter Vorbehalt und soll bis Mitte August überprüft werden. Das teilte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) als Chef des Flughafen-Aufsichtsrats nach einer mehrstündigen Sitzung des Kontrollgremiums am Freitagabend in Schönefeld mit.
Wowereit sagte, vordringlich sollten nun die Planungen für die Entrauchungsanlage geprüft werden, um „letzte Zweifel“ am Zeitplan auszuräumen. Aus jetziger Sicht sei der Termin 17. März 2013 zu halten. Um sicher zu gehen, will der Aufsichtsrat aber erst im August nach den weiteren Prüfungen endgültig entscheiden. Dies soll auch Aufgabe des neu bestellten Technikchefs Horst Amann werden. Der bisherige Manager des Frankfurter Flughafenkonzerns Fraport folgt auf den in Berlin gefeuerten Manfred Körtgen.
Die für den 3. Juni geplante Eröffnung des Milliardenprojekts in Schönefeld war wegen massiver Probleme mit der Brandschutztechnik kurzfristig geplatzt. Als neuer Termin war daraufhin der 17. März 2013 genannt worden.
Flughafenchef Rainer Schwarz sagte, wegen der Verschiebung des Betriebsstarts werde vorerst mit Mehrkosten von 586 Millionen Euro kalkuliert. Dies komme zu den zuletzt mit 3,1 Milliarden Euro veranschlagten Gesamtkosten dazu. Ursprünglich war von 2,5 Milliarden Euro Kosten die Rede gewesen.
Bildergalerie: So entsteht der neue Flughafen
Daneben muss laut Wowereit zusätzlich mit bis zu 591 Millionen Euro für einen erweiterten Lärmschutz gerechnet werden, den ein Gerichtsentscheid verlangt. Insgesamt könnten sich die Mehrkosten also auf bis zu 1,17 Milliarden Euro belaufen und am Ende rund 4,2 Milliarden Euro für das Gesamtprojekt fällig werden.
Die Summe von 586 Millionen Euro wegen der Terminverschiebung setzt sich zum einen aus 270 Millionen Euro zusammen, die als zusätzliche Baukosten anfallen. Hinzu kommen 110 Millionen Euro für den mehrmonatigen Interimsbetrieb auf den bestehenden Airports Tegel und Schönefeld bis zum 17. März 2013. Fünf Millionen Euro stehen als Vertragsstrafen an Unternehmen, die den Flughafen nutzen, bereits fest. 195 Millionen Euro sind als Risikovorsorge eingeplant.
Wowereit sagte, die vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verlangten Schallschutzmaßnahmen erreichten eine ganz andere Dimension als eingeplant. Ob die Summe von bis zu 591 Millionen Euro in voller Höhe zu zahlen ist, steht aber wegen weiterer juristischer Prüfungen noch nicht fest.
Ein Finanzierungskonzept für alle Mehrkosten soll die Flughafengesellschaft bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung im August vorlegen. Dabei sei sie zuerst selbst am Zuge, sagte der Aufsichtsratschef. Der Bund und die beiden Länder stünden aber zu ihrer Verantwortung als Gesellschafter. Dass sie Kapital nachschießen könnten, sei nicht ausgeschlossen.
Der bisherige Finanzrahmen liegt bei 3,36 Milliarden Euro. Davon stammen 2,4 Milliarden aus Krediten. Von den drei Gesellschaftern kommen 430 Millionen Euro, die Flughafengesellschaft will bisher eigene Mittel von 530 Millionen Euro beisteuern.
Bei der Aufsichtsratssitzung wurden auch Vertreter am Bau beteiligter Firmen direkt befragt, ob der Eröffnungstermin 17. März 2013 zu halten ist, woran die Bauaufsicht im Vorhinein bereits erhebliche Zweifel angemeldet hat. Die Sitzung begann am Freitagmorgen und zog sich den gesamten Tag über hin - abgeschottet von der Öffentlichkeit und direkt auf der Baustelle. Das Gremium wollte sich nicht mehr allein auf Aussagen von Flughafen-Manager Rainer Schwarz verlassen. Der wird auch für das Fiasko um den Schallschutz verantwortlich gemacht.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte das bisherige Lärmschutzprogramm des Flughafens als „systematischen“ Verstoß gegen den Planfeststellungsbeschluss gekippt. Weil die FBB zu gering dimensionierte Schallschutzvorrichtungen bewilligte, droht Ärger mit der Justiz. Die Staatsanwaltschaft Potsdam prüft „derzeit vier Strafanzeigen betroffener Anwohner im Zusammenhang mit der bisherigen Lärmschutzpraxis“, bestätigte Sprecher Helmuth Lange dem Tagesspiegel. Betroffene werfen dem Flughafen Betrug vor (mit dpa).
Thorsten Metzner, Christian Tretbar