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Echte Vorstellung. Die Beatles-Show „Let it Be“ ist das Best-of-Konzert, das die Band nie gegeben hat.
© Promo

Beatles-Show im Admiralspalast: Liverpool liegt jetzt in Berlin

Eine Show, 40 Songs – da ist kein Platz für Handlung. Das Beatles-Musical, das ab Dienstag im Admiralspalast gastiert, ist etwas für Fans. Eine echte Herausforderung haben die Doppelgänger bereits geschafft.

John heißt er. Sagt er zumindest. Und es passt ja auch. Obwohl: Er könnte auch Paul heißen, George oder Ringo. Vielleicht haben ihn seine Eltern ja auch wirklich einfach John genannt, tut aber nichts zur Sache. Es geht hier nicht um ihn. Hier in Liverpool, oben im Nordwesten Englands, geht es ausschließlich um die Band. „Wir lieben die Beatles“, sagt John. Wir, das sind alle, die hier leben. Nur dass John den ganzen Tag über die Beatles reden darf, ein Traumjob! Sagt er. Mit einem gelb-blauen Bus mit Regenbogensternen fährt er durch die Stadt, „The Magical Mystery Tour“ heißt der Spaß, und John erzählt immer und immer wieder alles, was er über die Beatles weiß. Geschichten, die die ganze Welt kennt und sie trotzdem nicht oft genug hören kann.

Es ist ein bisschen wie Klassenfahrt auf Drogen. John, schütteres Haar, Busfahrerfigur, erzählt eine Legende nach der anderen. Dass jemand mal die Penny Lane umbenennen wollte, weil die Straße, an der Paul McCartney aufwuchs, nach dem Sklaventreiber James Penny benannt sei. „Können Sie sich das vorstellen?“ John schüttelt den Kopf, als hätte jemand vorgeschlagen, das britische Königreich an die USA anzugliedern. „Penny Lane umbenennen?“ Man hat dann einfach ein Sklavenmuseum gebaut und alle waren zufrieden. Auch wenn der Name der Straße inzwischen auf die roten Backsteinmauern gemalt steht, weil die angeschraubten Schilder jede Nacht gestohlen wurden.

Zum Glück für die Tourismusindustrie sind die Beatles als Kinder oft umgezogen. Es gibt genügend Elternhäuser, Jugendzimmer, Schulen, Gemeindesäle zu besichtigen. Der Cavern Club, wo alles begann, Strawberry Fields, Eleanor Rigbys Grab, die Tour könnte ewig weitergehen, John immer weiterreden. Überhaupt gibt es hier in der alten Hafenstadt an der Irischen See, 470 000 Einwohner, niemanden, der nicht irgendwen kennt, dessen Bruder mit Ringo zur Schule ging, dessen Vater damals beim Gartenfest der Pfarrgemeinde im Stadtteil Woolton dabei war, als Paul McCartney und John Lennon sich trafen. Dessen Mutter nicht damals in der ersten Reihe stand, als der Schweiß von den Wänden des Cavern Club tropfte. Liverpool ist ein gigantisches Beatles-Museum. Wer damit nicht klarkommt, sollte besser umziehen, das ist hier die klare Botschaft.

Die Verwandlung der Beatles lässt sich nur an Frisuren und Kleidung erkennen - und am Bühnenbild.
Die Verwandlung der Beatles lässt sich nur an Frisuren und Kleidung erkennen - und am Bühnenbild.
© promo

Liverpool flippt angemessen aus

Völlig zu Recht hatten die Macher der Beatles-Tribute-Show „Let it Be“ folglich besondere Angst vor dieser Stadt. Es gab nur zwei Szenarien: Entweder würden die Liverpooler ausflippen ob dieses Best-of-Konzerts, das die echten Beatles niemals gaben. Oder sie würden die Darsteller mit Tomaten bewerfen, weil Paul McCartney Linkshänder ist und Darsteller Emanuele Angeletti zwar tadellos singt und ihm sogar ein bisschen ähnlich sieht, das Bassspielen auch extra andersherum gelernt hat, die Gitarre aber eben auf der falschen Seite hält, wenn er "Yesterday" singt. So etwas kann echte Fans schon mal in Rage bringen.

