Berliner Rapper: MC Fitti – Beim Barte des Poeten
Schnell ist der Berliner Rapper MC Fitti vom Youtube-Helden zum Star mit Platten- und Turnschuhvertrag aufgestiegen. Warum eigentlich? Und was ist an ihm echt? Ein Treffen.
Was für eine Aussicht. Zum Interview lädt Fitti, wie er sich selbst nennt, ins Büro seiner Plattenfirma, Friedrichshain, fünfter Stock, Panoramafenster mit Blick auf die Spree. Auf dem Tisch stehen Kirschsaft und Vitaminwasser. Vollbart? Check. Snapback? Check. Verspiegelte Neonsonnenbrille? Check. Zugezogen nach Friedrichshain, Flamingos, Trash-HipHop? Check, Check, Check. Der Rapper MC Fitti erfüllt jedes Klischee eines Berliner Hipsters – und trotzdem passt seine Musik irgendwie in keine Schublade.
Mit seinen Youtube-Videos ist MC Fitti, der im richtigen Leben Dirk Wittek heißt, bekannt geworden. Dann im letzten Jahr der Durchbruch: Sein Album „#Geilon“ stand elf Wochen lang auf Platz 2 der Charts, 200 Auftritte hatte er im vergangenen Sommer. Kaum ein Jugendlicher kennt ihn nicht, Wörter wie „Geilon“ oder „übelstweltraum“ gingen teilweise ins Schulhofvokabular über. Verkörpert er damit den modernen Karriereweg vom Youtube-Sternchen zum Plattenvertrag? Ist er damit so etwas wie der Botschafter der Jugend?
Zunächst zu seinem Musikstil, der sich mit der Liedzeile „Regenbogenrutsche in den Ozean, reiten auf Delphinen in den Sonnenuntergang“ einigermaßen zusammenfassen lässt. Einige Texte reimen sich, die Beats kommen aus dem HipHop. Das ist eigentlich alles, was man wissen muss. Am Freitag erscheint sein zweites Album „Peace“. „Ich habe versucht, in Richtung Sixties zu gehen, also Peace, Woodstock und so“, sagt er. Das Album handele von der Suche nach der Freiheit. Ist das nicht ein Widerspruch bei jemandem, der mit Pseudonym rappt und sich hinter seiner Montur versteckt – kein Bild ohne Sonnenbrille und Co. Ist das Freiheit? „Klar, ich mache das, was mir Spaß macht“, sagt MC Fitti und grinst. „Und so eine Kappe trägt ja jeder flotte Jugendliche.“ MC Fitti, das muss man dazu wissen, ist 38 Jahre alt.
MC Fitti ist eine wandelnde Werbetrommel
Mit seinem Produzenten Udo Zwackel bastelt er seit Jahren am Kunstprojekt MC Fitti, das interessanter ist als die Musik an sich. Das Bild vom Rapper mit Vollbart und Sonnenbrille verbreitete sich dank zahlreicher unkonventioneller Aktionen rasant im Netz. Er postete seine Handynummer auf Facebook, chattete mit Fans, bis das Handy abstürzte, und ließ im Internet über die nächsten Konzert-Locations abstimmen. „Ich like das Internet leer“, heißt es in einem Lied auf dem neuen Album. Der 38-Jährige trifft damit offenbar einen Nerv bei den Jüngeren.
Auf der anderen Seite ist MC Fitti eine wandelnde Werbetrommel. Er postet Fotos mit sechs Paar Schuhen derselben Marke und schreibt darunter: „Die dürfen bei meiner Tour nicht fehlen.“ Genau so, wie das Logo der Firma auf dem Foto nicht fehlen darf. Was auf den ersten Blick locker wirkt, ist kalkuliert: Er ist der Markenbotschafter des Sportartikelherstellers für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Angeblich der einzige Deal, sonst macht MC Fitti nach eigener Aussage „nur Werbung für Freunde und Bekannte“. Bei Texten wie „Ray-Ban Sonnenbrille im VW-Polo“ ist das allerdings schwer vorstellbar. „Manche Leute finden diese Musik, dieses ganze Markending scheiße, sogar einige Freunde“, gibt er zu.
Das Ostkreuz sei ein guter Point of Meeting
Vielleicht sollte man das alles nicht so ernst nehmen. Genauso wenig, wie er sich selbst ernst nimmt. „Ich bin hier als Erstes zugezogen, ohne Scheiß, ich bin hier also quasi fast geboren“, persifliert MC Fitti auf dem neuen Album seine Herkunft. Geboren ist er nämlich in Gifhorn und erst vor zehn Jahren nach Berlin gekommen. Er arbeitete als Kulissenbauer, unter anderem für den Film „Das Leben der anderen“ und die Serie „Verliebt in Berlin“. In seiner WG in Friedrichshain lernte er die Berliner Rapper Vokalmatador und Rhymin’ Simon kennen und begleitete sie auf Tourneen.
Berlin sei eine tolle Stadt, sagt Fitti in Anspielung auf die Touristen-Diskussion, da sollten alle Leute vorbeikommen. „Dann können die mal mitbekommen, was hier alles so geht. Ostkreuz ist zwar immer proppevoll, aber ich finde das schön.“ Dort befindet sich seine Lieblingsecke in Berlin. Dauerbaustelle und Zug-Verspätungs-Knotenpunkt – ernsthaft? „Ich finde einfach den Point of Meeting gut“, sagt er. Wieder so ein Fitti-Satz, gefühlt jedes zweite Wort ist englisch. „Den Bahnhof kannste mittlerweile natürlich von der Landkarte streichen“, sagt er, aber er hängt sowieso am liebsten vor seinem Späti rum. „Dort werde ich in Ruhe gelassen, auch wenn man mich erkennt.“
MC Fitti – man liebt ihn, oder man hasst ihn, dazwischen scheint es nicht viel zu geben. Doch bei Texten wie „Wir gehen jagen, ich schieß dir einen Teddy“ können sich die meisten ein Schmunzeln nicht verkneifen. Damit ist er vielleicht kein Botschafter der Jugend, zumindest aber Vorbild für die Raucher am Schultor.
„Ich möchte noch meine Mama und meinen Papa grüßen“, sagt er, setzt dann doch mal die Sonnenbrille ab, ein Markenmodell natürlich. Dann lehnt sich MC Fitti auf seinem Stuhl zurück und bestellt bei einer Angestellten des Labels einen Dönerteller, „nur Fleisch, kein Reis und so ein Quatsch.“
Das Album „Peace“ erscheint am Freitag, das Buch „Aus meinem Auspuff kommt Konfetti“ Anfang Oktober.
Simon Grothe
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