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Deutschland lernen. Wie sollen Einwanderung und Integration vom Bund gesteuert werden?
© imago/photothek

Integration in Deutschland: "Migration muss begrenzt und gesteuert werden"

Damit das Zusammenleben funktioniert, braucht es klare Regeln. Ein Kommentar von Berlins Ex-CDU-Generalsekretär Kai Wegner.

Der Flüchtlingszustrom und die sonstigen Migrationsbewegungen haben dazu geführt, dass die Zuwanderung nach Deutschland in den letzten Jahren neue Höchststände erreicht hat. Insbesondere die großen Städte waren und sind vom Zuzug vieler Menschen betroffen. Zwar ist es gelungen, alle Schutzsuchenden würdig unterzubringen und zu versorgen. Doch die vielleicht noch größeren Herausforderungen stehen uns erst noch bevor: die Integration der Bleibeberechtigten einerseits und die konsequente Abschiebung derjenigen, die sich unter keinen Umständen rechtmäßig in Deutschland aufhalten dürfen, anderseits.

Zur Wahrheit gehört, dass es bereits heute in fast allen großen Städten Straßenzüge gibt, in denen die Integration als gescheitert angesehen werden kann. Gerade deshalb dürfen die Städte und ihre Bewohner in finanzieller, kultureller und sozialer Hinsicht von den jüngsten Migrationsbewegungen nicht überfordert werden. Sonst droht ein Riss durch die Gesellschaft. Nicht umsonst konnte die AfD in großen Städten Erfolge insbesondere in den prekären Stadtquartieren erzielen, in denen sich die Probleme der Zuwanderung konzentrieren. Die Migration muss begrenzt und gesteuert werden, um nicht die Grenzen der Integrationsfähigkeit in den Städten zu sprengen.

Kompliziertes System

Wenn wir aber auf die gegenwärtige Rechtslage in Deutschland schauen, sehen wir einen Flickenteppich an unterschiedlichen Zuständigkeiten und Regelungen. Asylanträge prüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), für Rückführungen sind die Länder zuständig, Einbürgerungen erfolgen oft auf kommunaler Ebene. Und wo ein kompaktes und verständliches Einwanderungsgesetz für Menschen, die aus beruflichen Gründen nach Deutschland kommen möchten, notwendig wäre, klafft eine Leerstelle. Die angestrebte neue Regierungskoalition aus Union, FDP und Grünen muss im Koalitionsvertrag klare Antworten geben, um den Kompetenzwirrwarr zu überwinden. Welche Antworten sollten das konkret sein?

Kai Wegner ist Bundestagsmitglied der Berliner CDU.
Kai Wegner ist Bundestagsmitglied der Berliner CDU.
© promo

Zunächst zur Asylfrage: Seit Jahren belegen die Abschiebezahlen eine unterschiedliche Rechtsanwendung durch die Länder. Die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin hat im Koalitionsvertrag gar explizit verabredet, Abschiebungen zu vermeiden. Das lockt Wirtschaftsflüchtlinge an und begünstigt einen Asyltourismus innerhalb Deutschlands. Skandalös ist, dass sogar Straftäter nicht abgeschoben werden. Das geht auf Kosten der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, wie mehrere schreckliche Verbrechen aus jüngster Vergangenheit zeigen.

Konsequente Aufenthaltsbeendigung

In Deutschland halten sich hunderttausende Ausländer ohne Aufenthaltsrecht auf. Wenn eine so große Zahl von Ausreisepflichtigen nicht abgeschoben wird, ist das eine Form von Staatsversagen, die geeignet ist, das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat zu erschüttern. Notwendig ist eine nationale Kraftanstrengung zur konsequenten Aufenthaltsbeendigung. Hierfür muss der Abschiebevollzug in Bundeshand gegeben werden. Eine zentrale Bündelung aller Asylverfahren in Entscheidungs- und Rückführungszentren verspricht eine gleichmäßige Abschiebepraxis und endlich einen konsequenten Vollzug.

Selbst ein prominenter Oberbürgermeister der Grünen sagt: „Wir können nicht allen helfen.“ Die Rückführung von Menschen, die unter keinen Umständen rechtmäßig in Deutschland bleiben dürfen, und die konsequente Integration derjenigen, die unseren Schutz benötigen, sind dementsprechend zwei Seiten einer Medaille.

Die Integration in unsere Leitkultur wird gerade in den Städten mit ihrer kulturellen, religiösen und ethnischen Vielschichtigkeit nur gelingen, wenn wir uns auf diejenigen konzentrieren, die auch wirklich eine Perspektive in unserem Land haben. Wenn die Voraussetzungen vorliegen, kann die Verleihung der Staatsbürgerschaft der Abschluss erfolgreicher Integration sein. Jedoch wird zwischen einzelnen Bundesländern und sogar zwischen einzelnen Kommunen jeweils eine ganz unterschiedliche Einbürgerungspraxis geübt, und das überzeugt nicht in jedem Fall. Mir hat unlängst eine Bürgerin aus meinem Wahlkreis von einer Einbürgerungsfeier im Rathaus Spandau berichtet, der so ziemlich alles fehlte, was die feierliche Verbundenheit mit der neuen Heimat symbolisieren kann.

Einbürgerungstest

Darüber, wer Bürger dieses Staates wird, sollte nicht länger ein Bezirksamt oder eine Gemeindeverwaltung entscheiden, sondern die Bundesebene. Schließlich wird hier nicht nur die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kommune festgestellt, sondern vielmehr die deutsche Staatsangehörigkeit mit allen Rechten und Pflichten verliehen. Bei der Einbürgerung sollten wir uns von klassischen Einwanderungsländern wie den USA inspirieren lassen. Ein einheitlicher Einbürgerungstest mit Fragen zu Geschichte, Kultur und politischem System unseres Landes, eine Einbürgerungsfeier im würdigen Rahmen mit Nationalhymne, deutscher Flagge und Treueeid auf unsere Verfassung: All das stärkt die Verbundenheit mit unserem Land und unseren Werten.

Wenn wir den Blick zurück auf die großen Städte werfen, stellen wir fest, dass wir in vielen Branchen dringend qualifizierte Fachkräfte für den Arbeitsmarkt benötigen. Es ist deshalb höchste Zeit für ein Einwanderungsgesetz, das klar an den Bedürfnissen des deutschen Arbeitsmarktes ausgerichtet ist. Es darf keine Einwanderung in unsere Sozialsysteme geben. Die Unionsparteien wollen ein solches Gesetz, jetzt müssen FDP und Grüne sich bewegen.

Die Zuwanderung nach Deutschland stellt uns vor eine Bewährungsprobe. Das gilt insbesondere für die urbanen Regionen. Die großen Städte müssen zu Herzkammern der Integration werden. Dafür müssen wir die bestehende Kleinstaaterei überwinden. Der Bund und die Länder müssen sich auf eine neue Kompetenzverteilung einigen. Es ist höchste Zeit, alle ausländerrechtlichen, die Staatsangehörigkeit und den Aufenthalt betreffenden Fragen aus einer Hand zu entscheiden. Dafür müssen jetzt in der Koalitionsvereinbarung die Weichen gestellt werden.

Kai Wegner war bis Ende 2016 Generalsekretär der Berliner CDU. In den neuen Bundestag zog er über die Landesliste ein, nachdem er das Direktmandat im Wahlkreis Charlottenburg-Nord verlor.

Kai Wegner

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