Etat der Berliner Wirtschaftsverwaltung: Millionen für Gründer und ein „Kehrpaket“ für die BSR
Der Zuschuss für die Stadtreinigung ist der größte Einzelposten im Etat der Senatswirtschaftsverwaltung. Und er soll wachsen. Dahinter steht eine Idee.
Es ist ein kleiner Etat, den die Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) verwaltet. Im nächsten Jahr darf sie 591 Millionen Euro ausgeben, 2021 sind es 625 Millionen Euro. Knapp zwei Prozent des Berliner Landeshaushalts stehen für die Förderung der hauptstädtischen Wirtschaft zur Verfügung. Das ist nicht viel und bestätigt den flotten Slogan des früheren Bundesministers und FDP-Landeschefs Günther Rexrodt: „Wirtschaft macht die Wirtschaft“. Aber ein bisschen auch der Staat, der mit den knappen Mitteln möglichst effizient helfen soll, die Rahmenbedingungen für große Unternehmen, den Mittelstand und die kleinen Betriebe zu verbessern.
Schwerpunkt des Berliner Haushalts für 2020 und 2021, den Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) am Dienstag im Senat vorgelegt hat, ist im Ressort Wirtschaft, Energie und Betriebe die klassische Wirtschaftsförderung. Aus den Töpfen der Europäischen Union stehen im nächsten Jahr 69 Millionen Euro bereit, der Bund schießt 75 Millionen Euro hinzu und das Land Berlin weitere 175 Millionen Euro. Damit werden die Programme der Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaftsförderung (GRW), des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Europäischen Sozialfonds finanziert.
Darüber hinaus ermöglicht der neue Landeshaushalt eigene Schwerpunktsetzungen, auch wenn die Fördersummen überschaubar sind. Dazu gehört die wirtschaftsnahe Digitalisierung: Für die Förderung des Breitbandausbaus sind in den nächsten zwei Jahren 8,4 beziehungsweise 9,1 Millionen eingeplant. Für die Installation des 5G-Netzes stehen 2,4 und 2,2 Millionen bereit und die Mittel für die Digitalagentur werden mit jährlich 3,4 Millionen Euro verstetigt. Hinzu kommen fünf Millionen Euro pro Jahr für diverse Dienstleistungen.
Ob das reicht, um die „digitale Transformation in Berlin nach Maßgaben von Nachhaltigkeit, Teilhabe und wirtschaftlicher Entwicklung“ voranzubringen, wie es Senatorin Pop formuliert, wird man sehen. Sie fordert „aktives Handeln der Firmen“ ein, vor allem kleine und mittlere Unternehmen stünden auf dem Weg zur Industrie 4.0 vor großen Herausforderungen, die der Senat unterstütze. Immerhin teste Berlin „als digitale Hauptstadt den 5G-Standard als erste Metropole in Europa“.
111 Anträge auf Gründungsbonus
Ein Lieblingsprojekt der Wirtschaftssenatorin ist der Gründungsbonus, der im kommenden Jahr mit 3,5 Millionen Euro und im Folgejahr mit 4 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt finanziert wird. Es wurde im Sommer 2018 eingerichtet. Ein Förderprogramm für Unternehmen, die höchstens seit einem Jahr auf dem Markt sind und neuartige, noch nicht etablierte Produkte und Dienstleistungen entwickeln und anbieten. „Die Nachfrage ist riesig“, sagt Pop. In diesem Jahr lägen schon 111 Anträge vor, von denen bereits 89 bewilligt worden seien.
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Als Grünen-Politikerin legt die Senatorin großen Wert auf das Förderprogramm „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“, für das bis 2021 jährlich 3,5 Millionen Euro eingeplant sind. Zunehmend ersetzen auch kleinere Unternehmen ihre Dieselautos durch Elektrofahrzeuge, außerdem werden Taxiunternehmen aus der öffentlichen Kasse unterstützt. Bezuschusst wird vom Senat auch weiterhin das Projekt „Abbiegeassistent“, um die schrecklichen Unfälle zu vermeiden, bei denen Radler oder Fußgänger unter die Räder von rechtsabbiegenden LKWs kommen. Wie schon im laufenden Jahr stehen dafür zwei Millionen Euro im Budget der Wirtschaftsverwaltung bereit.
Eine weitere Mini-Förderung mit großer Lebensnähe und Wirkung sind die Überbrückungshilfen für „straßenbaumaßnahmegeschädigte Gewerbetreibende“. Das Landeszuschuss wird von jetzt 250.000 Euro auf jährlich 400.000 Euro erhöht. „Es gibt immer mehr Baustellen in Berlin“, so Pop, um die Infrastruktur der Stadt zu verbessern. Dadurch sollten die Gewerbetreibenden aber keine Nachteile haben.
Saubere Parks und Wälder an "ausgewählten touristischen Schwerpunkten"
Weil die Berliner Wirtschaftsverwaltung auch für den Tourismus und die landeseigenen Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die Berliner Stadtreinigung (BSR) zuständig ist, muss im Doppelhaushalt auch dafür Vorkehrung getroffen werden. Während im laufenden Jahr insgesamt 12 Millionen Euro für die Tourismusförderung eingeplant sind, werden es im neuen Doppelhaushalt jährlich 13,5 Millionen Euro sein.
Und damit Berlin an „ausgewählten touristischen Schwerpunkten“, aber auch in den Parks und Stadtforsten hübsch sauber ist, erhält die BSR ein zusätzliches „Kehrpaket“: 2020 sind das 12 Millionen Euro, 2021 sogar 14 Millionen Euro.
Megaprojekt: Sanierung der Messehallen
In einer Stadtregion, für die die Senatsverwaltung für Wirtschaft zuständig ist, wird nicht nur gekleckert, sondern richtig Geld ausgegeben. Und zwar am Messegelände im Westen Berlins, das baulich gesehen die besten Zeiten hinter sich hat. Viele denkmalgeschützte Hallen stammen noch aus den 30er und 50er Jahren, die Substanz und technische Infrastruktur ist marode. In den nächsten 15 Jahren soll das Messegelände rund um den Funkturm komplett saniert werden, die Kosten des „Masterplans Stufe 1“ wurden 2015 auf 450 Millionen Euro geschätzt.
Mal sehen, ob diese Kostenrechnung haltbar ist. Erst einmal werden für die Sanierung der Hallen 12 bis 17 („Funkturminnenring“), die im Herbst dieses Jahres beginnen und 2023 abgeschlossen sein soll, insgesamt 137,5 Millionen Euro eingeplant. Davon 34,5 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt und weitere 25 Millionen Euro aus dem landeseigenen Investitionsfonds Siwana. Den großen Rest muss die Berliner Messe GmbH über Kredite finanzieren. Um diese Fremdfinanzierung zu erleichtern, werden öffentliche Grundstücke auf das Landesunternehmen übertragen.
Nicht nur die Hallen werden grundsaniert, sondern auch die Klimatechnik und Stromversorgung, die Luft- und Wasserversorgung und die Gebäudeautomation. Die Schließung des Funkturminnenrings bringt deutliche Vorteile für Veranstaltungen, Logistik und Technik mit sich. Weitere Bauabschnitte sind der Eventbereich Nord mit der Sanierung des „Kleinen Sterns“, anschließend kommt das Palais am Funkturm an die Reihe. Eine langfristige Erweiterung des Geländes an dem traditionsreichen Messestandort bleibt weiteren Masterplänen vorbehalten. Aber dann heißt die Wirtschaftssenatorin ganz sicher nicht mehr Ramona Pop.