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Überdurchschnittlich viele Lehrkräfte an Brennpunktschulen sind Quereinsteiger – trotz des millionenschweren Programms.
© Fabian Sommer/dpa

Trotz Zulage: Lehrer haben keine Lust auf Brennpunktschulen

An Brennpunktschulen sind trotz eines millionenschweren Programms überdurchschnittlich viele Lehrkräfte Quereinsteiger. Die Zulage bleibt ohne Wirkung.

Die Ballung von Quereinsteigern an Brennpunktschulen lässt sich mit Millionenzulagen nicht verhindern: „Die Zulage hat keine steuernde Wirkung“, lautete am Donnerstag die vorläufige Bilanz von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD): Berlin war im Sommer 2018 dazu übergegangen, Brennpunktlehrern 300 Euro zusätzlich zu bezahlen. Dafür gibt es pro Jahr neun Millionen Euro.

Die Koalition will allerdings dennoch an der Zulage festhalten und hat die entsprechenden Mittel auch bereits im neuen Doppelhaushalt verankert. Scheeres begründete dies damit, dass die Zulage ein „wichtiges Anerkennungsinstrument“ in den Schulen mit einer schwierigen Schülerschaft und sozialen Lage sei.

Die Zulage war erstmals im Doppelhaushalt 2018/19 verankert worden, nachdem durch eine Auswertung der Bildungsverwaltung bekannt geworden war, dass die Quereinsteiger an Brennpunktschulen überproportional vertreten sind: Ein Anteil von 20 bis 30 Prozent in den Kollegien ist keine Seltenheit, während Hunderte Schulen außerhalb der Brennpunkte keinen einzigen Quereinsteiger in ihren Reihen haben. Das wollte die rot-rot-grüne Koalition ändern.

Geld ist unsinnig. Kleine Klassen, gute Personalaustattung mit Sozialpädagogen und Psychologen, Zusammenarbeit mit dem zuständigen Jugendamt. etc. Dann kommen auch die Lehrkräfte.

schreibt NutzerIn jeffrowland

Von Anfang an machte die Entscheidung allerdings Probleme, weil aus den Schulen signalisiert wurde, dass man nicht mehr Geld, sondern eine Stundenentlastung brauche. Dem aber folgte Scheeres nicht, da dies den Lehrermangel noch verschärft hätte. Zudem gab es Widerspruch seitens der Erzieher, die rund halb so viel wie die Lehrer verdienen und nicht von der Zulage profitieren sollten. Erst nach rund einjährigen Verhandlungen floss Geld: Der Neun-Millionen-Betrag wurde so verteilt, dass er für Lehrer und Erzieher reicht, die an Schulen mit einem Anteil von mehr als 80 Prozent Kindern aus Hartz-IV-Familien arbeiten.

Verteilung von Quereinsteigern bleibt Thema

Eine gerechtere Verteilung der Quereinsteiger bleibt auch in diesem Jahr ein Thema für die Koalition. Dies machten die Zahlen zum neuen Schuljahr deutlich, die Scheeres am Donnerstag – traditionell wenige Tage vor Ferienende – präsentierte: Demnach handelt es sich bei nur vier von zehn Neueingestellten um gelernte Lehrer. Mit anderen Worten: Unter den rund 2700 neuen Lehrkräften sind nach ersten Berechnungen nur rund 1000, die ein Lehramtsstudium und ein Referendariat absolviert haben. Über 700 Neulinge sind Quereinsteiger. Das bedeutet, dass sie ein Fach wie Englisch oder Mathematik studiert haben, das in der Schule unterrichtet wird – allerdings ohne Didaktik, Pädagogik und Erziehungswissenschaften studiert zu haben.

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Dazu kommen noch die Kräfte, die überwiegend kein Schulfach studiert haben, sondern nur ein verwandtes Fach wie Archäologie oder Wirtschaft. Von diesen sogenannten Seiteneinsteigern gibt es dieses Jahr über 900. Zu dieser Gruppe werden allerdings auch 70 Masterstudenten gezählt, die im Rahmen des Programms „Unterrichten statt kellnern“ seit 2018 bis zu einer halben Stelle bekommen und eigenverantwortlich unterrichten. Dieses Programm war auf scharfe Kritik der Universitäten gestoßen. Weitere Lücken werden durch 250 Pensionäre gefüllt, die entweder weiter unterrichten oder Quereinsteiger betreuen. Laut Scheeres sind 90 Stellen noch nicht besetzt. Das werde aber in den nächsten Wochen nachgeholt.

Der hohe Personalbedarf hängt damit zusammen, dass Berlin 6000 zusätzliche Schüler versorgen muss. Zudem gehen viele Lehrer in Pension.

Susanne Vieth-Entus

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