Auf Baustellentour am BER: Mehdorns erster Tag
Hartmut Mehdorn tritt heute als Flughafen-Chef an. Am Nachmittag wird er an einer Sondersitzung des Landtages in Potsdam teilnehmen. Ein langer Tag mit vollem Programm erwartet ihn. Unser Kolumnist Stefan Jacobs weiß jetzt schon, wie der Tag verlaufen wird.
Am Montagfrüh um 7 Uhr startet Hartmut Mehdorn am BER. Der Verband Berliner Wahrsager e. V. (VBWS) teilte bereits vorab mit, wie die Premiere des Neuen in Schönefeld verlaufen wird.
„Wenn möglich, bitte wenden!“, fordert das Navi in Mehdorns Dienstwagen auf der Straße zum Terminal. Mehdorn ignoriert die Botschaft. Die Schranke zum Parkplatz zeigt eine Störungsmeldung. Im sogenannten Fortschrittsbericht steht dieser Fehler unter Nummer 26 511 und ist als „nicht betriebsgefährdend“ eingestuft.
Während Mehdorn das Licht im Bahnhof bereits am Freitag abschalten ließ, ist das Terminal, wie immer, hell erleuchtet. Weil niemand da ist, den er nach dem Weg fragen könnte, erreicht Mehdorn gegen 8.40 Uhr sein Büro. Er blickt aufs verschneite Rollfeld, denkt an die Aussicht von einst aus dem Bahntower und an Wowereits Grinsen vom Freitag. Ein Mann von der IT-Abteilung platzt in seine Rachegedanken. Er bringt einen Laptop, den er wegen der überbelegten Kabelschächte zunächst nur ans Drahtlosnetz anschließen könne. Mehdorn fordert ihn auf, ihm sämtliche Mails der neuen Kollegen in Blindkopie zuzuleiten. Bedenken zerstreut er mit dem Hinweis auf gute Erfahrungen bei der Bahn und damit, dass Transparenz das Gebot der Stunde sei.
Gegen 10 Uhr hat sich der Fortschrittsbericht auf dem Laptop geöffnet. Da das Dokument in weißer Schrift auf weißem Grund verfasst ist (# 12527, nicht betriebsgefährdend), entschließt sich Mehdorn zu einer Baustellentour. Da klingelt das Telefon, „unbekannter Anrufer“. Rainer Schwarz meldet sich: Ob das Paket mit den Rauchmeldern im Büro stehe, das er am Tag vor seinem für ihn überraschenden Rauswurf bei Amazon bestellt habe? Er brauche das für sein Haus am Griebnitzsee. Mehdorn erwidert, er sei ein Aufräumer, aber nicht der von Schwarz.
Während er durchs Terminal geht, findet er auf seinem Blackberry eine Mail vom Sonntag, die wegen des Absendernamens Fred Langhammer im Spamfilter gelandet war. Mehdorn aber erinnert sich an den Namen des Tempelhof-Investors und liest dessen Offerte, den BER als Schönheitsklinik mit angeschlossener Landebahn für Privatflieger zu betreiben.
Ein weinender Schnauzbart kommt ihm entgegen: Horst Amann. Der Technikchef berichtet, wie ein 40-köpfiges Team von Brandschutzexperten im Schein von Stirnlampen auf dem Bahnsteig Pläne der Entrauchungsanlage studiert habe. Bis einer der täglichen Belüftungszüge die Station mit Tempo 100 passiert habe, weil der Fahrer den nunmehr dunklen Bahnhof nicht bemerkt hatte. Der Sog des Zuges habe die Pläne mitgerissen. Vier Experten wurden von umherfliegenden Aktenordnern leicht verletzt. Per SMS schickt Amann seine Kündigung an Matthias Platzeck. In einer Pressemitteilung informiert die Flughafengesellschaft, dass Mehdorn nun auch Technikchef des BER sei. „Die gebündelte Verantwortung wird dem Projekt BER guttun“, lässt sich Platzeck zitieren.
Stefan Jacobs