Gerichtskosten, Gutachten, Personal: Mietendeckel kostet Berlin Millionen – Wirtschaft will Mietpreisbremse verschärfen
Berlin hat 4,7 Millionen Euro in das gekippte Mietengesetz investiert. Unternehmerverbände schlagen eine Alternative zu einem bundesweiten Mietendeckel vor.
Durch den Mietendeckel sind dem Land Berlin Kosten in Millionenhöhe entstanden. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben auf 4,74 Millionen Euro für das vom Bundesverfassungsgericht für „nichtig“ erklärte Gesetz.
Mit knapp 185.000 Euro schlagen dabei die Anwaltskosten für das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu Buche. Weitere Gerichtskosten könnten bislang noch nicht benannt werden, erklärte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion, die dem Tagesspiegel vorliegt. Zunächst hatte darüber die „Berliner Morgenpost“ berichtet.
Mehr als 260.000 Euro sind seit 2020 für Informationsmaßnahmen rund um den Mietendeckel angefallen. Die Programmierung der Website für den Mietendeckel-Rechner kostete insgesamt weitere 17.500 Euro. Die Kosten für insgesamt sechs Gutachten rund um das Gesetz im Auftrag der Senatsverwaltungen liegen zusammen bei fast 36.000 Euro.
Ein erheblicher Teil der Ausgaben fiel den Angaben der Stadtentwicklungsverwaltung zufolge für das extra zur Überwachung des Mietendeckels eingestellte Personal an.
Für 49 zusätzliche Mitarbeiter, die in der Senatsverwaltung für fünf Jahre befristet eingestellt wurden, summieren sich die Kosten bis zum 20. April auf knapp eine Million Euro. Weitere 33 Vollzeitstellen wurden zu diesem Zweck in den Bezirksverwaltungen geschaffen.
[Nach Mietendeckel-Entscheidung: Was Berliner Mieter jetzt tun sollten. Tagesspiegel Plus jetzt 30 Tage kostenlos testen]
Wie die Stadtentwicklungsverwaltung und Bezirksverwaltungen bereits mitteilten, wird das Personal auch nach dem Richterspruch aus Karlsruhe beschäftigt bleiben und andere Aufgaben innerhalb der Häuser übernehmen.
Berlins Grüne fordern Mietendeckel-Recht für Kommunen
Der Berliner Mietendeckel war Mitte April vom Bundesverfassungsgericht für „nichtig“ erklärt worden. Seither hatte die Debatte an Fahrt aufgenommen, mit welchen Mitteln auf steigende Mietpreise in Berlin und anderen Metropolen reagiert werden kann.
[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Die Berliner Grünen etwa fordern, allen Kommunen über das Bundesrecht die Möglichkeit zur Einführung eines Mietendeckels einzuräumen. Einen entsprechenden Antrag für Wahlprogramm zur Bundestagswahl hatte der Landesverband am Wochenende eingereicht – Partei-Chef Robert Habeck reagierte ablehnend.
Berliner Wirtschaft will Mietpreisbremse verschärfen
Die Berliner Wirtschaft schlägt hingehen vor, im aktuellen Mietrecht - nämlich bei der Mietpreisbremse - nachzuschärfen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) sprechen sich dafür aus, für Regionen mit besonders angespanntem Mietmarkt "die maximal zulässige Erhöhung auf zehn Prozent innerhalb von vier Jahren" zu begrenzen. Das sei bereits von Wohnungsverbänden vorgeschlagen worden.
"Zudem könnten die Modernisierungsumlage enger gefasst, die Kappungsgrenze bei Neuvermietung verschärft und Ausnahmetatbestände abgeschafft werden", schreiben IHK und VBKI in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Einen Mietendeckel auf Bundesebene lehnen sie ab. „Wer einen bundesweiten Mietendeckel fordert, riskiert sehenden Auges die nächste juristische Niederlage“, sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, Jan Eder. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Teile der Politik trotz der massiven rechtlichen Bedenken das gleiche untaugliche Instrument jetzt auf Bundesebene durchdrücken wollten.
Ähnlich äußerte sich Markus Voigt, Präsident des VBKI: „Was sich auf Landesebene als ungeeignet erwiesen hat, wird auf Bundesebene nicht richtiger. In einem marktwirtschaftlich ausgerichteten System setzt ein Preisstopp allenfalls Anreize für Umgehungsstrategien.“ Ein Mietenstopp auf Bundesebene mache Investitionen in den Wohnungsmarkt unattraktiv, sagte der VBKI-Präsident. Solche Forderungen hätten „mit vernünftiger Politik nichts zu tun“.