Nach bizarrer Personalentscheidung: Michael Müller müsste Katrin Lompscher entlassen
Senatorin Katrin Lompscher besetzt die zentrale Abteilung für den Wohnungsbau mit einer Fachfremden. Damit hat sie eine Grenze überschritten. Ein Kommentar.
Wie viel Provokation erträgt der Regierende Bürgermeister? Selbst Michael Müllers scheinbar unendliche und zuweilen gar selbstkasteiende Geduld, mit der er die schwierige rot-rot-grüne Koalition moderiert, müsste ihre Grenze erreicht haben – herausgefordert von Bauverhinderungssenatorin Katrin Lompscher (Linke). Mit der Besetzung der zentralen Abteilung für Berlins Wohnungsbau durch die fachfremde Jugendstadträtin Sandra Obermeyer ist die Grenze von Provokation zum Machtkampf klar überschritten.
Von Versehen kann keine Rede sein. Immerhin gab es klare Warnungen. Schon auf der Senatsklausur im Januar haben SPD und Grüne die Arbeit von Lompscher deutlich gerügt. Insbesondere die SPD bestand auf den Ausbau einer externen Clearingstelle, in der auch Müllers Senatskanzlei vertreten ist, um strittige Bauprojekte zu beschleunigen. Der Regierende Bürgermeister nahm es freilich hin, dass die Linke seinen Wunsch abschmetterte, selbst den Vorsitz im Gremium zu übernehmen.
Lederers politische Strategie
Den Konflikt nicht zu wagen im Namen eines brüchigen Koalitionsfriedens, war schon damals ein Fehler. Auch die verunglückte Senatsklausur vor einer Woche, bei der sich eine störrische Bausenatorin präsentierte – assistiert von einer kalkulierten Provokation des früheren Linken-Parteichefs Klaus Lederer – hätte schon für eine klare Intervention des Regierenden Bürgermeisters ausreichen müssen. Bislang hat Müller dem Treiben der Linkspartei eher hilflos zugeschaut – ein Opfer einer asymmetrischen Konfrontation. Er scheute sich, auf die vielen subtilen Sticheleien und zielgerichteten Verweigerungen, mit denen Lederer seine Ziele verfolgt, mit einem offensiv geführten Konflikt zu antworten.
Der Stratege Lederer aber hat längst angesichts immer weiter steigender Zustimmungswerte für die Linken erkannt, dass von den Berlinern allein der SPD die Verantwortung für die schlechte Performance des Senats zugeschrieben wird.
Schnelles Bauen scheint ihr egal zu sein
Die Stellenbesetzung in Lompschers Haus lässt Müller nun keine Wahl mehr. Bisher ist er in der selbstgewählten Rolle gefangen, präsentiert sich als Gleicher unter Gleichen – was er nicht ist – und macht sich damit so klein, dass es die Stadt nicht mehr versteht. Gefragt ist jetzt seine Richtlinienkompetenz, denn fehlende Wohnungen und Verdrängung durch steigende Mieten sind die größte Sorgen der Berliner.
Wenn die Bausenatorin derart massiv deutlich macht, dass ihr in der wachsenden Stadt schnelles Bauen egal ist, dann muss Müller beim Koalitionspartner auf Abberufung drängen. Müller hat den Koalitionsvertrag auf seiner Seite, der ehrgeizige Wohnungsbauziele formuliert, die alle krachend verfehlt werden. Eine Senatorin zu entlassen, dafür gab es schon weit weniger gewichtige Gründe.
Gerd Nowakowski