Denkmal für ehemaligen Kanzler: Macht Platz für Kohl in Berlin
Dem Kanzler der Einheit gebührt ein Ort in Berlin. Der Große Stern wäre dafür aber nicht ideal. Ein Kommentar.
Darüber wollen sie wirklich noch diskutieren? Die CDU Berlins will – vom Tag der Deutschen Einheit kommend – einen „herausragenden Platz“ in der Hauptstadt nach Helmut Kohl benennen. Und man muss Kohl weiß Gott nicht gemocht haben, um Burkard Dregger, dem Fraktionschef, in dieser Hinsicht dennoch recht zu geben. Dreggers Vater Alfred, der lange Jahre als Fraktionschef der CDU/CSU im Bund Weggefährte Kohls war, wäre da auch ein guter Zeitzeuge. Denn es ist doch so: Im Geschichtsunterricht wird Helmut Josef Michael Kohl als einer, wenn nicht der bedeutendste Politiker der Bundesrepublik behandelt werden.
Kohl bleibt wohl auf ewig der Kanzler der Einheit, ein Vater der europäischen Einigung wie des Euro und dazu einer von nur drei Ehrenbürgern Europas. Außerdem war er herausragend als Regierungschef im Innern, neben seinen 16 Jahren als Bundeskanzler – so lang wie niemand sonst – immerhin noch sieben Jahre Ministerpräsident.
Dazu führte Kohl von 1973 bis 1998 die CDU als Bundesvorsitzender unvergleichlich lange, wurde danach Ehrenvorsitzender. Das blieb er bis zum Jahr 2000, also nur zwei Jahre, was seiner Rolle in der CDU-Spendenaffäre, seiner Tätigkeit als Unternehmensberater nach dem Ende der politischen Karriere geschuldet war. Aber seine Erfolge überstrahlen diesen Schatten. International wird Kohl jedenfalls bis heute hoch geachtet.
Kohl hat Maßstäbe gesprengt
Am 16. Juni 2017 ist Helmut Kohl im Alter von 87 Jahren gestorben. Der Einwand, dass laut Berliner Straßengesetz Personen erst fünf Jahre nach ihrem Tod mit einer Benennung geehrt werden dürfen, ist so klein, wie Kohl groß war. Er hat Maßstäbe gesprengt; selbst beim Bundesverdienstkreuz wurde für ihn eine Sonderklasse erfunden. Das ist deshalb ein Thema, weil Dregger als Ort für die Umbenennung den Großen Stern vorschlägt und die CDU-Fraktion als Termin den 23. Mai 2019, den 70. Jahrestag des Grundgesetzes.
Über den Platz lässt sich tatsächlich diskutieren. Am Großen Stern steht die Siegessäule mit ihren goldenen Kanonen zum Zeichen deutscher Siege, nicht zuletzt über Frankreich. Eingeweiht wurde die Säule am 2. September 1873, dem dritten Jahrestag der siegreichen Schlacht bei Sedan. Und preußische Feldherrn säumen den Platz. Nichts aber lag Kohl, dem studierten Historiker aus der Pfalz, ferner als solches Preußentum, als Kanonen und Krieg, insbesondere gegen Frankreich. Legendär ist seine Freundschaft zu François Mitterrand, dem großen sozialistischen Staatspräsidenten. Ihm, Kohl, würde deshalb wohl gefallen, wenn der Platz umbenannt und umgestaltet würde. Dann könnte die Siegessäule weg; nur nicht wieder dahin, wo sie einst herkam, auf den Platz vor dem Reichstag.
Kohldampf statt Kohldamm
Was im Übrigen auch ein guter Ort wäre: der Platz zwischen Bundeskanzleramt und Bundestag, früher Königsplatz, heute Platz der Republik. Ein „Band des Bundes“ war Kohls erklärter Wunsch. Wie sagt die CDU? „Wichtig ist, dass wirklich ein bedeutender Platz nach Kohl benannt wird und nicht nur eine kleine Nebenstraße vom Ku’damm.“ Dem wäre damit Genüge getan.
Es sei denn, man wollte den Kaiserdamm umbenennen. Das könnte auch den Sozialdemokraten entgegenkommen, denn der Kaiser war ja nun gewiss nicht ihr Freund. Ein Hinderungsgrund muss auch nicht sein, dass die Berliner keinen Adenauerdamm wollten; denn Konrad Adenauer war ja nun auch bekanntermaßen kein so großer Freund Berlins wie Kohl. Immerhin lebte der hier länger und gerne. Adenauer vermutete dagegen Sibirien in der Nähe.
Der Berliner Volksmund, bekannt dafür, nicht übermäßig respektvoll zu sein, hätte dann aber eine neue Chance: Er würde aus einem Kohldamm vermutlich den „Kohldampf“ machen. Was ja auch zu ihm passte.