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Beschäftigte der Grundschulen führen die Krankenstatistik an.
© Mike Wolff
Update

Kranke Lehrer - neue Zahlen: Lehrer in Berlin waren 36 Tage krank gemeldet

Die gesundheitliche Lage der Berliner Lehrer hat sich verbessert: Sie fehlten 2013 drei Tage weniger als 2012. Damit blieben sie den Schulen fünf Wochen fern. Ein Thema belastet die Pädagogen ganz besonders.

Angesichts dieser Zahl braucht man sich über den hohen Unterrichtsausfall nicht zu wundern: An 36 Tagen waren Berlins Lehrer und andere schulische Mitarbeiter 2013 im Schnitt krank gemeldet. Dies teilte am Mittwoch die Bildungsverwaltung mit Berufung auf aktuelle Zahlen der Finanzverwaltung mit. Damit fehlten die Schulbeschäftigten allerdings einen halben Tag weniger als der übrige öffentliche Dienst.

30000 Unterrichtsstunden sind betroffen

Am höchsten ist die Krankenquote an den Grundschulen, am niedrigsten an den Berufsschulen und Gymnasien. Im Schnitt werden jede Woche in Berlin rund 10.500 Unterrichtsstunden ersatzlos gestrichen, was rund zwei Prozent entspricht. Weitere 43.000 Stunden werden irgendwie vertreten. Hauptursache für den Ausfall ist die Erkrankung von Lehrern. Erst weit dahinter rangieren Gründe wie Klassenfahrten, Fort- oder Weiterbildungen. Rund 30.000 der 53.000 Stunden, die nicht regulär erteilt werden, hängen mit der Erkrankung von Lehren zusammen.

Die Pensionierungswelle könnte den positiven Trend erklären

Beachtlich ist allerdings der Rückgang der Krankentage von 39 auf 36 zwischen 2012 und 2013. Dafür könnte es verschiedene Gründe geben, darunter die Pensionierungswelle, die den Alterschnitt der Lehrer senkt. Zudem hat sich offenbar die Lage an den Sekundarschulen stabilisiert: 2012 war hier die Krankenquote sehr hoch, was womöglich auf die Verwerfungen rund um die Abschaffung der Haupt- und Realschulen zurückzuführen war.

Alte Zahlen für die Abgeordneten

Verwunderung stiftete am Mittwoch die Tatsache, dass dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses im aktuellen Gesundheitsbericht der Bildungsverwaltung die veralteten Zahlen von 2012 mitgeteilt wurden. Die Verwaltung begründete dies damit, dass die Zahlen von 2013 noch nicht vorlagen, als der Gesundheitsbericht im Dezember 2014 fertig gestellt wurde. Der Tagesspiegel hatte am Dienstag die Zahlen von 2012 verwendet - in der Annahme, dass das Abgeordnetenhaus die aktuellsten verfügbaren Zahlen bekommen hätte. Erst tags drauf reichte die Bildungsverwaltung die neueren Zahlen nach.

Weniger Krankentage außerhalb des öffentlichen Dienstes

Vergleicht man die Krankentage des öffentlichen Dienstes mit denen anderer Beschäftigengruppen außerhalb des öffentlichen Dienstes wird der Unterschied besonders deutlich. So waren die zehn Millionen Mitglieder der Betriebskrankenkassen im Schnitt nur an knapp 18 Kalendertagen krank gemeldet. Bei der Techniker Krankenkasse waren es 15 Tage. Auch wenn man berücksichtigt, dass hierbei die Kurzerkrankungen von unter drei Tagen ohne ärztliches Attest nicht enthalten sind, bleibt die Diskrepanz deutlich. Seit einigen Jahren versucht die Bildungsverwaltung, durch ein „Arbeitsschutzmanagement“ gegenzusteuern. Der Pilotbezirk Mitte hat bereits einige Präventionsmaßnahmen ergriffen, darunter eine bessere Kommunikation, Ruheräume, der Ausbau von Lehrerarbeitsplätzen in den Schulen und Coaching von Führungskräften. Zurzeit ringen die Personalräte darum, auch in anderen Bezirken diese Befragungen durchführen zu können. Dafür fehlt noch das Geld.

Die Lehrer dämpfen die Erwartungen an diese Art von Prävention. Sie wünschen sich stattdessen kleinere Klassen und eine geringere Unterrichtsverpflichtung. Die GEW erinnerte am Dienstag daran, dass sich die Zahl der Förderkinder an den Regelschulen von 5000 auf 12 000 erhöht hat, ohne dass die Stellen entsprechend ausgebaut wurden. „Die Kolleginnen und Kollegen erleben ihren beruflichen Alltag dadurch zunehmend als Belastung“, beschreibt GEW-Sprecher Tom Erdmann die Lage.

Beschäftigte sollen "Grundhaltungen" ändern

Dies bestätigt eine Mitarbeiterbefragung im Pilotbezirk Mitte. Die Inklusion löse „viele Ängste und Unsicherheitsgefühle bei den Beschäftigten aus“, heißt es zusammenfassend in dem Bericht der Schulaufsicht. Der regionale Ausschuss für Gesundheitsmanagement empfahl daraufhin, die „Widerstandskraft“ der Beschäftigten zu erhöhen, indem sie versuchen, „Optimismus, Akzeptanz und Lösungsorientierung als Grundhaltungen“ einzuüben. Auch in einem besseren Infektionsschutz durch mehr Hygiene wird ein probates Mittel gegen den hohen Krankenstand gesehen. All dies wird bereits bei „Gesundheitstagen“ thematisiert – allerdings bisher ohne sichtbaren Erfolg. Der Aufbau des Arbeitsschutzmanagements gestalte sich „auf Grund mangelnder Ressourcen schwierig“, resümiert denn auch Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Dennoch müsse man versuchen, „positive Erfahrungen aus einer Region auf andere zu übertragen“.

Vor welch’ großen Problemen die Beschäftigten und damit auch die Gesundheitsmanager stehen, deutet die Schulaufsicht von Friedrichshain-Kreuzberg in ihrem regionalen Gesundheitsbericht an. „Der verhängnisvolle Kreislauf von Einkommens- und Bildungsarmut bedeutet eine enorme zusätzliche Anstrengung für die Beschäftigten“, heißt es dort mit Hinweis auf eine Quote von fast 50 Prozent an Kindern aus Transferhaushalten.

Die Zahl der Dauerkranken ist gesunken

Als gute Botschaft konnte Scheeres vermelden, dass die Zahl der Dauerkranken erneut gesunken ist. Die Bildungsverwaltung hatte in den vergangenen Jahren einige Anstrengungen unternommen, die kostspielige Quote zu senken - auch durch mehr Kontrolle. Das waren 2014 allerdings immer noch 914 Lehrer, die zum Teil seit über zwei Jahre krank gemeldet sind – unter ihnen überwiegend Beamte. Die Dauerkrankenquote bei den Beamten ist um ein Vielfaches höher als bei den Angestellten, was auch daran liegt, dass die Angestellten im Schnitt jünger sind. Da viele Lehrer Teilzeit arbeiten, entsprechen die 914 Lehrer 698 Vollzeitstellen. 2012 waren es 1400 dauerkranke Lehrer auf 1125 Stellen.

Enttäuscht wurde die Hoffnung, dass man viele langzeitkranke Lehrer, die nicht mehr vor der Klasse stehen können, in andere Berufe vermitteln könnte: Dieses Ziel wurde bisher nur bei einigen Dutzend Lehrern erreicht.

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