Wieder Gewalt am autonomen Hausprojekt: Linksextreme greifen Hausverwalter der Rigaer 94 und Bauarbeiter an
Die neue Hausverwaltung will ihr Hausrecht in der Rigaer 94 durchsetzen. Die Autonomen wehren sich mit Gewalt. Eskaliert die Lage jetzt?
Der Hausverwalter und der Eigentümer-Anwalt des teilbesetzten Hauses in der Rigaer Straße 94 und Polizisten sind am Montag von Bewohnern angegriffen worden. Das bestätigten der Anwalt und die Polizei dem Tagesspiegel. Sie hätten am Morgen das Haus betreten wollen, um wie in der vergangenen Woche Hindernisse zu entfernen, wie etwa Glasscherben auf einer Mauer im Hof, sagte der Anwalt.
Doch so weit kam es nicht. Bereits am Eingang seien sie bedrängt worden, sagte der Anwalt. Ein Gruppe von etwa 20 Vermummten hätte sie dann auf Straße angegriffen. Der Hausverwalter sei zu Boden gegangen, obwohl er auf dem Boden lag, sei auf ihn eingetreten worden. Laut Polizei soll auch ein Schlagstock benutzt worden sein.
Der Anwalt konnte die Polizei alarmieren, die binnen kürzester Zeit zur Stelle war. Die Beamten sollen dann im Hauseingang mit Löschschaum aus einem Feuerlöscher angegriffen worden. Ein Polizeisprecher sagte, Anwalt und Hausverwalter seien verletzt worden. Sie mussten von Rettungssanitätern behandelt werden. Auch zwei Beamte seien leicht verletzt worden.
Jetzt laufen Ermittlungen wegen schwerer Kröperverletzung gegen die Täter. Weil sie sich in das verwinkelte Haus zurückzogen, konnten laut Polizei bisher keine Tatverdächtigen ermittelt werden. Die Einsatzkräfte, der Hausverwalter und der Anwalt wurden vor Ort von Rettungskräften behandelt - schwer verletzt wurde niemand.
Der neue Hausverwalter will anders mit der Immobilie umgehen als bisher. Bereits in der vergangenen Woche war er von der Polizei über eine Durchsuchung informiert worden und betrat dann ebenfalls das Haus. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bewohner wegen gefährlicher Körperverletzung und Leistungsbetrug.
Eine Bewohnerin soll eine Polizistin mit einem Laserpointe verletzt haben, zwei weitere Beschuldigte sollen das Jobcenter mit gefälschten Dokumenten geprellt haben. Per Durchsuchungsbeschluss sollten Beweismittel gefunden werden.
Gab es eine Räumung - oder nicht?
Bewohner des linksextremen Hausprojekts hatten vergangene Woche von einer Räumung von Wohnungen gesprochen. Laut Eigentümer-Anwalt gab es jedoch keine Räumung. Bei einer Wohnung im Erdgeschoss habe man sich Zugang verschafft.
Es gebe keinen Mieter, es sei auch niemand dort amtlich gemeldet, daher brauche es auch keinen Räumungstitel. Daher habe der Verwalter die Wohnung wieder in Besitz genommen. Drei Männer, die sich dort aufgehalten haben, hätten den Schlüssel der Wohnung freiwillig ausgehändigt.
Daneben verschaffte sich der Hausverwalter Zugang zu einer Wohnung in vierten Stockwerk. Von dort waren Polizisten am Donnerstag mit Farbbeutel beworfen worden. Zwei Wohnungen darunter waren durchsucht worden.
Keine gemeldeten Mieter, aber viele Bewohner
Auch für die Wohnung im vierten Stock gebe es keine offiziellen Mieter, ebenso keine dort gemeldeten Bewohner. Die Wohnung sei umgebaut, mehrere Zugänge errichtet worden, auch eine schwere Falltür, die laut Hausverwalter zu schwersten Verletzungen und bis zum Tod führen könnte.
Zudem haben die Bauarbeiter in der Wohnung einen Durchbruch gefunden, das Loch soll zum Nebengebäude führen. Zwei Sicherheitsleute, die in der Nacht von Donnerstag auf Freitag die Wohnung bewachen sollten, seien von mehreren Personen angegriffen und aus dem Haus vertrieben worden.
Daneben ließ der Hausverwalter in der vergangenen Woche illegal eingebaute Stahltüren und Hindernisse abbauen. Außerdem wurde festgestellt, dass im Keller die Stromleitung illegal angezapft wurde. Als Reaktion bat das Hausprojekt am Wochenende via Twitter um Baumaterial-Spenden: Beton, Kies, Glas, Sand, Zement und Stahlseile. Laut Eigentümer-Anwalt ist von Bewohnern am Wochenende ein neues, im Mauerwerk verankertes Stahltor errichtet worden.
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Auch die Randale vom Wochenende wird den Linksextremisten zugerechnet. Offenbar in Reaktion auf die Durchsuchung der Polizei waren rund 50 Personen in der Nacht von Samstag auf Sonntag durch den Südkiez gezogen, zerstören unter anderem die Fensterscheiben einer Sparkasse und von Geschäften, auch 19 Autos wurden demoliert.
Der Verwalter wird als Vertreter des Eigentümers akzeptiert
Die Rigaer Straße gilt als eine der letzten Hochburgen der Berliner Hausbesetzerszene. Die Polizei wird dort regelmäßig angegriffen, Anwohner werden drangsaliert und Neubauten angegriffen. Der Senat hat bislang keine Lösung für das Problem.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte erklärt, er würde das Haus gern durch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft kaufen wollen, um die Lage zu befrieden. Da der Eigentümer die Immobilie über eine Gesellschaft in London laufen lässt, beklagte Geisel, die Eigentümerschaft sei nicht nachgewiesen.
„Der Senat wird nicht mit jemanden verhandeln, von dem er nicht weiß, wer das ist“, sagte Geisel im März. Bereits 2018 hatte das Landgericht eine Räumungsklage zur Autonomen-Kneipe „Kadterschmiede“ abgewiesen, weil Nachweise der Eigentümerfirma fehlten.
Zieht der Senat die Linie des Hausverwalters durch?
Inzwischen erkennt die Polizei an, dass der neue Hausverwalter den Eigentümer vertritt. Um das Haus zu verwalten und die Mietverhältnisse zu ordnen, muss er laut eigener Aussage das Haus betreten. Sollte es zu weiteren Angriffen kommen, müsste er dafür Polizeischutz in Anspruch nehmen.
Räumungsklagen selbst sind schwierig, weil sie sich gegen konkrete Personen richten müssen. Wenn nicht klar ist, wer in einer Wohnung illegal und ohne Vertrag bewohnt, ist eine Klage schwierig. Dazu müssten die Namen der Bewohner herausgefunden werden. Fraglich ist, ob die Polizeiführung und Innensenator Geisel die neue Linie des Hausverwalters mittragen.
Die Autonomen drohten am Montag der Polizei und dem Berliner Senat. Die politische Führung steuere „ein politisches Desaster an“. Wenn klar sei, dass geräumt werden soll, werde man den sogenannten „TagX“ ausrufen - also massenhafte Proteste, Ausschreitungen und Aktionen.
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