Obdachlosigkeit in Berlin: Leiter der Bahnhofsmission am Zoo hört auf
Ein Vierteljahrhundert war Dieter Puhl bei der Bahnhofsmission aktiv, leitete jahrelang die Einrichtung am Bahnhof Zoo. Jetzt warten neue Aufgaben auf ihn.
Dieter Puhl ist eine der wichtigsten Stimmen für die Belange der Armen und Wohnungslosen in der Stadt. Angesichts der stark steigenden Zahl derer, die in Berlin kein Zuhause mehr haben und abgehängt sind, ergreift er in den vergangenen Jahren immer öfter das Wort. Denn er ist immer dran an der Basis, sieht die Probleme direkt. Puhl, der seit einem Vierteljahrhundert bei der Bahnhofsmission arbeitet, die Einrichtung am Bahnhof Zoologischer Garten viele Jahre leitete, hat jetzt dort aufgehört. Er übernimmt bei der Berliner Stadtmission eine neue Aufgabe. Auch dort, so kann man sicher sein, wird Puhl weiter für soziale Gerechtigkeit eintreten und die Gesellschaft an ihre sozialen Pflichten erinnern.
Die Stadtmission – eine selbstständige Organisation unter dem Dach der Evangelischen Kirche – teilte jetzt mit, dass Puhl bereits seit Jahresbeginn den neu geschaffenen Arbeitsbereich „Christliche und gesellschaftliche Verantwortung“ leitet. Mit Puhls Wechsel an seinen neuen Arbeitsplatz gehen auch weitere Personalien einher. Unterstützt werde er künftig von dem bisherigen Leiter der Flüchtlingshilfe der Stadtmission, dem Sozialmanager Mathias Hamann. Angesichts einer auseinanderdriftenden Gesellschaft, in der immer öfter nicht mehr miteinander, sondern vermehrt übereinander gesprochen wird, wolle die Berliner Stadtmission mit dem Arbeitskreis ihre Stimme noch klarer für die erheben, die keine Lobby haben, hieß es.
Puhls Nachfolger in der Bahnhofsmission am Zoo ist der Sozialarbeiter Willi Nadolny, der für die Einrichtung bislang als mobiler Einzelfallhelfer für Obdachlose tätig war. Das nebenan entstehende Zentrum am Zoo koordiniert Wolfgang Nebel, der bereits für den Aufbau zuständig ist.
Pro Tag werden 700 Menschen mit Kleidung und Essen versorgt
Die Bahnhofsmission am Zoo versorgt täglich rund um die Uhr bis zu 700 Menschen mit Essen und Kleidung, darunter viele Obdachlose und arme Menschen. Die Einrichtung hat zwölf hauptamtliche und bis zu 150 ehrenamtliche Mitarbeiter. „Aufhören, wenn es am schönsten ist“, schreibt Puhl zu seinem Jobwechsel am Freitag bei Facebook. Seine Erlebnisse und Erfahrungen bei der Bahnhofsmission hat er im vergangenen Jahr in einem Buch „Glück und Leid am Bahnhof Zoo“zusammengefasst. Über all die Jahre hat der heute 61-Jährige mit großem Engagement geschafft, viel Geld für die Anlaufstelle an der Charlottenburger Jebensstraße zu akquirieren. In denn 1990er Jahren konnte er gerade noch die Pleite der Einrichtung abwenden, später ging es dann bergauf.
Nicht ohne Schiebermütze
Zum optischen Markenzeichen gehört bei Puhl, dass er stets eine grau-beige Schiebermütze trägt. Die Kappe bleibt auch auf dem Kopf, als ihm der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) vor zwei Jahre das Bundesverdienstkreuz an die blaue Weste steckt. Zu Gast war Frank-Walter Steinmeier in der Bahnhofsmission zu Gast, schmierte dort Stullen, fuhr mit dem Kältebus mit, spendete Gelder aus Honoraren. Im Dezember 2017 stattete der SPD-Politiker dann als Bundespräsident gemeinsam mit seiner Frau Elke Büdenbender der Einrichtung einen Besuch ab. Diese kam einige Wochen später ein weiteres Mal, um Essen an die Menschen auszuteilen. (mit epd)