Ein Jahr Flughafenchef: Mehdorns magere Bilanz
11. März 2013 - der erste Arbeitstag von Hartmut Mehdorn als BER-Chef. Und gleich stellte er mal die Schließung des Flughafens Tegel infrage. Das war nicht die einzige Idee, die in den vergangenen zwölf Monaten Aufregung verursacht hatte.
Hartmut Mehdorn blickt nicht so gern zurück. Warum am Flughafen so viel schief gelaufen ist und wer warum dafür seinen Kopf hinhalten müsste, will er gar nicht wissen. Das gilt nämlich auch für ihn: Nach einem Jahr auf dem Chefsessel der Flughafengesellschaft ist es besser, sich nur auf die Zukunft zu konzentrieren. Die Ein-Jahres-Bilanz fällt schließlich äußert mager aus. Dem Eröffnungstermin ist Mehdorn noch nicht näher gerückt. Und selbst bei seinen Zwischenzielen ist er meist gestolpert. Zum Ziehen einer Bilanz war er auf Anfrage nicht bereit.
Am 8. März war bekannt geworden, dass Mehdorn neuer Flughafenchef werden wird. Am 11. März 2013 hatte er sein Büro bezogen. Eingefädelt hatte dies der damalige Aufsichtsratsvorsitzende und Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Dieser setzte vor allem auf die Erfahrung Mehdorns, der unter anderem Chef der Deutschen Bahn und von Air Berlin war. Auch der Regierende Bürgermeiste Klaus Wowereit (SPD) freute sich vor einem Jahr über „den guten Schritt nach vorne“, der durch Mehdorns Kommen erreicht worden sei.
Aus dem Probebetrieb am Nordpier wurde nichts
Die Freude währte nur ein Wochenende: Bereits am ersten Arbeitstag überraschte der neue Chef mit seinem Vorschlag, Tegel als Flughafen behalten zu wollen. Erst nach Monaten verabschiedete er sich langsam von seinem Tegel-Projekt, weil der Widerstand zu groß war – auch von Wowereit. Dann wollte Mehdorn im nur als Ankunfts- und Wartebereich für die Billigfluglinien vorgesehenen Nordpier des Terminals einen Probebetrieb einrichten – mit weniger als zehn Flügen pro Tag, mit denen er den künftigen Großflughafen simulieren wollte. Nach mehreren Terminverschiebungen musste Mehdorn auch dieses Projekt vor wenigen Wochen absagen – wie die von ihm geplante vorzeitige Inbetriebnahme der neu gebauten und noch nicht zugelassenen südlichen Start- und Landebahn, was während der erforderlichen Sanierung der Nordbahn nötig wäre. Dass Anwohner dann Anspruch auf Schallschutz haben, wollte Mehdorn zunächst nicht wahrhaben.
So ging es im ersten Jahr kaum voran, obwohl der Aufsichtsrat nach dem Scheitern des Eröffnungstermins 3. Juni 2012 gleich zwei „Retter“ an Bord geholt hatte. Vor Mehdorn war bereits im August 2012 Horst Amann vom Frankfurter Flughafen geholt worden, der nun in Berlin vor allem eine Bestandsaufnahme vornahm, wie es Mehdorn nicht mag. Schnell kam es zum Konflikt. Hier hat Mehdorn gewonnen, Amann wurde zurückgestuft – darf sich aber weiter Monat für Monat über seine unveränderten Bezüge freuen. Geld kann am Flughafen ohnehin großzügig ausgegeben werden. Ein Finanzierungskonzept mit klaren Vorgaben hat Mehdorn bis heute auch noch nicht geliefert.
Hartmut Mehdorn lässt sich nicht bremsen
Erstmals breite Zustimmung gefunden hat Mehdorn aber wenigstens mit seiner Überlegung, nach der BER-Inbetriebnahme auch das bisherige Terminal in Schönefeld weiter zu nutzen, um die erwartet hohe Zahl von Passagieren abfertigen zu können. Der – laut Eigenwerbung – „modernste Flughafen Europas“ wird zu seiner Eröffnung, wann auch immer, nämlich sehr wahrscheinlich schon zu klein sein. Im Februar stieg die Zahl der Passagiere erneut um fast acht Prozent.
Dass Mehdorn in seinem zweiten Jahr die Ideen ausgehen, ist unwahrscheinlich. Zu seinem Amtsjubiläum zweifelte er öffentlich am Sinn von Nachtflugverboten. Bremsen lässt er sich nicht, und abgelöst wird er wohl nicht. Einen Nachfolger zu finden, dürfte schwer fallen. Dann doch lieber weiter mit Mehdorn. Der Vertrag läuft ja noch zwei Jahre.