Rot-Rot-Grün in Berlin: Müller zieht positive Bilanz zu 100-Tage-Programm
Die rot-rot-grüne Koalition habe fast alle vereinbarten Vorhaben gut auf den Weg gebracht, erklärte der Regierende Bürgermeister. Die Opposition sieht das natürlich ganz anders.
Gut vier Monate nach dem Start des rot-rot-grünen Senats hat Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller eine positive Zwischenbilanz gezogen. Nahezu alle der am 9. Januar bei einer Senatsklausur beschlossenen rund 60 Vorhaben seien auf den Weg gebracht, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch. Als Beispiele nannte er den Auszug der Flüchtlinge aus Turnhallen oder die Vereinbarung mit den städtischen Wohnungsgesellschaften zur Begrenzung von Mieterhöhungen. Für Hochschulen gebe es mehr Geld, das Sozialticket für Bus und Bahn werde für Menschen mit weniger Geld billiger.
Lediglich beim Klimaschutzprogramm und bei einem geplanten Gesetz zur Reform des sozialen Wohnungsbaus seien die gesetzten Ziele noch nicht erreicht worden, sagte Müller weiter. Dies werde aber in den nächsten Wochen nachgeholt. Der Senat hatte sich am 9. Januar auf ein 100-Tage-Sofortprogramm geeinigt, dessen Frist am Mittwoch ablief.
Müller kündigte vor dem Volksentscheid über einen Weiterbetrieb des Flughafens Tegel eine eigene Informationskampagne der Landesregierung an. Ziel werde sein, „sehr deutlich“ auf rechtliche Risiken eines Tegel-Weiterbetriebs hinzuweisen, auf zusätzliche Kosten etwa für Lärmschutz und die Auswirkungen für den neuen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld.
Bisher planen der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg, den alten Flughafen nach der BER-Eröffnung zu schließen. Die Gegner argumentieren, Tegel werde weiter gebraucht, weil der BER das gestiegene Passagieraufkommen allein nicht stemmen könne.
Scharfe Kritik am Senat
Die Opposition stellte der Koalition angesichts der 100-Tage-Bilanz hingegen ein miserables Zeugnis aus. Die Fraktionen von CDU, FDP und AfD warfen am Mittwoch der Koalition einhellig Klientelpolitik vor. Rot-Rot-Grün setze "Ideologie vor Sicherheit, Klientelinteressen vor Gemeinwohl und Stillstand vor Handlungsfähigkeit", erklärte etwa CDU-Fraktionschef Florian Graf. In einer Mitteilung der Berliner CDU hieß es, der Senat kümmere sich "vor allem um die Belange kleiner, aber lautstarker innerstädtischer Interessengruppen". Die Parteiführung forderte, dass der Senat stattdessen drängende Probleme lösen solle - Wohnungen und Schulen bauen, die Verkehrsinfrastruktur ausbauen und "die schweren Defizite der Berliner Bildungspolitik beseitigen". Für die Bundestagswahl sei Rot-Rot-Grün in Berlin ein abschreckendes Beispiel.
Auch die im Herbst ins Abgeordnetenhaus zurückgekehrte FDP ließ kein gutes Haar an dem Linksbündnis. Fraktionschef Sebastian Czaja bezeichnete Müllers 100-Tage-Programm als "Ideenskizze der Banalitäten". Wichtige Probleme blieben ungelöst. Czaja forderte einen landeseigenen Schulbaubetrieb, eine bessere Ausstattung der Polizei sowie ein gesamtstädtisches Verkehrskonzept anstelle einer einseitigen Förderung des Radverkehrs. Zudem herrsche unter den Koalitionsparteien Missgunst.
AfD-Fraktionschef Georg Pazderski erklärte, den Senatoren gehe es "vor allem um üppige Versorgung und wirtschaftliche Absicherung der eigenen Führungskader". Als Beispiele nannte Pazderski Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), die ihren Sitz im Abgeordnetenhaus behielt, und den ehemaligen SPD-Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup, der nun Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg ist. (dpa)
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