Berlin-Friedrichshain: Maroder Elsenbrücke droht der Abriss
Die Schäden an der Elsen-Brücke sind gravierender als vermutet. Die Berliner Verkehrsverwaltung prüft den Bau einer provisorischen Ersatzbrücke.
Für die Pendler aus dem Südosten der Stadt ins östliche Zentrum ist es ein bekanntes Nadelöhr auf der Bundesstraße 96a. Immerhin eines mit schöner Sicht auf die an dieser Stelle breite Spree. Die Elsenbrücke bündelt den Verkehr aus Neukölln und Treptow und leitet ihn weiter nach Friedrichshain und Mitte. Bisher auf sechs, seit Dienstag auf vier Spuren.
Und seit Donnerstag ist bekannt, dass sich daran vorerst nichts ändern wird. Die schadhafte östliche Teilbrücke mit ihren drei Fahrspuren muss möglicherweise abgerissen werden, erklärte Verkehrssenatorin Regine Günther (für Grüne) im Verkehrsausschuss. Die Prüfungen seien noch nicht abgeschlossen, aber es sieht derzeit nicht nach einer schnellen Lösung aus.
Günther sprach im Ausschuss vom Bau einer Ersatzbrücke, später hieß es, eine „Interimsbrücke“ könnte errichtet werden. Entscheidungen seien noch nicht getroffen. Das Nadelöhr soll mittelfristig wieder mit sechs Spuren versorgt werden. Spätestens in vier Jahren wird sich über die Elsenbrücke auch der Verkehr von und zur verlängerten Stadtautobahn wälzen, die am Treptower Park enden soll. Dabei ist die Brücke schon jetzt abends und morgens regelmäßig zugestaut.
Millionenteure Sanierung vor zehn Jahren
„Die angekündigte Brücken-Erneuerung bedeutet Verkehrschaos über viele Jahre“, sagt auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Oliver Friederici und erinnert daran, dass die Brücke ja vor zehn Jahren schon mal für rund vier Millionen Euro saniert worden ist.
„Wir fragen, warum bei der Sanierung ausgerechnet die tragenden Teile nicht eingeschlossen waren und warum dann auf eine regelmäßige Begutachtung offenbar verzichtet wurde?“ Dazu sagte die Senatsverwaltung für Verkehr: „Der Riss ist innerhalb der letzten acht Wochen entstanden.“ Die Elsenbrücke stand bislang nicht auf der Senatsliste der maroden Brücken.
Laut „B.Z.“ ist der Riss in der Tragkonstruktion sieben Meter lang und 3,5 Zentimeter tief, also ein massiver Schaden, der in relativ kurzer Zeit entstanden ist. Über mögliche Ursachen gab die Senatsverwaltung auf Nachfrage keine Auskunft. Dem Vernehmen nach könnte minderwertiger Stahl zu der negativen Bewertung beigetragen haben.
Die Elsenbrücke besteht aus zwei getrennten Bauwerken, nur deshalb konnte die Senatsverwaltung auf eine Totalsperrung verzichten. Der Verkehr wird über die westliche Brücke geführt, die sei bei der Routineprüfung der Brücke am 30. August – dabei wurde der Riss entdeckt – auch untersucht worden ist. Schäden habe man nicht festgestellt, heißt es.
Keine Einsturzgefahr
Die schadhafte östliche Brücke sei nicht einsturzgefährdet, betont die Verwaltung. „Mit der Maßnahme, den Verkehr auf den westlichen Brückenbau zu leiten, ist die Verkehrssicherheit gewährleistet.“ Allerdings muss die intakte Brücke jetzt eine zusätzliche Belastung verkraften.
Die Elsenbrücke ist eine Spannbetonbrücke aus den 1960er Jahren. Solche Brücken haben wegen schadhaften Betons und rostender Stahlbewehrung nur eine begrenzte Lebensdauer. Die längste Berliner Brücke, die Rudolf-Wissel-Brücke im Zuge der Stadtautobahn, ist ebenfalls eine Spannbetonbrücke, deren Schäden nach 60 Jahren für so massiv befunden wurden, dass sie abgerissen werden muss.
Zur Bauzeit war das Verkehrsaufkommen noch wesentlich geringer als heute, auch die Anforderungen an die verbauten Materialien waren geringer. Spannbetonbrücken würden auch heute noch gebaut, sagt ein Ingenieur, entscheidend sei, dass die Brücken regelmäßig überprüft werden.
Sollte die Stadtautobahn weitergebaut werden, wie der Bund es plant, müsste die östliche Elsenbrücke ohnehin abgerissen werden, um Platz für eine neue Autobahnbrücke über die Spree zu schaffen. Die Elsenbrücke bestünde dann nur noch aus einem Brückenbauwerk, das ausreichen würde, um den geringeren Verkehr aufzunehmen. Die rot-rot-grüne Koalition hat beschlossen, die Autobahnplanung auf Eis zu legen. Vor allem die Grünen lehnen einen weiteren Ausbau der Stadtautobahn ab.
Um das Verkehrschaos an der Elsenbrücke zu entzerren, schlägt der grüne Verkehrsexperte Harald Moritz vor, die neu errichtete Minna-Todenhagen-Brücke in Schöneweide als Alternativquerung stärker in den Fokus zu nehmen. Auf der vierspurigen Brücke gibt es bislang noch freie Kapazitäten, da sie Teil einer Querverbindung von Köpenick zur Stadtautobahn ist, die bislang nur auf dem Papier existiert.