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Impfen unter der Diskokugel, das soll bald Realität werden.
© Christoph Soeder/dpa

Piksen im Takt: „Lange Nacht des Impfens“ in Berlin – mit DJs und Live-Musik

Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci will mehr junge Menschen zum Impfen motivieren. Geplant ist dafür eine ungewöhnliche Aktion.

Die Impfbereitschaft in der Bevölkerung geht bedenklich zurück: Um jedoch eine Herdenimmunität zu erreichen, müssen sich mindestens 80 Prozent der Berliner:innen gegen Corona impfen lassen. Das Land startete dafür bekanntlich schon eine Impfkampagne, mobile Impfteams waren unterwegs, Bezirke organisieren Impfungen in sozialen Brennpunkten. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) will nun insbesondere die jungen Leute ansprechen. „Wir bereiten Impfeinladungen für alle 18- bis 30-Jährigen vor“, sagte Kalayci dem Tagesspiegel.

Um die jungen Leute zum Impfen zu motivieren, werde in dem Anschreiben, das zeitnah versandt werden soll, auch der Hinweis auf eine geplante „Lange Nacht des Impfens“ in der Arena in Treptow stehen. Nach Absprache mit Kultursenator Klaus Lederer (Linke) sollen laut Kalayci dort auch DJs auftreten und mit Live-Musik die Impfaktion begleiten.

Zwischen Kalayci und dem Präsidenten des Roten Kreuzes, dem CDU-Politiker Mario Czaja, gibt es einen Dissens über die Urheberschaft der „Langen Nacht des Impfens“. Czaja sagte dem Tagesspiegel, das Rote Kreuz habe der Gesundheitsverwaltung schon im Juni ein entsprechendes Konzept vorgelegt und auf eine Antwort gewartet.

Die Gesundheitssenatorin hingegen betonte, dass so ein Konzept längst in ihrem Hause erarbeitet wurde. Es sei die Verwaltung, die für die Einladungen verantwortlich sei, nicht das Rote Kreuz. Man müsse im Übrigen auch bei den Vorbereitungen zu einer Langen Nacht genau wissen, wie viel Impfstoff zur Verfügung stehe.

Weder Drogen noch Alkohol

Laut einem Entwurf, der dem Tagesspiegel vorliegt, sollen impfwillige junge Leute ihren Impftermin vorab buchen können. Die Künstler sollen in verschiedenen Musikzonen auflegen: im Beobachtungsbereich und im Wartebereich zwischen Anmeldung und Impfkabinen.

Um „Missverständnisse“ bei den Impfwilligen zu verhindern, so steht es im Papier, sollen diese darauf aufmerksam gemacht werden, dass Drogen und Alkohol im Zusammenhang mit der Impfung nicht opportun sind. Auch Ansprechpartner aus dem Kreisverband Müggelspree des Roten Kreuzes sind zur Vorbereitung der Langen Nacht in dem Entwurf genannt.

Bislang sind in Berlin (Stand 8. Juli) 57,1 Prozent der Berliner:innen einmal geimpft. Die vollständige Impfung erhielten bisher 40,2 Prozent der Berliner:innen. Äußerst gering ist die Impfquote mit 1,1 Prozent bei den unter 18-Jährigen. Um diese zum Impfen zu motivieren, werden in einem zweiten Schritt Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigte der Zwölf- bis 17-Jährigen von Kalayci angeschrieben und über die Impfmöglichkeiten für unter 18-Jährige aufgeklärt.

Kostenlos in Zoo und Tierpark - dafür mit Impfung

Der Sprecher des Berliner Landesschüler:innenausschusses, Rufus Franzen, sagte am Freitag im rbb-Inforadio, es sei wichtig, dass alle Schüler:innen, die geimpft werden wollten, geimpft werden könnten. Sie würden sich dafür vor allem vielfältige Maßnahmen an Schulen wünschen – „wie zum Beispiel mobile Impfteams, die einfach impfwillige Schülerinnen und Schüler möglichst schnell impfen, damit diese auch den zusätzlichen Schutz einer Immunisierung haben“.

Die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek schlug im Gespräch mit dem Tagesspiegel vor, dass sich Besucher „im Zoo und im Tierpark impfen und das mit einem kostenlosen Besuch dort verbinden“ können. Kalayci schloss diese Möglichkeit zwar nicht aus, wies aber generell auf notwendige niedrigschwellige Angebote hin, die man „weiter entwickeln“ könne. Kapek betonte, dass manche Menschen „nicht nur Vorurteile gegenüber dem Impfen“ hätten, sondern es auch als unangenehmempfinden würden, „wenn sie dabei gesehen werden“.

Das scheine einer der Gründe zu sein, warum die Schwerpunktimpfungen in den Kiezen teilweise nicht so gut angelaufen seien. „Deshalb muss man identifizieren, an welchen Orten man die Menschen erreicht und ihnen auch die Möglichkeit geben, sich anonym impfen zu lassen.“

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Für Gruppen, bei denen es eine besonders große Skepsis bezüglich des Impfens gebe, brauche man „gruppenspezifische Ansprache“. Stadtteilmütter könnten mit mobilen Teams zum Impfen direkt in die Familien gehen und sie dort aufklären. Kapek forderte, dass zum Schulstart Schwerpunktimpfungen in Oberstufenzentren und an Orten, wo sich junge Leute treffen, organisiert werden.

SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) schlug auch etwa Impfungen in Shisha-Bars vor. Dem widersprach der Neuköllner Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU). Diejenigen, die einer Impfung skeptisch gegenüber stehen, fehle es an Aufklärung, nicht an Gelegenheiten. „Sie müssen überzeugt werden“, sagte Liecke und forderte eine Dezentralisierung der Impfkampagne. Die Gesundheitsämter würden hohes Vertrauen der Bevölkerung genießen. „Niedrigschwelliger geht es nicht.“ Die Landesregierungen müssten den Bezirken nur den Impfstoff zur Verfügung stellen.

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