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Ein Deckeneinbruch in der Schule im letzten Jahr.
© Förster

Berlins marode Schulen: Lehrerprotest an Carlo-Schmid-Schule - mit Schutzmaske und Helm

Fehlende Dämmung, Wasserrohrbrüche und zuletzt ein Deckeneinbruch: Am Dienstag wollen Lehrer der Berliner Carlo-Schmid-Schule gegen den desolaten Zustand der Schule protestieren.

Das Schreiben, mit dem Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) Schulleitern maroder Schulen von öffentlichen Alleingängen abrät, scheint keinen besonderen Eindruck auf das Kollegium der Carlo-Schmid-Schule in Spandau gemacht zu haben: Am Dienstag wird vor Unterrichtsbeginn demonstriert. Allerdings nicht nur mit Worten, sondern auch mit Atemschutzmasken, Bauhelmen und Ohrenschützern.

Denn anders als erwartet hat sich die Lage an der Spandauer Sekundarschule noch nicht beruhigt, nachdem ein Wasserschaden Teile der Decke zum Einsturz gebracht hatte: Zwar hat der Unterricht wieder begonnen und das Foyer wird repariert. Aber die Lehrer wollen nicht zur Tagesordnung übergehen – das hat seinen Grund.

Aus Protokollen und einem Protestschreiben, die dem Tagesspiegel vorliegen, geht nämlich hervor, dass es an der Schule seit mehreren Jahren Auseinandersetzungen um die bauliche Situation gibt. Zwar wurden die als krebserregend eingestuften Dämmmaterialien aus künstlichen Mineralfasern (KMF) seit 2013 aus den Decken entfernt, aber es blieben nur notdürftig geflickte Decken zurück.

Zudem hegen Teile des Kollegiums den Verdacht, dass die damalige „KMF-Freisetzung“ zu gesundheitlichen Beschwerden geführt habe. So steht es jedenfalls in einem Brief an die Bildungsverwaltung, mit dem das Kollegium im Februar 2017 „gegen unhaltbare gesundheitsgefährdende Lern- und Arbeitsbedingungen“ protestiert hatte.

Laut Gesundheitsamt kein Schimmelbefall

In dem Brief geht es zudem um „Schimmelbefall“: Aufgrund von Wassereinbrüchen bei Regen und Unwettern sowie „nach Wasserrohrbrüchen im naturwissenschaftlichen Bereich“ sei es zu „massiven Durchfeuchtungen im Dämmmaterial, in Fensterabdeckungen aus Pressspanplatten und Fußböden“ gekommen; „immer wieder“ müssten „Wasserlachen unterschiedlicher Größe beseitigt werden“. Selbst die Tatsache, dass Proben des Gesundheitsamtes den Schimmelverdacht nicht bestätigten, hat die Bedenken nicht ganz zerstreuen können. Vielmehr vermuten Lehrer, dass nicht an den richtigen Stellen gemessen worden sei.

Klagen über niedrige Temperaturen

Ein weiteres Thema ist die Akustik: Seit der Dämmplattenentfernung ist der Schallschutz und somit der Unterricht beeinträchtigt. Auch Baulärm ist ein Thema für Lehrer und Schüler. Eltern und Lehrer beklagen zudem bis heute, dass das Haus aufgrund der baulichen Mängel bei niedrigen Außentemperaturen nicht mehr richtig warm wird, was aufgrund des bevorstehenden Winters zu zusätzlicher Unruhe führt. Schon jetzt behielten einige Schüler ihre Jacken an, berichtet ein Elternvertreter. Das Schulamt hat allerdings zugesichert, dass weitere Heizkörper bereitgestellt würden, wenn die Innentemperatur unter 18 Grad falle.

Das reicht dem Personalrat aber nicht – nach all dem, was vorgefallen ist. Darum soll am Dienstag demonstriert werden. „Wir haben das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit und das Gesundheitsamt angeschrieben, dass sie sich selbst ein Bild von der Lage machen sollen“, teilte Arne Schaller vom Spandauer Personalrat dem Tagesspiegel mit.

Noch kein Fahrplan für die Sanierung

Was die Kollegen und Eltern zudem alarmiert, ist die Tatsache, dass sie nicht wissen, wann die auf 17 Millionen Euro veranschlagte Sanierung beginnt: Aufgrund des Umfangs von über zehn Millionen Euro ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zuständig. Auf Anfrage teilte die Behörde mit, dass sie für die Sanierung der Carlo-Schmid-Schule „leider noch keinen Fahrplan nennen kann“.

Auch die Elternschaft will sich mit dem Status quo nicht zufrieden geben und verlangt eine raschere Beseitigung der Mängel. Zusätzlich verärgert ist GEV-Sprecher Enrico Berndt über den „Maulkorb“, den die Senatorin den Schulleitungen in Bezug auf die Baumängel verpasst habe. Er will dies am Dienstag im Bezirksschulbeirat und am Mittwoch im Landesschulbeirat zur Sprache bringen.

"Maulkorb" wird Thema im Landesschulbeirat

Unter dem Begriff „Maulkorbschreiben“ läuft in den Schulen ein Newsletter, mit dem sich die Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) unlängst an alle Schulleitungen gewandt hatte, wie der Tagesspiegel bereits vergangene Woche berichtete. Darin bedauert sie, dass sich „immer wieder Kronzeugen unter den Schulleitungen finden, die gelegentlich auch in drastischen Worten ihre eigene Schule zur Schrottimmobilie erklären“. Schulleiter sollten vielmehr „Eltern und Kollegium eine wie immer geartete motivierende Perspektive anbieten, die Ihre Schule interessant macht“, findet die Senatorin. Das sei „Teil der Führungsverantwortung“. Es sei ein Trugschluss, davon auszugehen, dass die reine Benennung von Defiziten der Schule in der Öffentlichkeit Punkte bringe.

Gegen Scheeres’ Darstellung spricht die Erfahrung des Fichtenberg-Gymnasiums in Steglitz: Schule und Eltern hatten jahrelang auf die desolate bauliche Situation hingewiesen. Das Gymnasium ist dennoch nachgefragter denn je und zudem wurde die Diskussion um die Schule eine Art Katalysator für die gesamte Berliner Schulsanierung.

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