Gesundheitsversorgung von Geflüchteten: "Medibus" hilft beim Impfen von Flüchtlingen
Ein ausrangierter Bus fährt als Impfpraxis zu Flüchtlingsunterkünften. Digitale Dolmetscher übersetzen darin zwischen Arzt und Patienten.
Durch die vordere Bustür, vorbei am leeren Fahrersitz, geht es zum Empfang. Auf der Theke stehen in einem Ständer neue gelbe Impfpässe. Die Ärztin begrüßt ihre Patientin. Ein Monitor zeigt grüne Balken an, auf denen steht: Arabisch, Farsi, Amharisch. Aus etwa 50 Sprachen kann sie wählen. Die Ärztin drückt "Arabisch", laut tutet es, wie bei einem Telefon.
Ist sie gesund? "Hamdullilah"
Auf dem Monitor erscheint ein junger Mann mit Headset: "Guten Tag, ich bin Dolmetscher für Arabisch", stellt er sich vor. "Ich bin Impfärztin der Charité und habe hier eine arabischsprachige Patientin", sagt die Ärztin. "Salam Aleikum", grüßt der Dolmetscher. Das Vorgespräch kann beginnen. Ist die Patientin gesund? "Hamdullilah", sagt sie, "ja, zum Glück", übersetzt der Mann auf dem Monitor. Ist sie Epileptikerin? Hatte sie mit bisherigen Impfungen Probleme?
Die Patientin ist eine der ersten im neuen Impfbus. Hinter dem Empfangstresen sind drei gepolsterte rote Sitze angebracht, das Wartezimmer. Dahinter geht es durch ein kleines Labor in das Behandlungszimmer hinten im Bus. Auf einem roten Hocker an einem Tisch vor dem Fenster nimmt die Patientin Platz, die Ärztin wird sie gleich impfen. Sollte es Verständigungsprobleme geben, kann auch hier an einem Bildschirm der Dolmetscher angerufen werden.
Seit gestern ist der "Medibus" in der Hauptstadt im Einsatz. Die Charité und das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten haben das Impfmobil entwickelt, mit der Deutschen Bahn, dem Telekommunikationsunternehmen Cisco und der Wiener Dolmetscherfirma SAVD. Der Bus fährt Notunterkünfte in Berlin an, zum ersten Mal stoppt er am Donnerstagmorgen in der Marburger Straße, nicht weit vom Bahnhof Zoo.
50 Impfungen pro Tag
Ziel ist es, alle Geflüchteten in der Hauptstadt zu immunisieren. "Damit nicht wieder Masern die Runde machen", sagt Ulrich Frei, Ärztlicher Direktor der Charité. Im vergangenen Jahr hatten sich Masern auch in einer Notunterkunft verbreitet. "Bisher haben wir Geflüchtete im Aufnahmezentrum an der Bundesallee geimpft", sagt Frei. Die Flüchtlinge nach Wilmersdorf zu bringen, sei umständlich gewesen. "Jetzt kommt der impfende Arzt zur Unterkunft", sagt Frei. Die beiden Ärzte, die mit dem Bus touren, impfen nicht nur gegen Masern, sondern auch gegen Tetanus, Keuchhusten, Hepatitis B oder Grippe. Etwa 50 Geflüchtete wollen sie pro Tag spritzen, 2000 bis 3000 bis Jahresende. In zwei Monaten wird entschieden, ob der Bus danach weiter fährt.
"Wir haben eine große Impfbereitschaft bei Flüchtlingen", sagt Mario Czaja, Senator für Gesundheit und Soziales, "Probleme wie am Helmholtzplatz oder dem Paul-Lincke-Ufer gibt es bei den Flüchtlingen nicht." Damit spielt er auf niedrige Impfquoten vor allem bei Kindern aus bildungsbürgerlichen Familien an.
Für den ländlichen Raum entwickelt
Die mobile Impfpraxis wurde in einem zehn Jahre alten Bus eingerichtet, der sonst ausrangiert worden wäre, berichtet Christian Gravert, Leitender Arzt der Deutschen Bahn. Die Praxis auf Rädern hat er eigentlich für den ländlichen Raum entwickelt, um eine medizinische Versorgung dort zu gewährleisten, wo es kaum noch Arztpraxen gibt. Auch Mirza Muhammad Nuri, ein junger Afghane, hat sich gestern direkt impfen lassen. Schmerzen hatte er keine, den Bus findet er ein tolles Angebot.