Berliner Staatssekretär mit Stasi-Vergangenheit: "Michael Müller wollte auf Teufel komm raus ein Linksbündnis"
Nach der Entscheidung zur Entlassung des Berliner Staatssekretärs Andrej Holm schimpft die Opposition. Und die FDP erinnert noch an eine weitere Personalie
Die Opposition schimpft, die Linkspartei tagt, die Debatte um Andrej Holm ist auch am Tag danach in vollem Gange. "Michael Müller wollte auf Teufel komm raus ein Linksbündnis", sagt Florian Graf, Vorsitzender der CDU-Fraktion. "Nun treiben ihn Linke und Grünen vor sich her: Sie durchkreuzen seine Pläne bei der Videoüberwachung, vor sechs Monaten war es noch die eigene SPD-Fraktion. Hinsichtlich Müllers unverantwortlich später Entscheidung zur Entlassung des stasi-belasteten Staatssekretärs Holm schließt die Linke nun einen Koalitionsbruch nicht aus. Bislang ist Rot-Rot-Grün sogar mit Schadensbegrenzung überfordert. ˋGut regieren´ wird hier persifliert und ins Gegenteil verkehrt. Die Koalition ist eine schwere Belastung für unsere Stadt. In Anlehnung an Berlins einstigen Regierenden Bürgermeister Willy Brandt: Hier wächst nichts zusammen."
Der Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, hat die Entscheidung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller, Andrej Holm als Staatssekretär zu entlassen, begrüßt. "Ich bin Michael Müller sehr dankbar, dass er sich zu dieser sicher nicht einfachen Entscheidung durchgerungen hat", schreibt Knabe in seiner Stellungnahme. "Ich habe mich in ihm und seiner klaren Haltung zur DDR nicht getäuscht. Ich hoffe, dass sich die Wogen jetzt wieder glätten und der Senat sich jetzt wieder seinen eigentlichen Aufgaben zuwenden kann. Der Fall Holm zeigt, dass die Koalitionsparteien die Sprengkraft des Themas Staatssicherheitsdienst völlig unterschätzt haben. Wenn man der Affäre denn überhaupt etwas Positives abgewinnen will, dann das, die Bedeutung eines ethisch einwandfreien Umgangs mit der Vergangenheit noch einmal ins Bewusstsein gerückt zu haben."
"Gespannt, wie sich der Fall Böhning weiterentwickelt"
Am Vortag hatte sich auch Sebastian Czaja, Fraktionschef der FDP zu Wort gemeldet: "Diese Entscheidung war längst überfällig. Dass der Regierende Bürgermeister so lange gebraucht hat, um sich zu diesem Schritt durchzuringen, offenbart einmal mehr die Führungsschwäche von Michael Müller. Es soweit kommen zu lassen, dass die eigene Fraktion vielleicht nur noch zur Hälfte hinter ihm gestanden hat, ist schon bemerkenswert. Insofern ist der Regierende auch in der Causa Holm nicht Treiber, sondern Getriebener. Vor diesem Hintergrund darf man gespannt sein, wie sich der Fall Böhning weiter entwickelt. Denn diese Angelegenheit ist ja noch lange nicht ausgestanden. Was die Linken und Andrej Holm betrifft, so haben diese ihr wahres Gesicht gezeigt. Jedenfalls meinen es weite Teile der Partei mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur nicht ernst und lassen jeden Respekt gegenüber ihrer Geschichte sowie den Berlinerinnen und Berlinern vermissen. Zu so einer Entgleisung im Personaltableau des Berliner Senats darf es nie wieder kommen. Die Humboldt-Universität hat nach diesem Trauerspiel bei ihrer noch ausstehenden Entscheidung eigentlich keine Wahl mehr."
Und was sagt die AfD?
Der Vorsitzende der Fraktion der Alternative für Deutschland im Abgeordnetenhaus, Georg Pazderski, hat die Aufforderung des Regierenden Bürgermeisters zur Entlassung von Stasi-Staatssekretär als notwendig, aber zu spät kommentiert: "Holm zu entlassen war überfällig. Ein ehemaliger Stasi-Mann, der zudem keine ausreichende Distanz zu linksextremen Gruppen wahrt, ist aus Sicht der AfD in einer demokratischen Regierung untragbar. Müllers Einknicken zeigt aber auch, dass Druck aus der Opposition wirkt, wenn der Senat die Regeln des Anstandes und damit letztlich den Willen der Mehrheit der Berliner vergisst und stattdessen nur noch linke Klientel- und Personalpolitik macht", schreibt Pazderski. "Trotz Entlassung bleibt ein bitterer Beigeschmack: Warum konnte Holm mit seiner Vita überhaupt in diese Amt kommen? Warum hat es so lange gedauert, bis der Regierende Bürgermeister von seiner Richtlinienkompetenz gebrauch gemacht hat? Und was gedenkt der Senat nun zu unternehmen, um den entstandenen nationalen und internationalen Imageschaden der deutschen Hauptstadt wieder zu reparieren? Falsche und zu langsame Entscheidungen in Kombination mit Führungsschwäche zeigen eindeutig: Dieser Senat und seine Spitzenvertreter sind den Herausforderungen unserer Stadt in keiner Weise gewachsen."
+++