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„Wir haben doch schon ein Stadion hier“, heißt es vor dem Ludwigsfelder Rathaus. Über den Umzug freuen würden sich trotzdem viele.
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Bundesliga-Fußball in Brandenburg: Ludwigsfelde würde sich über ein Hertha-Stadion freuen

Eine Fußballarena für Berliner Profis? In Ludwigsfelde wären viele glücklich über einen Stadion-Neubau in ihrer Stadt. Am Bahnhof könnte es eng werden. Ein Ortsbesuch.

Am Wochenende der Berliner Großstadt-Hektik entfliehen und nach Brandenburg fahren? Hertha-Fans könnten diese Entschleunigung in Zukunft alle zwei Wochen genießen – sollte der Bundesligist sein neues Stadion in Brandenburg bauen. Dass eines gebaut wird, wird geprüft. Nur wo, das verrät der Verein nicht. Spekulationen führen in die Stadt Ludwigsfelde südlich von Berlin. Irgendwo dort könnte es entstehen. Rund 30 Kilometer sind es dann in die Hauptstadt, nach Potsdam nur 20. Ludwigsfelde liegt im boomenden Umland. Die drei Industrieparks am Rande der Stadt schaffen Arbeitsplätze. Am wahrscheinlichsten wäre es, dass das Stadion dort irgendwo entsteht. Platz ist genug.

Also geht's raus aus Berlin. Knapp 20 Minuten hat die Fahrt vom Potsdamer Platz mit dem Regionalexpress gedauert. Am Bahnhof weht einem direkt ein Hauch Kleinstadt-Idyll entgegen. Dabei ist Ludwigsfelde offiziell gar keine Kleinstadt mehr. Bei 25.000 Einwohnern spricht man von einer Mittelstadt. Fast doppelt so viele Fans kamen in der vergangenen Saison zu den Hertha-Spielen. Am Bahnhof könnte das eng werden, der wirkt eher kleinstädtisch. Zwei Bahnsteige, vier Gleise.

Der Blick fällt auf das Backsteingebäude direkt am Bahnhof. „Museum“ steht dran. Der Mann an der Kasse verrät: Das ist das Stadt- und Technikmuseum Ludwigsfelde – das liegt im alten Bahnhofsgebäude. Im angrenzenden schwarzen Neubau stehen Autokarosserien, Lastwagen und DDR-Roller. Die Stadtgeschichte ist hier eng mit der industriellen Entwicklung der Stadt verflochten.

Ein Stadion wäre auch gut für die Gaststätten

Die begann im Jahr 1936 mit dem Bau des Daimler-Benz-Flugzeugmotorenwerkes. So kamen immer mehr Arbeiter in die Stadt, Werkswohnungen entstanden. Nach Kriegsende beschloss die DDR-Regierung, einen Industriepark zu errichten. In den Industriewerken Ludwigsfelde produzierten sie vor allem die bekannten Berlin- und Troll-Roller der DDR. Später auch LKWs. Nach der Wiedervereinigung übernahm Daimler die Automobilwerke. Heute haben sich auch Firmen wie der Triebwerkshersteller MTU Maintenance Berlin-Brandenburg, Thyssen Krupp und Coca Cola in den drei Industrieparks niedergelassen.

In den Straßen sind um die Mittagsstunden nur wenig Menschen zu sehen. Nur bei „Beste Döner“ am Platz vor dem Rathaus herrscht reges Kommen und Gehen. „Wir sind die Adresse fürs Mittagessen hier“, sagt der Inhaber Ismail Sagir. Prompt kommt der nächste, der hat sogar vorbestellt. Sagir ist Hertha-Fan. Von den Gerüchten um das neue Stadion hat er gehört. „Das wäre super“, sagt er. Seine Angestellten pflichten ihm bei. Hertha hätten alle gerne hier. „Ludwigsfelde ist eine sehr schöne Stadt. Hertha würde hier sicher glücklich werden“, sagt er.

Vor dem Laden wird gerade der große Weihnachtsbaum vor dem Rathaus geschmückt. Jürgen Timptner steht neben der Hebebühne und koordiniert seinen Mitarbeiter, der den Baum mit roten Kugeln behängt. Timptner ist gebürtiger Ludwigsfelder. „Wir haben doch schon ein Stadion hier“, sagt er und lacht. Schlecht fände auch er es trotzdem nicht, wenn der Hauptstadt-Club zu ihnen zieht. „Für die Gaststätten wäre das sehr gut.“ Und dass dann doppelt so viele Fans wie Einwohner kommen? „Ein bisschen für Chaos sorgen könnte das schon.“

Ludwigsfelde ist attraktiv, vor allem für junge Familien

Diese Befürchtungen kann der Bürgermeister der Stadt, Andreas Igel (SPD), den Anwohnern nehmen. „Ein Stadion in Zentrumsnähe kommt für uns nicht in Betracht“, sagt er. „Das würde die Stadt vollkommen überfordern.“ Ansonsten ist er aber offen für Gespräche. „Es spricht sich herum, dass Ludwigsfelde infrastrukturell ganz gut angebunden ist.“ Auch die Lage zu Potsdam und Berlin sei optimal. Die Leute wollen nach Ludwigsfelde. „Der Zuzug kommt von allen Seiten“, sagt Igel. Vor allem durch junge Familien.

„Es verändert sich sehr viel, das mag ich“, sagt Olga Gellenthin. Sie hat einen Blumenladen im sogenannten Dichterviertel. Der Stadtteil wurde in den 50er Jahren als „sozialistische Wohnstadt“ errichtet. Ihre Kundinnen und sie sind sich einig: „Ludwigsfelde hat alles, was man braucht.“ Und das ist gut zu Fuß zu erreichen. Nur der historische Kern fehle, meint eine Kundin. Und das Stadion von Hertha, das möglicherweise gebaut wird? Davon hören die Frauen zum ersten Mal. „Für die Infrastruktur und die Unternehmen wäre das natürlich gut“, sagt Gellenthin. Ihre Kundinnen schauen sich an. Fußball-Begeisterung sieht anders aus.

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