Gedenkstätte Bernauer Straße: Neue Ausstellung mit Blick auf die Berliner Mauer
Die Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße wird nach einjähriger Sanierung wiedereröffnet. Auch ein neuer Außenbereich ist entstanden. Ein Besuch.
Die Bernauer gehört zu den geschichtsträchtigsten Straßen der deutsch-deutschen Geschichte. Hier standen die Häuser so dicht am Grenzstreifen, dass ihre Fassaden in einigen Abschnitten Teil der Berliner Mauer wurden. Hier entstanden die Bilder von Menschen, die aus ihren Ost-Berliner Fenstern in die Tücher der West-Berliner Feuerwehr sprangen. Das erste Todesopfer der Mauer, Ida Siekmann, war an der Bernauer Straße zu beklagen. Hier begann im Juni 1990 auch der geordnete Abbau der Mauer, 8 Monate nach dem Mauerfall.
Heute steht an diesem Ort die Gedenkstätte Berliner Mauer und ist eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten in Berlin. Rund 450.000 Besucher kamen 2013 in das Dokumentationszentrum, über 850.000 besuchten die Open-Air-Ausstellung.
Die Geschichte von Erbau und Überwindung der Mauer
Im Oktober 2013 wurde das Dokumentationszentrum zur Sanierung geschlossen. Wiedereröffnet wird es - samt neuer Ausstellung - am 9. November durch den Stiftungsdirektor Axel Klausmeier, Kanzlerin Angela Merkel, Bürgermeister Klaus Wowereit, sowie Kulturstaatssekretärin Monika Grütters. Ab 14 Uhr kann man die neue Ausstellung besuchen.
„Die neue Ausstellung erzählt auf zwei Stockwerken die ganze Geschichte der deutschen Teilung im internationalen Kontext“, sagt Klausmeier, „auf 420 Quadratmetern erzählen wir die Geschichte von Erbau und Überwindung der Mauer.“ Am Ende sei ein internationaler Ort der Hoffnung entstanden.
Auch der Außenbereich wurde im letzten Jahr ebenfalls erweitert. Die Abschnitte zwischen Brunnen- und Ruppiner Straße, sowie Wollin- und Schwedter Straße wurden fertig gestellt. „Auf jetzt 5 Hektar wird in der Open-Air-Ausstellung die Mauergeschichte der Bernauer Straße erzählt“, sagt Klausmeier. Die Ausstellung im Dokumentationszentrum soll die ortsbezogene Geschichte in einen politischen Kontext stellen.
Das wichtigste Exponat: Die Berliner Mauer
Allein der Ort der Ausstellung ist geschichtsträchtig: Das Haus wurde 1965 als Ausweichkapelle gebaut für die evangelische Versöhnungsgemeinde, deren ursprüngliche Kirche wenige Tage nach dem Mauerbau zugemauert wurde, da sie mitten im Todesstreifen stand. Ihre Nutzung als Kirche sieht man dem Dokumentationszentrum noch heute an: Bleiglasfenster im zweiten Stock, hohe, akustisch günstig geschnittene Räume.
Ebenjene Räume sind jetzt gefüllt mit authentischen Ausstellungsstücken, Propagandapostern, Portraits von Menschen, die die Mauer überwunden haben – oder beim Versuch gestorben sind. Dabei bleibt immer der Blick durch die weiten Fenster nach außen offen, auf das wichtigste Exponat der Ausstellung: Die Reste der Berliner Mauer.
Beim Betreten des unteren Ausstellungsraums laufen auf einem Bildschirm Fernsehbilder des Mauerfalls. Die Kopfhörer sind nicht wie üblich zum auf den Kopf setzen, sondern spielen laut genug, damit man zu zweit oder dritt zuhören kann, nicht aber so laut, dass der ganze Raum beschallt wird. Für Besucher, die keine Lust haben, sich alleine mit einem Video zu beschäftigen, eine gelungene Neuerung.
Kinderspur für kleine Besucher
Die im Raum aufgestellten Stellwände erzählen die Geschichte des Mauerbaus und der ersten Jahre danach. Mithilfe von Audio-, Video- und kurzen Texten soll der Besucher einen Eindruck bekommen, wie sich das Leben der Deutschen auf beiden Seiten der Berliner Mauer im Laufe der 60er Jahre geändert hat. Besonders nett dabei: Durch die gesamte Ausstellung zieht sich eine „Kinderspur“, also Texte auf den Wänden, die besonders niedrig angebracht sind: auf jüngere Besucher zugeschnitten.
Vorbei am hinteren Teil des Raumes mit kleinen Videos, in denen persönliche, mit der Mauer verwobene Geschichten erzählt werden, gelangt man in den zweiten Stock, wo früher die Predigten abgehalten wurden und heute DDR-Propaganda von den Decken hängt.
Die Plakate der SED zeigen beispielsweise einen jungen, seine Haut von der harten Arbeit in der Industrie gegerbt, mit dem Slogan: „DDR, mein Staat“. Kontrastiert werden die Propagandaposter mit Fotografien der Wirklichkeit: So zum Beispiel die Schlange vor einer Fleischerei oder die Trabbi-Friedhöfe in Ungarn, wo Ostdeutsche Flüchtlinge ihre Autos auf dem Weg in den Westen zurückließen.
Der Sound der 90er Jahre
Die Ausstellung erzählt im zweiten Stock die Geschichte der 70er und 80er Jahre bis zum Mauerfall: Von der Normalität der Mauer im Alltag von Ost- und Westberlinern und vom „Erwachen der osteuropäischen Staaten, während des verordneten Stillstands der DDR“, wie Klausmeier die letzten Jahre vor der Wende beschreibt.
Am Ende des Raumes, wo früher der Altar stand, sieht man heute einen Mann auf den Resten der Mauer am Potsdamer Platz posieren – kurz nachdem die ersten Stücke herausgeschlagen wurden. Durch die alte Kapelle tockert es – Audioaufnahmen von Mauerspechten, dem „Sound der 90er Jahre“, wie Klausmeier es nennt.
Neben dem großformatigen Foto zeigt ein letzter Infotisch, was sich seitdem verändert hat. Die Besucher sind hier eingeladen, ihre persönlichen Erfahrungen mit der Mauer in Berlin oder anderswo aufzuschreiben und zu teilen. „Es gibt Mauern in vielen Ländern der Welt und unsere Besucher sind zu fast 60 Prozent international.“, sagt Klausmeier. Die Berliner Mauer bleibe trotzdem ein Sonderfall: „Es ist die einzige Mauer weltweit, die gegen ihr eigenes Volk errichtet wurde.“