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Gedenkort oder Tourimagnet? Darüber, was mit den freien Flächen am Checkpoint Charlie passieren soll, streitet sich die Koalition heftig.
© Paul Zinken/dpa

Gedenkort in Berlin: Nebulöse Pläne am Checkpoint Charlie

Die Firmengruppe Trockland will am Checkpoint Charlie bauen. Doch sie lässt viele Fragen über ihre Geschäftspolitik offen.

Vielen Berlinern war der Checkpoint Charlie „schnuppe“ – jedenfalls bis immer mehr Details über exklusive Absprachen des Landes mit einer ausgewählten Investoren-Gruppe bekannt wurden und schließlich auch noch Minderheitsbeteiligungen von Familienmitgliedern des turkmenischen Despoten Saparmurad Niyasov an Trockland-Firmen.

Denn der Checkpoint Charlie ist vor allem ein Hotspot für Berlin-Besucher überwiegend aus Übersee, die dort auf den Spuren der Geschichte wandeln: Hier standen sich sowjetische und US-Panzer schussbereit gegenüber, hier spionierten sich Agenten der beiden verfeindeten Blöcke gegenseitig aus, hier war mitten in Berlin die Stadt in zwei Teile zerrissen und deshalb stehen die Bilder vom Checkpoint weltweit als Symbol für eine nach 1945 ideologisch zerrissene Welt: Kapitalismus hier, Sozialismus dort.

Deshalb griff auch die Londoner „Times“ den Streit um den Checkpoint auf. Hochgekocht war dieser kurz vor dem ersten „Workshopverfahren“ zur Bebauung der letzten beiden freien Grundstücke an der Friedrichstraße. Noch herrscht dort ein bunter Budenzauber mit Schauspielern in Alliierten-Uniformen, Touristenbusse versperren die Straßen und Jugendliche erkunden das bei Historikern umstrittene „Haus am Checkpoint Charlie“, um dem Grusel der Tunnelbauten und Ballonfluchten über den „Eisernen Vorhang“ nachzuspüren. Auf mehr Gnade bei Zeitgeschichtlern trifft die Ausstellung „Black Box Kalter Krieg“ auf der östlichen Baubrache. Diese wird vom „Zentrum Kalter Krieg am Checkpoint Charlie“ unterstützt, gleichsam als Infobox des dort geplanten Museums.

Wer das Museum baut oder wo dieses unterkommt und wie es betrieben wird – das steht im Zentrum des Streits um den Checkpoint. Investor Trockland war mit dem Vorschlag in das Workshopverfahren gegangen, dem Land 3500 Quadratmeter Mietfläche in einem der geplanten Neubauten anzubieten für 22 Euro je Quadratmeter – zwei Drittel davon im Keller. Das Museum sollte westlich der Friedrichstraße entstehen, in der historisch weniger bedeutsamen Lage. Vor dem Gebäude war eine 1000 Quadratmeter große „Plazza“ vorgesehen „und teilweise dem Museum vorbehaltener Ausstellungsfläche“.

Kritik vor allem an geplantem "Hard Rock"-Hotel

Was davon in einer bereits zuvor mit drei Senatsverwaltungen unterzeichneten Absichtserklärung vereinbart ist, bleibt unbekannt, weil deren Inhalt geheim gehalten wird. Aber diese Festlegungen sorgten während des Workshops für Streit mit Stadtplanern und Experten, die darin einen Ausverkauf des historischen Ortes sehen. Vor allem stört die Kritiker, dass eine Filiale der internationalen Franchise-Kette „Hard Rock“-Hotel auf dem historisch bedeutsamen östlichen Grundstück fest geplant ist.

Sie befürchten, dass ein schrilles Gebäude entsteht, dass das „Kellermuseum“ gegenüber in den Schatten stellt. Auch der nur für begrenzte Zeit geltende Mietvertrag nährt die Sorge, dass dieser nach 20 Jahren nicht verlängert wird oder Vereinbarungen bei einem Wechsel des Eigentümers rechtlich ohne Bestand sein könnten. Das alles bestreitet Trockland.

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Fragen warf sehr bald auch der Partner des Senats selbst auf, die Firmengruppe Trockland mit Partnern auf der Inselrepublik Zypern, die im Handelsblatt als Heimathafen für Briefkastenfirmen reicher Russen gehandelt wird. „Unerträglich“ nannte Trockland-Chef Nathaniel Fragen dazu, nämlich „dass jemand wegen seiner Staatsbürgerschaft, ob er nun aus Israel oder Deutschland kommt, vorverurteilt wird“. Er habe seine Firma mit seinem „Freund“ gegründet, der nun mal Zypriote sei, und sein Partner Vladimir Sokolov sei eben Russe.

Dass Sokolov der Schwiegersohn des turkmenischen Despoten Niyasov ist, dazu wollte sich die Gruppe später nicht mehr äußern, ließ sie Rechtsanwälte mitteilen. Auch nicht zum Umfang der Beteiligungen der Witwe des verstorbenen „Oberhauptes aller Turkmenen“ und der Beteiligungen von dessen Tochter und Enkelin. Sokolov ist Nathaniel zufolge eine „wesentliche Säule“ von Trockland. Und innerhalb der Familie wechselten immer mal wieder Anteile an Trockland-Firmen von einer Hand in die andere: Zwischen Sokolov und seiner Schwiegermutter, dieser und ihrer Enkelin.

Auf die Tagesspiegel-Veröffentlichung zu den exotischen Partnern der Gruppe distanzierten sich Linkspartei und Grüne stärker von den exklusiven Verhandlungen mit nur diesem einen Investor am Checkpoint. Bereits zuvor hatte die Fraktion der Grünen ein Museum in öffentlicher Trägerschaft gefordert und den Ankauf des Baulands. Linke und SPD waren noch gespalten.

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