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Engagiert. Berlins Regierender Michael Müller (SPD) überreichte Puhl das Bundesverdienstkreuz.
© Gambarini/dpa

Bundesverdienstkreuz: Chef der Bahnhofsmission am Zoo geehrt

Seit 25 Jähren kümmert sich Dieter Puhl in Charlottenburg um Obdachlose. Nun bekam er dafür das Verdienstkreuz.

Er ist kein Typ für Feierlichkeiten, wo man immer so ernst gucken muss. Oder für das Drumherumgerede, wenn es um die existenziellen Dinge jener Mitmenschen geht, für die die Bahnhofsmission im Bahnhof Zoo oft die letzte Zuflucht ist. Dieter Puhl – zerfurchtes Gesicht, Schiebermütze, offenes Hemd, gewinnendes Lächeln, Piercing-Knopf im Ohr, eine Mischung aus Richy Müller und Jörg Schüttauf – unterscheidet sich kaum von all den anderen Helfern in den blauen Jacken mit dem Signum der Bahnhofsmission, die am Eingang in der Jebenstraße oder drinnen, im Zentrum der Barmherzigkeit, den Betrieb regeln.

Aber er ist nun mal hier der Chef. Was er in seiner Bescheidenheit gar nicht so gerne hört. „Unser Chef ist Jesus. Der hängt bei uns an der Wand im Gästeraum und hält seine schützende Hand über uns. Ich bin hier nur der Leiter. Jesus hält das alles zusammen. Er ist unser Coach.“ So bekommt gewissermaßen auch Jesus das Bundesverdienstkreuz. Jesus first.

Seit 25 Jahren im Einsatz

Wie wurde das bewerkstelligt? Ludger („Lutz“) Rosenau, Rentner, zuvor Fertigungs- und Standortleiter von Siemens, war schon während seiner Zeit in der Chefetage des Konzerns in der Jebensstraße an den Wochenenden als freiwilliger Helfer zugange und ist es noch heute, wenn die Mühseligen und Beladenen zu einer warmen Speise kommen. Sie sind arm und eher unsexy. Viele Ehrenamtliche wie er, Hauptamtliche, Praktikanten und Menschen, die hier „Arbeit statt Strafe“ verrichten, kümmern sich um sie.

„Jeden Tag wollen bis zu 700 obdachlose Gäste versorgt werden“, sagt Dieter Puhl, „sie alle haben Aufmerksamkeit, Liebe, Hilfe und Zuspruch verdient“. Die Zahl der Spender ist groß, die der Bedürftigen wächst. Für sie gibt es Kältebusse, Notübernachtungen, medizinische Versorgung, Wohnprojekte. Seit 25 Jahren ist der 62-jährige Puhl bei der Bahnhofsmission.

Der Plan musste geheim bleiben

„Vor einem Jahr sagte mir einer unserer Stammgäste – eine ältere Dame, die wegen ihrer geringen Rente zu uns kommt: Herr Lutz, wenn ich etwas zu sagen hätte, dann würdet ihr hier in der Bahnhofsmission alle einen Orden für eure Arbeit bekommen. Mindestens dem Herrn Puhl müsste man doch mal einen besonderen Dank sagen“, erzählt Helfer Lutz Rosenau und suchte sich Verbündete für eine Ehrung des „Petrus vom Bahnhof Zoo“, diesen „Menschenfischer“, Betreuer und Tröster jener, die es nötig haben, weil sie am Rande der Gesellschaft stehen, manchmal auch liegen.

Die Anerkennung sollte allen Mitarbeitern der Bahnhofsmission gelten, der Plan musste geheim bleiben – der liebe Dieter sollte sich nicht entziehen können. Sie holten die Bahn-Chefs mit ins Boot, den Außenminister Steinmeier, der sie spontan unterstützt hat, und schließlich den Bundespräsidenten, der, genau wie Michael Müller, erst einmal in die Jebensstraße kam, um zu sehen, wie dort gearbeitet wird. Joachim Gauck sagte über Puhls Arbeit: „Sie sind ja hier richtig berühmt.“ Und kaum, dass er wieder im Bellevue war, unterschrieb der Präsident die Urkunde zur Verleihung vom „Verdienstkreuz am Bande des Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland“.

Kein Samariter in Nadelstreifen

Dieter Puhl zeigte sich bei der Ordensverleihung am Donnerstag im Roten Rathaus sehr gerührt. Auch bei diesem Anlass war er kein Samariter in Nadelstreifen, sondern der lässig gewandete gute Hirte, ein Lobbyist der Armen und Obdachlosen in Jeans. „Wir sind Bundesverdienstkreuz“, sagt er. Wir, die Truppe vom Bahnhof Zoo.

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