Der Klimawandel verändert Europa: Mit Wärmestau ist zu rechnen
Europa wird künftig öfter unter langen Hitzeperioden leiden – denn der Jetstream verlangsamt sich.
Rekordhitze und Dürren in Nordamerika und Westeuropa, Starkregen und Überschwemmungen in Südosteuropa und Japan – der Sommer 2018 war geprägt von extremen Wetterereignissen auf der Nordhalbkugel. Sie traten nahezu gleichzeitig im Juni und Juli auf.
Das war kein Zufall, sondern die Wetterextreme hatten etwas gemeinsam. Sie waren verbunden durch ein besonderes Wellenmuster im Höhenwindband des Jetstreams, heißt es in einem Aufsatz, den ein internationales Team von Klimaforschern dieses Frühjahr im Magazin „Environmental Research Letters“ veröffentlichte.
Der Jetstream umkreist die Erde von Westen nach Osten in Höhe des 60. Breitengrads. In Europa ist das ungefähr die Lage von Helsinki. Der Starkwind weht in der Höhe von acht bis zwölf Kilometern und wird angetrieben vom Temperaturunterschied zwischen der Polarregion und den Tropen.
Da sich die Arktis in Zeiten des Klimawandels stärker erwärmt als der Rest des Globus, nehmen die Temperaturunterschiede ab. Dadurch bläst der Jetstream weniger stark und neigt zur Schlaufenbildung.
Diese Wellen des Windbands bleiben deshalb auch längere Zeit an einem Ort stehen, statt weiterzuwandern. Dadurch halten sich die Hoch- und Tiefdruckgebiete länger an einem Ort auf – und werden zu Wetterextremen.
Das gleiche Muster war während der europäischen Hitzewellen in den Jahren 2015, 2006 und 2003 zu beobachten. Sie gehörten zu den extremsten, die jemals aufgezeichnet wurden. 2003 starben mehrere Zehntausend vor allem ältere Menschen in Europa an den Folgen der Hitze.
„Unsere Studie zeigt, dass die spezifischen Orte und der Zeitpunkt der Wetterextreme im Sommer 2018 direkt mit dem Entstehen eines sich wiederholenden Musters im Jetstream verbunden waren“, sagte der Hauptautor der Studie, Kai Kornhuber von der Universität Oxford und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Kornhuber und Kollegen bezeichnen es als Welle-7-Muster. Dabei bildet der Jetstream rund um den Globus eine Welle mit sieben Auf- und Abschwüngen aus. Das Beunruhigende daran ist, dass die Wellen 2018 und auch 2015, 2006 und 2003 immer an der gleichen Stelle rund um den Planeten stillstanden.
Die Bergketten drücken dem Jetstream ein Muster auf
Laut Kornhuber hat das vermutlich mit dem Relief der Erdoberfläche zu tun. „Bergketten wie die Rocky Mountains und der Himalaja bilden natürliche Barrieren, wo der Wind in bestimmte Richtungen gelenkt wird“, sagt der Forscher. Diese Bergketten würden der Atmosphäre bis in die Höhe, wo der Jetstream weht, ein Muster aufdrücken.
Die Forscher erwarten, dass das Wellenmuster wegen der globalen Erwärmung in Zukunft noch häufiger auftreten wird. „In den zwei Jahrzehnten vor 1999 gab es keine Sommer, in denen wir dieses Muster der stockenden Wellen über eine Dauer von zwei Wochen oder noch länger hatten.
Aber seitdem haben wir bereits sieben solcher Sommer erlebt“, nennt Co-Autor Dim Coumou Zahlen.
Bis 2022 könnte es noch drei weitere heiße Jahre geben
Nun ist 2019 wieder ein sehr heißes Jahr gewesen, so wie es Florian Sévellec und Sybren Drijfhout vergangenen Herbst im Magazin „Nature“ prognostizierten. Die Autoren hatten mehrere Klimamodelle daraufhin abgetastet, wie gut sie aus den Oberflächentemperaturen der Ozeane die Jahresmitteltemperatur der darauf folgenden Jahre ableiten konnten.
Zusammen mit anderen Daten entwickelten sie daraus ein statistisches Modell. Es war so gut, dass es rückwärtslaufend auch die sogenannte Erwärmungspause in der Zeit von 1998 bis 2010 gut abbildete.
Bis 2022 könnte es nun noch drei weitere besonders warme Jahre geben, erbrachte die Simulation. Es handelt sich dabei nur um eine Berechnung von Wahrscheinlichkeiten für die globale Mitteltemperatur. Auf mehr Extremwetter wird sich Europa aber in jedem Fall einstellen müssen.