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Für Historiker Hubertus Knabe, den entlassenen Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, haben sich die Türen geschlossen.
© Christian Thiel/Imago

Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen: Nachfolge von Hubertus Knabe ist unklar

Einigkeit bei Rot-Rot-Grün in der Gedenkstättenaffäre: Der langjährige Leiter Knabe muss gehen. Opposition spricht von einem politischen Vorgang.

Die Entscheidung des Stiftungsrats der Stasi-Opfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Direktor Hubertus Knabe zu entlassen, wird von der rot-rot-grünen Koalition voll unterstützt. Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Sabine Bangert, lobte die „sehr gründliche Aufarbeitung des Falls“ durch den Kultursenator und Chef des Stiftungsrats, Klaus Lederer (Linke). Er habe „in hervorragender Weise“ auf die Probleme in der Gedenkstätte reagiert. Nun sei der Weg frei für einen personellen Neuanfang, sagte Bangert dem Tagesspiegel. „Die Aufarbeitung der SED-Diktatur steht überhaupt nicht infrage.“

Sie empfinde es als bedrückend, sagte Bangert, dass die Mitarbeiterinnen in der Gedenkstätte die Situation so lange ertragen hätten, ohne sich gegen den „Sexismus in der Führungsetage“ zur Wehr zu setzen. Ein solches Verhalten von Vorgesetzten, das jetzt zur Entlassung von Knabe und dessen Stellvertreter Helmuth Frauendorfer führte, sei nirgendwo akzeptabel. Es sei „unglaublich“, dass die AfD nun versuche, die einstimmige Entscheidung des Stiftungsrats zu einer linken Verschwörung umzudeuten.

Der Stiftungsrat hatte den Direktor der Gedenkstätte, für die der Bund und das Land als Träger zuständig sind, am Dienstag freigestellt. Ihm soll ordentlich gekündigt werden. Man habe kein Vertrauen, dass Knabe „den dringend notwendigen Kulturwandel in der Stiftung einleiten wird, geschweige denn einen solchen glaubhaft vertreten kann“. Jetzt wird dem Vernehmen nach vorerst ein Interims-Chef für die Gedenkstätte gesucht, „um die Situation so schnell wie möglich zu stabilisieren“, hieß es (siehe Kasten).

Der SPD-Kulturexperte Frank Jahnke fand die Entlassung Knabes überraschend. „Das ist eine Zäsur für die Gedenkstätte.“ Aber Lederer habe alle Beteiligten frühzeitig und transparent über sein Vorgehen informiert. Auch die Linken-Politikerin Regina Kittler (Linke) sprach von einer „Entscheidung, die ich akzeptiere angesichts der unfassbaren Verhältnisse, die in der Gedenkstätte geherrscht haben“. Wenn es nach ihr ginge, sagte Kittler, solle für die Nachfolge gezielt nach einer Frau gesucht werden.

Teile der Opposition im Abgeordnetenhaus sehen in der Absetzung Knabes dagegen einen politisch motivierten Akt. „Der Rauswurf des anerkannten Gedenkstättenleiters ist die späte Rache der SED-Erben in Gestalt des Linkspartei“, sagte der FDP-Abgeordnete Stefan Förster. Auch die AfD empörte sich: „Das jetzt inszenierte Schauspiel erinnert fatal an kommunistische Säuberungen in der DDR“, teilte der Berliner AfD-Vorsitzende Georg Pazderski mit. Knabe habe die Gedenkstätte zu einem Zentrum gegen Linksextremismus entwickelt und sei deshalb für den Senat politisch unbequem geworden. Pazderski forderte: „Hubertus Knabe muss umgehend rehabilitiert und wieder als Gedenkstättenchef eingesetzt werden.“

Deutlich differenzierter äußerte sich Dieter Dombrowski. Der CDU-Politiker und frühere Stasi-Häftling ist Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) und gehörte als Stiftungsratsmitglied zu den Vertrauten Knabes. Dombrowski würdigte dessen jahrelange Arbeit. Die Vorwürfe der betroffenen Frauen gegen Frauendorfer bezeichnete er aber als „glaubhaft und teilweise unstrittig“ und betonte: „Im Stiftungsrat war nicht die Qualität der Arbeit von Direktor Knabe und seinem Stellvertreter Frauendorfer zu bewerten. Es war vielmehr die Frage zu beantworten, ob der Umgang mit den Vorwürfen angemessen war.“ Und weiter: „Der Stiftungsrat war in Würdigung aller Umstände zu der Einschätzung gelangt, dass ein glaubhafter Neuanfang mit Direktor Knabe nicht möglich ist.“

Ähnlich äußerte sich der CDU-Kulturpolitiker Robbin Juhnke. Fachlich habe Knabe eine „hervorragende Arbeit“ geleistet, sagte er. Die Details der Absetzung kenne er nicht. Einen Alleingang Lederers im Stiftungsrat – in dem neben Dombrowski mit Maria Beiring eine als konservativ geltende Vertraute von Kulturstaatssekretärin Monika Grütters (CDU) sitzt – hält er für unrealistisch.

Knabe hinterlasse eine „riesige Lücke“, die man in einem klar strukturierten Verfahren neu besetzen müsse, bei dem es einzig um die Qualifikation gehe, forderte Juhnke. „Der Eindruck, ein kritischer Geist werde durch einen willfährigen ersetzt, darf nicht entstehen.“ CDU-Fraktionschef Burkard Dregger ergänzte: „Wir müssen jetzt verhindern, dass die Neubesetzung dieses wichtigen Amtes dazu missbraucht wird, den Blick auf das DDR-Unrechtsregime zu vernebeln. Es darf keine parteipolitische Einflussnahme geben.“

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