Aber nein, Liverpool flippt angemessen aus, alle können alles mitsingen und tun es auch. Und es ist nicht zu erwarten, dass es deutlich anders läuft, wenn die Show ab dem heutigen Dienstag für eine Woche im Admiralspalast gastiert. „A Celebration of the Music of The Beatles“ steht im Kleingedruckten der Produktion vom Londoner West, und damit ist im Prinzip auch schon alles gesagt. Möglichst viele Songs hintereinanderweg von „I Saw Her Standing There“ bis „Hey Jude“.

Über der Bühne ein 60er-Jahre-Radio, zwei Bildschirme mit Originalbildern, auf denen zwischendurch charmanterweise Shampoo-Werbung von damals läuft. Darunter stellen die Jungs die Konzertbilder nach. Derart gut machen sie das, musikalisch wie stilistisch, dass man sich manchmal fragt, ob es Playback ist. Nein, alles live. Ringo wackelt wie ein Wilder mit dem Kopf, schnell rasen die vier durch die zehnjährige Bandgeschichte. Cavern Club, Hard Day’s Night, Shea Stadium, Fotoapparatblitzen überall, Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club, da hoppeln nicht nur die Teenies von damals vor Freude auf ihren Sitzen.

Keine Handlung erlaubt

Draußen im magischen Bus hadert John mit dem Schaltknüppel. „Ich verstehe nicht, warum dieses verdammte Fahrzeug nicht in Automatik schaltet“, flucht er. Wieder heult das Getriebe laut auf, als er von der Penny Lane abbiegt zum Haus, in dem John Lennon geboren sein soll. Jemand hat es gekauft, erzählt der andere John, voriges Jahr im Oktober gab es eine Auktion, natürlich im Cavern Club – übrigens ein Nachbau, weil das Original für den Bau eines U-Bahn-Schachts zugeschüttet wurde. „Können Sie sich das vorstellen?“ Stille.

Wie auch immer, das kleine Reihenhaus mit der roten Fassade ging für 480.000 Pfund weg, 580.000 Euro, das Doppelte des geschätzten Höchstpreises, per Telefon an einen Bieter aus den USA, der absolute Anonymität verlangt hatte. Das könne ja nur Yoko Ono sein, sagt John. Sie habe schon ein anderes Haus gekauft und es keinem gesagt. „Aber die versteht ja eh niemand.“ Konsens, hier in Liverpool, na klar.

Für all diese Geschichten bleibt auf der Bühne natürlich keine Zeit, bei 40 Hits ist Handlung nicht erwünscht und vor allem nicht erlaubt, so ist das eben bei diesen Shows. Für ein richtiges Musical fehlen den Machern die Rechte.

Die Frühphase der Band in Hamburg wurde einfach weggekürzt, es gibt weder Streit noch Yoko Ono. Die Entwicklung der Beatles von Pilzkopf-Soldaten zu Hippie-Individualisten lässt sich lediglich über Kleidung und Frisuren nachvollziehen. Wenn die Haare länger werden, die Bärte wilder, die Akkorde experimenteller, wird die Bühne in lilafarbenes Licht getaucht, Blumen hängen von der Bühne, Drogenrausch mit Sonnenbrillen, All You Need is Love.

Während John auf seinem alten Radio die B-Seiten anschmeißt, erzählt er, die Leute wollten die gar nicht hören. Die wollen nur die Hits. Sollen sie kriegen.

Und wer wirklich etwas über die Beatles erfahren möchte, sollte einfach mal nach Liverpool fahren und mit John auf Magical Mystery Tour gehen. Oder mit Paul oder Ringo ...

Let it Be, das Beatles-Musical, 11. bis 16. November im Admiralspalast, Friedrichstraße 101, Mitte, Karten ab 28 Euro. Weitere Infos unter: www.letitbelive.com oder unter: www.admiralspalast.de

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