Moskau-Reise des Regierenden Bürgermeisters: Michael Müllers freundliche Außenpolitik
An der Reisediplomatie findet Berlins Regierender Bürgermeister allmählich Gefallen. Der Besuch in Moskau war auch ein kleiner Erfolg. Ein Kommentar.
Es ist nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, aber vielleicht ein neuer Anlauf für die Wiederbelebung der Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Moskau. Seit 2010 hat weitgehend Funkstille geherrscht, die Zusammenarbeit und der Austausch von Menschen und Ideen ist auf ein Minimum geschrumpft. Das lag nicht nur an der Abkühlung der deutsch-russischen Beziehungen in den vergangenen Jahren, sondern auch am Zerwürfnis der früheren Stadtoberhäupter Klaus Wowereit und Juri Luschkow. Der eine ein militanter Homophober, der andere bekennend schwul. Das passte auf Dauer nicht zusammen.
Der Nachfolger Sergej Sobjanin, seit sieben Jahren im Amt, ist ein machtbewusster, etwas steifer Macher, der das rasend schnell wachsende Moskau mit allen Mitteln voranbringen will. Wowereit, der 2014 abdankte, hatte offenbar wenig Interesse an Sobjanin, der ein enger Vertrauter Putins ist. Doch bei dem dreitägigen Besuch des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller sah es so aus, als wenn die Chemie zwischen den Amtskollegen stimmt. Es kam sogar fast zu einer echt russischen Umarmung nach dem ersten Treffen. Und einen Tag später trafen sich beide überraschend zu einem Vier-Augen-Gespräch, auf Initiative des Gastgebers. Da kamen sich zwei Techniker der Stadtentwicklung ein kleines Stück näher.
Wenn das hilft, die Zusammenarbeit zwischen beiden Metropolen zu erneuern, wäre das gut. Wobei man sich keine Illusionen machen sollte. Den Politikern in Russland, auch in Moskau, geht es in erster Linie darum, an der Beseitigung der westlichen Sanktionen zu arbeiten und die wirtschaftliche Kooperation zu normalisieren. Dafür kann man auch einem Regierenden Bürgermeister von Berlin mal den roten Teppich ausrollen.
Müller findet die richtigen Gesten
Die offizielle Partnerschaft beider Städte braucht Moskau nur bedingt, jedenfalls schon lange nicht mehr als kommunale Entwicklungshilfe. Bei der Verkehrs- und Stadtplanung beispielsweise kann Berlin eher von Moskau lernen. Beide Städte müssen ihre Infrastruktur dringend sanieren und modernisieren. Trotz dieser Parallelen wurde Michael Müller bei seinem Besuch bewusst, dass Berlin im Vergleich zu Moskau eine dörfliche Idylle ist.
Die deutsche Hauptstadt kann wohl eher bei der kommunalen Feinarbeit helfen. Etwa in der Sozialpolitik, der Gesundheitswirtschaft oder dem Bildungs- und Forschungsaustausch. Und Kultur geht immer. Man darf auch nicht vergessen, dass beide Städte politisch völlig anders ticken. Müller hat, um dies deutlich zu machen, kurz vor der Abreise am Mittwoch noch mit führenden Oppositionellen gesprochen und – das sollte bis zuletzt ein Geheimnis bleiben – auf der Großen Moskwa-Brücke Blumen zum Gedenken an den ermordeten Oppositionspolitiker Boris Nemzow niedergelegt. Eine gute Geste.
Es ist auch zu spüren, dass Müller seit dem Amtsantritt Ende 2014 nicht nur Routine, sondern auch Freude an Auslandskontakten gewonnen hat. Aus ihm wird zwar nie ein charismatischer Repräsentant Berlins. Aber er ist freundlich, diszipliniert und verlässlich. Die Reise nach Moskau wurde so ein kleiner Erfolg. Das ist doch auch schon etwas.