Berlin-Friedrichshain: Neue Arena, neues Einkaufszentrum, neuer Vorplatz
Berlins größte Halle erhält neues Interieur samt neuem Namen. Ein Einkaufszentrum entsteht nebenan. Auch der Platz davor erhält einen neuen Namen. Den einer Frau?
Ein letztes Mal, weil es so schön ist, wollen wir es noch mal schreiben: O2-Arena. Die Friedrichshainer Jahre des iberischen Mobilnetzriesen sind bald vorbei. An der Wettkampfstätte von Berlins Basketballern Alba und vom Hockeyteam Eisbären ist ab Juli nichts mehr, wie es einmal war, denn fortan lautet deren neuer Name: „Mercedes-Benz-Arena“. Der schwäbische Automulti, der sich zuvor schon im fernen Schanghai die Namensrechte an der dortigen Sport- und Event-Halle von US-Investor Anschutz sicherte, setzt nun auch auf dessen Berliner Entwicklungsgebiet am Ostbahnhof Zeichen.
Die Markenoffensive macht Sinn: In Friedrichshain hatte Mercedes bereits ein Bürohaus gebaut. Und in den Neubau auf dem Anschutz-Areal war er mit seinen Vertriebsmitarbeitern eingezogen, die Abschied nehmen mussten vom glamourösen Potsdamer Platz, den der Konzern in den 1990er Jahren entwickelt hatte. Die Zeiten ändern sich, und der Stern ist an der Spree aufgegangen, über dem Dach des neuen Bürogebäudes. Deshalb wird von der Fassade der Arena nicht ein weiteres Logo prangen, sondern der Schriftzug „Mercedes Benz“. Auch der Platz vor der Multifunktionshalle wird nach dem Automobilkonzern benannt. Wie berichtet, gab es auch die Idee, den Platz nach Manfred-von Richthofen zu benennen. Die Straße vor der Mercedes-Vertriebsadresse hat Daimler nach langer Diskussion nach der ungarischen Zwangsarbeiterin und Künstlerin Edith Kiss benannt.
Wie viele Millionen sich der Autobauer die Werbung kosten lässt, bleibt das Geheimnis der beiden Unternehmen. Alles andere als unbedeutend ist die Summe, denn „ohne diese Partnerschaft hätten wir die Halle nie gebaut“, sagt Michael Hapka, einer der Chefs der Anschutz-Gruppe, über das Füllhorn, das der bisherige Sponsor O2 über den US-Konzern ausschüttete. In der Arena könnten auch die Olympischen Spiele stattfinden - das 48-seitige Olympia-Konzept finden Sie unter diesem Tagesspiegel-Link.
Mercedes dürfte nach dem Ende der rund achtjährigen Beziehung von Anschutz und dem Netzmulti noch mal tiefer in die Tasche greifen. Denn inzwischen ist das Quartier an der East Side Gallery eine Adresse in der Stadt. Neubauten entstanden rund um die Halle oder sind gerade im Bau wie das Shoppingzentrum „Freo“ zum Beispiel. Dass hier einmal Ödnis im Schatten der Mauer war, ist nicht mehr zu erkennen.
Santana, Mark Knopfler und U2 werden als erste Popstars auf der Friedrichshainer Bühne das neue Stern-Zeitalter einläuten. 20 Jahre soll die Liaison zwischen Mercedes und Anschutz halten, so lange laufen die Verträge jedenfalls. Ein halbes Jahr bleibt aber noch Zeit für die Umgestaltung und Umbenennung von Websites und Briefbögen.
Auch neue Straßenschilder braucht es, 500 Euro kostet eins davon, heißt es bei Anschutz. Die Kosten dafür übernehme die Gruppe. Wer allerdings die neuen Schilder für die Verkehrslenkung bezahlt, die weiter weg in der Stadt, so am Potsdamer Platz, zur O2-Arena weisen, ist noch unklar. Die Bezirke womöglich?
Angeblich sieben Millionen Euro pro Jahr
Spekulationen, wonach Mercedes knapp sieben Millionen Euro für die Namensrechte bezahlt, wollte Sprecherin Konstanze Fiola nicht kommentieren. Die Umgestaltung der Arena werde erst im Sommer beginnen. Schon heute verfüge die Firma über eine Vip-Lounge, Werbung von Mercedes laufe auf den Lichtwänden der Arena. Wie stark das Mercedes-„Branding“, wie es im Marketingsprech heißt, künftig das Erscheinungsbild der Halle verändern wird, ist an Simulationen zu erkennen: Silbergrau und Anthrazit sind die dominierenden Farben, und mit etwas Fantasie erinnern die Lamellen an der Fassade der Halle an die überdimensionale Verkleidung eines Motorkühlers. Auch im Innern der Halle greifen die Designer in die Farbtöpfe mit den vornehm-kühlen Tönen – und der Stern prangt an der Unterseite der zentralen Anzeigentafel.
Die Investoren auf dem Areal dürfte es freuen, dass die Traditionsmarke sich an der Warschauer Straße ausbreitet. Allen voran der österreichische Baukonzern „Strauss + Partner“, der an diesem Donnerstag passenderweise Richtfest feiert für einen 17.000 Quadratmeter großen Neubau. Den Gebäudetrakt nennen die Österreicher „Arena-Boulevard“ und ließen sicherheitshalber den schon mal wechselnden Sponsorennamen weg. Zuvor hatte der Konzern in dem Quartier schon das Hotel Holiday Inn gebaut mit mehr als 200 Zimmern. Das eröffnete im vergangenen Jahr. Außerdem entstanden Bürogebäude mit einer Fläche von 26.000 Quadratmetern.
Wohnungen werden ebenfalls auf dem Anschutz-Areal gebaut. 420 an der Zahl allein in zwei Hochhäusern, die nach Wilhelm Buschs Bösewichten Max und Moritz benannt sind. Die Türme wachsen westlich der Arena gerade in den Himmel. Weitere Hochhäuser sollen folgen: Eins davon, 90 Meter hoch, östlich der Arena und ein weiteres, 135 Meter hoch, an der Warschauer Brücke.