Prozess zu Brandanschlag in Nauen: Mitangeklagte belasten NPD-Politiker Maik Schneider schwer
Eine Gruppe von Männern soll eine als Flüchtlingsunterkunft vorgesehene Turnhalle in Nauen niedergebrannt haben. Der angeklagte NPD-Politiker Maik Schneider spricht von "kriminellem Unfug".
War es eine „rechte Stadtguerilla“, von der Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) nach dem Brandanschlag auf eine als Asylunterkunft im August 2015 in Nauen (Havelland) sprach? Oder war es nur eine lose Gruppe, deren Mitglieder zu viel Alkohol tranken, Drogen nahmen, teils gescheiterte Existenzen sind? Der Prozess gegen den Nauener NPD-Politiker Maik Schneider und fünf weitere Angeklagte begann am Donnerstag vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Potsdam mit umfangreichen Aussagen. Dabei belasteten vier Angeklagte den NPD-Mann schwer.
Der wiederum stritt alle Vorwürfe ab, bezeichnete den Brandanschlag auf die Turnhalle als Versehen. Er wollte nur ein Zeichen setzen, sagte der 29-Jährige. Das Feuer sollte die Fassade nur vollrußen, als Zeichen des Protests gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in der Halle.
Angeklagte sollen eine kriminelle Vereinigung gegründet haben
Schneider und den fünf anderen Angeklagten wird vorgeworfen, Anfang 2015 eine kriminelle Vereinigung gegründet zu haben. Ihr einziges Ziel soll es gewesen sein, dass in Nauen kein Flüchtlingsheim eingerichtet wird, keine Ausländer in die Stadt kommen. Die Anklage lautet zudem auf schwere Brandstiftung, Sachbeschädigung und Nötigung. Der Brandanschlag auf die Turnhalle war nur der Höhepunkt einer Reihe von Attacken.
Die Serie von Straftaten begann am 12. Februar 2015, als ein von Schneider angestachelter Mob eine Stadtverordnetenversammlung zu einem Asylheim massiv störte, so dass sie abgebrochen werden musste. Als weitere Tat führt die Anklage einen Fall vom 17.Mai 2015 auf. Es war der Brandanschlag aufs Auto eines Polen in Nauen. Die Staatsanwaltschaft hält Dennis W. für den Täter, er soll den Plan von Maik Schneider umgesetzt haben. Wieder Dennis W. soll an einem Lidl-Discounter eine Zylinderbombe gezündet haben – „gemäß dem Willen der Gruppe“.
Bei einem weiteren Anklagepunkt geht es um einen Anschlag mit Farbbeuteln auf das Nauener Büro der Linkspartei – im Auftrag von Schneider. Frank E. und Christopher L. führten ihn aus. Letzterer hat Ende Juli 2015 auch „im Suff“, wie er sagte, auf der Baustelle für ein neues Übergangsheim für Flüchtlinge mit einem Brandsatz eine Dixie-Toilette in Brand gesetzt.
Am Ende der Serie steht die Brandruine der Turnhalle. Drei Angeklagte belasteten Schneider nun schwer. Demnach soll Schneider zuvor seit Wochen auf den Anschlag auf die Turnhalle hingearbeitet haben. Er soll gesagt haben: „Es muss brennen.“ Sie besorgten alte Autoreifen, Holzpaletten, eine Mülltonne aus Plastik, Kanister mit Benzin und Öl sowie eine Gasflasche. Am Abend des 24. August trafen sie sich, Schneider, Dennis W. und Sebastian F. brachten die Utensilien zur Turnhalle, die sie schon zuvor ausgekundschaftet hatten. Dort sollen sie alles aufeinandergestapelt und angesteckt haben. Drei andere sollen in der Umgebung Schmiere gestanden haben.
Nur Schneider wies alle Vorwürfe gegen ihn zurück
Die noch neue Halle brannte komplett nieder, selbst die Feuerwehrleute waren verwundert. Der Grund dafür war die geöffnete Gasflasche. Laut Anklage sorgte sie für mehrere größere Feuerwellen, das Hallendach ging binnen weniger Minuten komplett in Flammen auf. Tage später soll Schneider dann, so berichteten mehre Angeklagte über eine Gruppe im Handychatprogramm Whatsapp, ein Video von der brennenden Halle verschickt haben. Die Chatgruppe hieß: „Heimat im Herzen“.
Alle haben etwas gemeinsam: Schneider brachte sie dazu, bei rechten Demonstrationen gegen Flüchtlinge mitzugehen, Flyer zu verteilen – und sie hatten ein Problem mit den Flüchtlingen und einem Asylheim in der 12 000-Einwohner-Stadt. Ihr zentraler Treffpunkt war eine Kneipe. Bei fast jeder von den Mitangeklagten eingeräumten Taten spielte massiver Alkoholkonsum eine Rolle.
Nur Schneider wies alle Vorwürfe gegen ihn zurück, erklärte sich für unschuldig – er räumte nur den Brandanschlag ein. Eine spontane Tat und ein Unfall, wie er sagte. Das Ziel seines „kriminellen Unfugs“: Die Fassade sollte nur durch den Rauch des Feuers schwarz werden. Dass die Halle dann doch niederbrannte und ein Schaden von 3,5 Millionen Euro entstand, begründete Schneider mit dem Wetter und Adrenalinschüben.
Am Dienstag wird der Prozess fortgesetzt, Befangenheitsanträge möglich
Die Whatsapp-Gruppe habe nur der Information über seine politische Arbeit gedient. „Ich bin nicht ausländerfeindlich“, sagte er. Er habe die Turnhalle, er nennt sie Volkseigentum, nicht abfackeln wollen, es sollten nur keine Flüchtlinge dort über Monate „wie Vieh“ behandelt werden. Schneider gab bei all dem einen verwirrten Eindruck ab, fast wie im Rausch, er duzte das Gericht: „Ihr kennt euch da besser aus“.
Ein Schöffe, ein älterer Herr, verlor bei all dem die Fassung, schüttelte mit dem Kopf. Schneider sprach ihn an. Der Schöffe blaffte zurück, der „Quatsch, den Sie erzählen“, sei kaum zu glauben. Eine schwere Belastung für das Gericht, eine Einladung zu Befangenheitsanträgen. Am Dienstag soll der Prozess fortgesetzt mit einer Aussage des sechsten Angeklagten. Offen ist, ob es dazu noch kommt, oder ob ein Neustart nötig ist.