Berlin-Spandau: Lotto-Millionen für Ruine am Havel-Ufer
Der Gutspark Neukladow und seine Bauten scheinen gerettet: Mit knapp drei Millionen Lottomitteln soll aus dem Casino ein Gastronomiebetrieb mit 200 Plätzen werden.
„Das ist der entscheidende Durchbruch“, sagt Frank Auffermann. Der Rechtsanwalt freut sich. Seit rund 20 Jahren kämpft er mit großem persönlichem Einsatz für den Erhalt des Gutsparks Neukladow und seiner historischen Bauten als Kultur- und Begegnungsstätte. Jetzt, nach so langer Zeit, geht es dort endlich voran. 2,9 Millionen Euro aus Lottomitteln werden für den dringend notwendigen ersten Sanierungsschritt des Kleinodes in Spandaus Süden bereitgestellt. Jetzt soll mit diesem Geld das ehemalige Casino des Gutes zu einem Gastronomiebetrieb mit knapp 200 Plätzen und einer großen Terrasse umgebaut werden und so den Unterhalt des Gutsparkes sichern.
„Eine Machbarkeitsstudie liegt bereits vor, wir werden jetzt ein Planungsbüro suchen und das Projekt konkret angehen“, sagt Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD), der auch Vorsitzender des Stiftungsrates ist. Zwei bis drei Jahre werden die Arbeiten nach seiner Schätzung dauern. Und das ist nur der Beginn eines großen Sanierungsprojektes, an dessen Erfolg schon fast niemand mehr geglaubt hatte.
Gutspark solle nicht in private Hände übergehen
Die Geschichte des Parks reicht zurück ins 18. Jahrhundert. 1799 hatte König Friedrich Wilhelm III. seinem Kabinettsrat Anastasius Ludwig Menken als Anerkennung für seine Verdienste das malerisch auf einer Anhöhe am Havelufer gelegene Lehnschulzengut Neu Cladow überlassen. Menken ließ dort einen Park anlegen und ein Gutshaus errichten, das dem Mitbegründer der Berliner Bauakademie, David Gilly, zugeschrieben wird.
Nach mehreren Besitzerwechseln erwarb 1887 der Berliner Zementfabrikant Robert Guthmann das Anwesen. Dessen Sohn Johannes, ein Kunsthistoriker, ließ Gebäude und Park ab 1909 von dem Maler und Architekten Paul Schultze-Naumburg umgestalten. Vor einem Jahrhundert trafen sich dort Persönlichkeiten wie der Regisseur Max Reinhardt, der Schriftsteller und Politiker Walther Rathenau, der Maler Max Slevogt und der Bildhauer August Gaul, von dem auch die Plastik des Eselsreiters im Park stammt.
1928 verkaufte Guthmanns Schwester Mary das Gut an die Stadt Berlin. Zuletzt stand das 1971 zum Baudenkmal erklärte Gutshaus jahrelang leer. In den neunziger Jahren sollte es einer Wohnbebauung weichen. Dies konnten engagierte Bürger verhindern. Damals hat auch Frank Auffermann, der in Kladow lebt, das auf einem Plateau gelegene Anwesen mit dem Blick über die Havel nach Schwanenwerder bei einem Spaziergang entdeckt. Er begann, sich für das Areal zu engagieren – und pachtete es zusammen mit Mitstreitern. Der Gutspark, fand er, sollte für alle zugänglich bleiben und nicht in private Hände übergehen. 2006 begann er, dort kulturelle Veranstaltungen zu organisieren. Es gibt auch ein Café, das donnerstags bis sonntags von 10 bis 19 Uhr offen ist.
Casino-Sanierung ist der erste große Schritt
Fünf Jahre später war ein Etappensieg geschafft: Auf Initiative von Baustadtrat Carsten Röding (CDU) wurde eine Bürgerstiftung ins Leben gerufen, die endgültig sicherstellte, dass Gutspark und Gebäude für die Öffentlichkeit erhalten bleiben. Allerdings konnten mit dem Anfangskapital von gerade einmal 80.000 Euro nur die nötigsten Reparaturen bezahlt werden, erzählt Frank Auffermann. Er ist heute nicht nur Kuratoriumsmitglied der Stiftung, sondern organisiert mit seiner eigens gegründeten Kulturpark Berlin GmbH regelmäßige Konzerte und Lesungen. Außerdem finden im Sommer unter freiem Himmel größere Events wie Konzerte und das alljährliche Yoga-Festival mit bis zu 5.000 Teilnehmern statt.
Drei Jahre nach der Gründung der Bürgerstiftung ist die Casino-Sanierung nun der erste große Schritt für die Entwicklung des rund 190.000 Quadratmeter großen Areals. Doch auch danach bleibt noch eine Menge zu tun. Wenn das Casino fertig ist, so hofft man, werden weitere Mittel zur Verfügung stehen, um die Sanierung des Gutshauses, der Guthmannschen Villa, in Angriff zu nehmen. Parallel dazu soll dann auch die Parkanlage auf Vordermann gebracht werden. Und schließlich ist da auch noch das sogenannte Vier-Felder-Haus, das ehemalige Gebäude des Gutsverwalters direkt neben der Villa. Seit einer Brandstiftung vor Jahren ist davon nur noch eine Ruine übrig . . .
Lust auf eine Weihnachtsgeschichte aus Berlin-Kladow? Am 24. Dezember 1989, Heiligabend, fiel die Mauer am See. Unser Autor erzählt die Geschichte unter diesem Tagesspiegel-Link.
Rainer W. During